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Abstimmung über Sicherheitspaket:Am Ende stand ein "Ja, aber"
von Stefanie Reulmann
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Chaos, Ampel-Bashing und eine nicht ganz so hitzige Debatte wie erwartet. Das Sicherheitspaket der Ampel hat den Bundestag passiert, wurde aber im Bundesrat teilweise gestoppt.
Die Abstimmung über das Sicherheitspaket im Bundestag begann mit einem Malheur: Gleich die erste von insgesamt neun Abstimmungen musste wiederholt werden. Nach der Auszählung der namentlichen Abstimmung hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) die Parlamentarischen Geschäftsführer aller Fraktionen zu sich nach vorne gerufen - ein ungewöhnlicher Vorgang.
Der Grund: Es waren mehrere ungültige Stimmkarten gefunden worden. Später stellte sich heraus, dass die Stimmkarten zu einer nicht mehr dem Bundestag angehörenden ehemaligen Abgeordneten gehörten, und aus Versehen in der Urne verblieben waren.
Wegen der vielen Abstimmungen musste die Bundestagsverwaltung mehr Wahlurnen heranschaffen als üblich - in der Eile wurde der Inhalt wohl "nicht ordnungsgemäß überprüft", wie Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau erklärte. Immerhin, ein kleiner heiterer Aspekt am Rande.
Faeser lobt umstrittenes Sicherheitspaket
Weniger hitzig als erwartet, trotzdem laut, mit zahlreichen Angriffen auf die Ampel gespickt, aber auch mit leiseren Tönen, verlief die inhaltliche Debatte über das Sicherheitspaket. Bereits im Vorfeld hatten Ampel und Opposition ihre Standpunkte klar gemacht, viel Neues brachte die Debatte nicht hervor.
"Einen der wichtigsten Fortschritte in der inneren Sicherheit" nannte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das von der Ampel-Koalition als Reaktion auf den islamistischen Terroranschlag von Solingen erarbeitete Sicherheitspaket. Sie betonte die Bedeutung von Präventionsarbeit und kündigte eine "Taskforce Islamismus" an. Gleichzeitig betonte sie:
Das individuelle Recht auf Asyl ist für uns nicht verhandelbar.
Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin
Union nennt Ampel "ein Sicherheitsrisiko"
Als Faeser sich am Ende ihrer Rede ausdrücklich für "die gute Kooperation innerhalb der Koalitionsfraktionen" bedankte, tönte Gelächter aus dem Plenum. Schließlich hatte der Kanzler erst vor wenigen Tagen seine Fraktion auf Linie gebracht, in dem er intern mit der Vertrauensfrage drohte. Das spricht doch eher für Krach hinter den Ampel-Kulissen.
Die Oppositionsparteien, die das Sicherheitspaket der Ampel für unzureichend halten, nutzten die Debatte auch für Ampel-Bashing. Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz nannte das Gesetz "wirkungslos". Die Ampel bezeichnete sie "als Sicherheitsrisiko" und forderte sie auf:
Machen sie den Weg frei für eine neue Regierung.
Andrea Lindholz (CSU), Unionsfraktionsvize
AfD kritisiert Verschärfung des Waffenrechts
Das Paket sei "als Luftnummer gestartet und in den letzten Tagen zu einer lächerlichen Migrationsshow verkommen", sagte der AfD-Abgeordnete Christian Wirth. Sein Fraktionskollege Steffen Janich kritisierte die geplante Verschärfung des Waffenrechts. Nicht die Messer seien das Problem, sondern die Täter, die diese Messer benutzten, sagte er.
Mit dem Sicherheitspaket soll nicht nur irreguläre Migration begrenzt werden. Zu den Maßnahmen zählen neben Waffen- und Messerverboten im öffentlichen Raum auch mehr Befugnisse für Polizei und Ermittlungsbehörden, eine konsequentere Ausweisung und Abschiebung ausländischer Gewalttäter und Leistungskürzungen für Asylsuchende, für die ein anderer Staat zuständig ist.
Kuhle mahnt: Nicht öffentlich "in die Wolle kriegen"
FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle forderte, die Politik müsse die irreguläre Migration in den Griff bekommen. Er räumte ein, dass das Sicherheitspaket "nicht genug" sei und weitere Schritte gegangen werden müssten.
Der terroristische Anschlag von Solingen hat uns allen gezeigt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen innerer Sicherheit auf der einen Seite und geordneter Migration auf der anderen Seite.
Konstantin Kuhle, FDP-Fraktionsvize
Mit Blick auf die AfD warnte Kuhle vor weiteren Streitigkeiten: Je mehr sich Ampel und Union öffentlich "in die Wolle kriegen", desto mehr profitierten davon "diejenigen, die das Problem gar nicht lösen wollen".
Bundesrat stoppt Gesetz teilweise
Am Ende hat der Bundestag dem "Gesetzentwurf zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems" von SPD, FDP und Grünen zugestimmt. Von 660 anwesenden Abgeordneten stimmten 361 dafür, 290 dagegen, neun haben sich der Stimme enthalten.
Zwar hat das Gesetz jetzt den Bundestag passiert - doch der Bundesrat, der dem Gesetz ebenfalls zustimmen muss, hat seine Zustimmung für einen Teil des Gesetzes verweigert. Der geplanten Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden hat die Länderkammer nicht zugestimmt. Nun muss das Gesetz in den Vermittlungsausschuss.
Quelle: dpa
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