Gesetzentwurf vorgelegt:Regierung will Ukrainern künftig das Bürgergeld streichen
Die Bundesregierung hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Unterstützung für geflüchtete Ukrainer einschränkt: Statt Bürgergeld sollen sie künftig Asylleistungen erhalten.
Die Union wollte das Bürgergeld für alle ukrainischen Geflüchteten streichen. Die SPD wehrte sich gegen diese Forderung und betonte, dass nur Neuankommende von Kürzungen betroffen sein sollten.
04.08.2025 | 1:51 minInnenminister Alexander Dobrindt (CSU) und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) haben sich auf einen Gesetzentwurf geeinigt, mit dem Flüchtlinge aus der Ukraine geringere Leistungen erhalten sollen. Sie sollen künftig kein Bürgergeld mehr bekommen, sondern wie Asylbewerber behandelt werden.
Der Entwurf liegt ZDFheute vor. Er soll kommende Woche im Kabinett verabschiedet werden. Anschließend muss er durch Bundestag und Bundesrat.
Staat spart durch Umstellung wohl kein Geld
Union und SPD hatten bereits in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass die Leistungen für Ukrainer gekürzt werden sollen. Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beträgt etwa der Satz für Alleinstehende 441 Euro im Monat, im Bürgergeld sind es 563 Euro.
Insgesamt dürften sich daraus aber keine Einsparungen ergeben: Die Ausgaben, die künftig beim Bürgergeld wegfallen, sind laut Entwurf in den Jahren 2026 und 2027 in etwa so hoch wie die zusätzlichen Ausgaben für Asylbewerberleistungen.
Job-Pflicht für Ukrainer geplant
Laut dem Gesetzentwurf sollen Ukrainer künftig auch verpflichtet werden, sich um einen Job zu bemühen:
So wird die Integration der Geflüchteten aus der Ukraine in Arbeit und in die Aufnahmegesellschaft eingefordert.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Praktisch soll dies dem Vernehmen nach so ablaufen, dass sich Betroffene selbst einen Job suchen können - oder Hilfe der Arbeitsagentur erhalten. Auch Sanktionen sollen möglich sein.
CSU-Chef Markus Söder hatte sich dafür ausgesprochen, allen Ukrainern das Bürgergeld zu streichen. Wie sinnvoll das ist, analysierte im August ein Arbeitsmarktexperte bei ZDFheute live.
04.08.2025 | 27:12 minNeue Regelung gilt nicht für alle Ukrainer
Um den Bürokratie-Aufwand gering zu halten und rückwirkende Verrechnungen zu vermeiden, soll die neue Regelung nur für Geflüchtete aus der Ukraine gelten, die nach dem 31. März 2025 nach Deutschland gekommen sind.
Eine Übergangslösung soll es für diejenigen geben, die nach dem Stichtag, aber vor Inkrafttreten des Gesetzes kamen: Sie können Bürgergeld weiterbeziehen, bis ihr Bescheid ausläuft - maximal noch für drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes. Allen vor dem Stichtag Eingereisten versichert der Entwurf weiterhin Zugang zum Bürgergeld.
Geflüchtete aus der Ukraine sollen in Deutschland nur noch Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz erhalten. Das könnte die Integration in den Arbeitsmarkt erschweren.
05.08.2025 | 1:08 minArbeitsagentur und Bas warnen vor Problemen bei Integration
Als mögliches Motiv für die Änderung gilt die Hoffnung auf mehr Arbeitsanreize. Aus der Arbeitsagentur gab es jedoch Kritik an den Plänen. Sie befürchtet Nachteile bei der Integration: Wenn die Geflüchteten aus der Ukraine keine Jobcenter-Kunden mehr sind, könne es mit Sprachkursen, Qualifizierung oder Vermittlung schwieriger werden, hieß es.
Zuletzt hatten rund 700.000 Ukrainerinnen und Ukrainer Anspruch auf Bürgergeld, darunter rund 200.000 Kinder. Im Jahr 2024 wurden an sie rund 6,3 Milliarden Euro ausgezahlt. 461.000 Menschen in Deutschland bezogen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Im Oktober lebten rund 1,26 Millionen ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland, ein Jahr zuvor 1,18 Millionen. Rund 242.000 Geflüchtete aus der Ukraine waren laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im vierten Quartal 2024 in Arbeit. Neuere Zahlen liegen dazu nicht vor.
(Quelle: dpa)
Auch Arbeitsministerin Bas sagte, sie halte das neue Gesetz für einen Fehler: "Mir gefällt es nicht, ich sage das ganz offen", räumte die SPD-Co-Chefin am Mittwoch in der Regierungsbefragung des Bundestages ein. Sie halte es nach wie vor für richtig, dass Integration mit Spracherwerb und Kursen stattfinde, weil dies auf dem Arbeitsmarkt effektiver und nachhaltiger sei. Der Wechsel sei jedoch im Koalitionsvertrag vereinbart, "und den werden wir jetzt auch umsetzen".
Merz: Ukrainer werden in der Ukraine gebraucht
Stimmen aus der Union, darunter CSU-Chef Markus Söder, hatten dafür plädiert, das Bürgergeld für alle Ukrainerinnen und Ukrainer zu streichen.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach sich dafür aus, dass insbesondere junge Männer aus der Ukraine statt einer Ausreise nach Deutschland "den Dienst in ihrem Land versehen" sollten. Er habe an diesem Donnerstag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "darum gebeten, dafür zu sorgen", sagte Merz in einer Rede auf dem Handelskongress Deutschland. In der Ukraine "werden sie gebraucht".
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