Koalitionsausschuss:Einig bei Bürgergeld und Verkehr - eine Frage bleibt offen
Mehr Geld für Straßen und eine neue Grundsicherung statt Bürgergeld. Union und SPD haben sich im Koalitionsausschuss in mehreren Streitpunkten geeinigt, doch ein Thema blieb offen.
Bundeskanzler Friedrich Merz schildert einen gleitenden Übergang zur Elektromobilität. Nach dem Koalitionsausschuss erklärt er: "Der Herbst der Reformen hat längst angefangen!"
09.10.2025 | 3:03 minEs ist eine Szene, die man so auch nicht alle Tage sieht. Markus Söder scheint sich gerade in Rage zu reden. Der CSU-Chef sitzt am späten Mittwochabend am Verhandlungstisch im Kanzleramt, rutscht auf seinem Stuhl hin und her und gestikuliert wild mit den Händen. Neben ihm sitzt Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU).
Ein ZDF-Kameramann entdeckt die Szene und filmt, wie Söder im Koalitionsausschuss argumentiert. Nach ZDFheute-Informationen geht es um die Verkehrsinfrastruktur. Um die Milliarden, die Schwarz-Rot unter anderem in den Straßenbau stecken will. Die Szene zeigt: allzu harmonisch kann die Stimmung nicht gewesen sein, eher hitzig.
Sehen Sie hier die Szene, wie sich CSU-Chef Söder aufregt (unkommentiert, ohne Ton).
09.10.2025 | 1:43 minStimmung gedämpft
Die Verhandlungen zwischen Union und SPD dauern bis spät in die Nacht. Entsprechend gedämpft ist die Stimmung bei der Pressekonferenz am Morgen danach. Anders als nach dem vorangegangenen Koalitionsausschuss im September bleiben die freundlichen Anekdoten diesmal aus.
Alle vier Parteivorsitzenden betonen hingegen, wie intensiv die Diskussionen waren. Am Ende stehen Einigungen zur Reform des Bürgergelds, zur Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturprojekten und zur Aktivrente. Eine andere große Entscheidung, mit der viele gerechnet hatten, bleibt allerdings aus.
Einigung auf Milliarden für Straßen und Schienen
Die erste Einigung der Koalitionäre: Es soll mehr Geld als ursprünglich geplant in die Verkehrsinfrastruktur fließen. Zuletzt gab es Unstimmigkeiten zwischen Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD).
Bundeskanzler Friedrich Merz schildert einen gleitenden Übergang zur Elektromobilität. Nach dem Koalitionsausschuss erklärt er: "Der Herbst der Reformen hat längst angefangen!"
09.10.2025 | 8:25 minSchnieder hatte ein Defizit von rund 15 Milliarden Euro im Bereich Autobahnen und Bundesstraßen beklagt und mehr Geld gefordert. Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) verwies immer wieder darauf, dass in der laufenden Legislaturperiode mit 166 Milliarden Euro so viel wie noch nie in Verkehrsinfrastruktur investiert werde. Kanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte an:
Alles, was baureif ist, wird gebaut.
Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Das betreffe Schiene und Straße. Drei Milliarden Euro zusätzlich sollen nun aus einem Topf im Bereich des Wirtschaftsministeriums umgeschichtet werden, damit geplante Straßenbauprojekte nicht ins Stocken geraten. Zudem will die schwarz-rote Koalition bei der Autobahn GmbH verstärkt auf Öffentlich-private Partnerschaften setzen, um auch privates Kapital zu mobilisieren.
ZDF-Hauptstadtkorrespondent Wulf Schmiese berichtet über den Koalitionsfrieden. Die Phase des Streits "bis auf die Knochen" sei überschritten.
09.10.2025 | 1:31 minAktivrente startet Anfang 2026
Die zweite Einigung: die Aktivrente. Die stand schon mehrfach auf der Agenda des Koalitionsausschusses. Nun hat man den bereits angedachten Zeitplan festgezurrt. Die Aktivrente soll zum 1. Januar 2026 für alle nichtselbstständig Beschäftigten ab Erreichen der Regelaltersgrenze starten.
Bis zu 2.000 Euro im Monat können dann steuerfrei hinzuverdient werden. Eine Befreiung von Kranken- und Pflegeversicherung ist allerdings nicht vorgesehen.
Wie kann der Rentenkollaps verhindert werden, welche Modelle gibt es zur Finanzierung? Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gibt Antworten.
29.09.2025 | 4:22 minBürgergeld wird gestrichen – neue Regeln mit scharfen Sanktionen
Der dickste Brocken des Treffens lag vermutlich beim Thema Bürgergeld, das zu einer neuen Grundsicherung umgestaltet werden soll. Mit der Reform setzen die Koalitionäre vor allem auf Sanktionsmöglichkeiten. Bereits beim ersten Verstoß gegen Mitwirkungspflichten sollen Leistungen künftig um 30 Prozent gekürzt werden. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) machte klar:
Wir verschärfen die Sanktionen bis an die Grenze dessen, was verfassungsrechtlich möglich ist.
Bärbel Bas (SPD), Bundesarbeitsministerin
Wer wiederholt Termine beim Jobcenter versäumt, dessen Leistungen können sogar komplett auf null reduziert werden. Wer nicht mitmacht, müsse mit klaren Konsequenzen rechnen, betonte Bas.
Das habe schon Hartz IV gezeigt, sagt Juso-Chef Philipp Türmer. Die neue Grundsicherung sei so auch nicht verfassungsgemäß. „Karlsruhe reibt sich da schon die Hände.“
10.10.2025 | 3:58 minDie Entscheidung wird der SPD-Spitze vermutlich nicht leicht gefallen sein, in der vorangegangenen Ampelregierung war das Bürgergeld noch ein Kernprojekt der Partei. Am Freitagmorgen kommt die SPD-Fraktion zu einer Sondersitzung zusammen. CSU-Chef Markus Söder gab sich in dem Punkt hingegen zufrieden: "Das Bürgergeld ist Geschichte."
Union und SPD haben sich auf Änderungen beim Bürgergeld geeinigt. Konkret bedeutet das: Wer beim Amt schwänzt, dem drohen künftig härtere Sanktionen.
09.10.2025 | 1:36 minKeine Entscheidung zu Verbrenner-Aus
Keine Entscheidung gab es hingegen zu einem anderen Thema, über das in den vergangenen Tagen viel spekuliert wurde: einer möglichen Kehrtwende beim Verbrenner-Aus bis 2035.
Wie stehen E-Autos 2025 wirklich da? Wir entlarven gängige Vorurteile zu Ladezeit, Reichweite und Preis – und zeigen, was heute technisch und finanziell möglich ist.
26.05.2025 | 3:03 minMan sei sich einig, dass man in der Automobilindustrie Arbeitsplätze erhalten wolle, über den Weg dahin allerdings nicht, sagte Markus Söder in der Pressekonferenz. Man wolle zunächst Gespräche abwarten, betonte Lars Klingbeil.
Wenn man zu einem Dialog einlädt, sollte man den Dialog nicht vorher beenden.
Lars Klingbeil (SPD), Bundesfinanzminister
In Berlin kommen heute Vertreter der Automobilindustrie, Gewerkschaften und der Politik zum Automobilgipfel zusammen. Ob über 2035 hinaus noch weiterhin Pkw mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden dürfen, ist am Ende allerdings eine Entscheidung auf EU-Ebene.
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