Stahlindustrie im Saarland hält Kurs beim grünen Stahl

Stahlindustrie unter Druck:Warum man im Saarland am grünen Stahl festhält

von Bob Boost
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Grüner Stahl gilt als Hoffnung für einen klimafreundlichen Umbau der Produktion, doch welche Zukunft hat er? Während ArcelorMittal zurückrudert, hält man im Saarland unbeirrt Kurs.

Grüner Stahl Saarland

Der Stahlproduzent Dillinger Hütte im Saarland will ab 2027 grünen Stahl mit Wasserstoff und Elektroöfen produzieren. Damit sollen Arbeitsplätze gesichert werden. Das macht Hoffnung für die Region.

23.08.2025 | 3:27 min

Die Bagger rollen über die Baustelle direkt neben der 340 Jahre alten Dillinger Hütte. Auf einem Gebiet so groß wie 45 Fußballfelder nimmt das grüne Stahlprojekt Fahrt auf. Erste Fundamente stehen.

Ab 2029 soll hier das Herzstück, die neue Direktreduktionsanlage (DRI), in Betrieb gehen. Anstatt mit Kohle wird sie mit Erdgas betrieben - später soll Wasserstoff folgen. In einem elektrischen Ofen wird dann der Stahl gepresst. CO₂-Einsparung: bis zu 85 Prozent.

Blick auf die Baustelle der Direktreduktionsanlage an der Dillinger Hütte

Blick auf die Baustelle der Direktreduktionsanlage an der Dillinger Hütte

Quelle: Bob Boost

"Einen solch großen Umbau hat es in der Geschichte noch nicht gegeben," sagt Michael Bott. Er leitet das grüne Stahlprojekt der SHS-Gruppe, die die Dillinger Hüttenwerke und die Saarstahl AG vereint.

Das ist das größte Dekarbonisierungsprojekt in ganz Europa.

Michael Bott, SHS-Gruppe

Stahl

Die Stahlindustrie muss mit erhöhten Energiepreisen kämpfen. Nun kommen amerikanische Zölle erschwerend hinzu. Die EU will dazu Lösungen vorschlagen, wie man der Stahlindustrie helfen könne.

19.03.2025 | 1:36 min

ArcelorMittal cancelt grünen Stahl

Im Saarland setzt man auf grünen Stahl. Anders Bremen und Eisenhüttenstadt. Dort wird der Stahlkonzern ArcelorMittal seine beiden Werke vorerst nicht auf Wasserstoff umstellen. Die Gründe seien die fehlende Wirtschaftlichkeit und die geringe Verfügbarkeit von Wasserstoff. Der Rückzug des Konkurrenten hat für das Saarland keine Auswirkungen, sagt Stefan Rauber, Vorstandsvorsitzender von SHS.

"ArcelorMittal ist ein Weltunternehmen mit Standorten auf allen Kontinenten. Insofern war das für mich vollkommen nachvollziehbar. Für uns ist die Welt eine andere. Wir haben unsere Standorte im Saarland in unmittelbarer Nähe zueinander. Deshalb gibt's für uns nur einen Weg, nämlich nach vorne", sagt Rauber dem ZDF.

Bundeskanzler Friedrich Merz besucht das Saarland

Die anstehende Erhöhung der US-Zölle sorgt für Unsicherheit bei deutschen Unternehmen. Geplante Expansionen nach Amerika könnten scheitern.

01.08.2025 | 2:26 min

Saar-Stahlindustrie unter Druck

Doch auch an der Saar ist die Auftragslage angespannt. Der deutsche Stahl ist international weniger wettbewerbsfähig. Vor allem die billigen Importe aus Fernost und die hohen Energiepreise machen den Unternehmen zu schaffen. Rauber fordert bessere Rahmenbedingungen auf EU-Ebene.

Die Regulatorik in Europa ist schlicht überbordend und das behindert oftmals die Ziele, die man sich selbst gesetzt hat.

Stefan Rauber, Vorstandsvorsitzender SHS

"Gäbe es mehr Pragmatismus, würde man auch die selbstgesetzten Ziele viel leichter erreichen", so Rauber weiter.

Nadine Artelt von der Firma Saarstahl

Besonders in den Grenzregionen zeigt sich das Zusammenwachsen Europas. Im französischen Hayange produziert das deutsche Unternehmen Saarstahl Schienen aus C02-reduziertem Stahl.

27.05.2024 | 3:59 min

4,6 Milliarden Euro für grünen Stahl

Insgesamt werden 4,6 Milliarden Euro in den Umbau bei SHS investiert. Davon kommen 2,6 Milliarden vom Bund und Land, die restlichen zwei Milliarden finanziert das Unternehmen.

Der Wirtschaftsexperte Alexander Pöschl von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (htw) Saarbrücken sieht die staatlichen Subventionen kritisch. Statt in eine einzelne Lösung sollte der Staat in verschiedene Zukunftstechnologien investieren. Wie etwa Carbon Capturing, wo CO₂ unter der Erde gespeichert wird.

Entscheidend ist, dass wir die Rahmenbedingungen in Deutschland so verbessern, dass viele Firmen hier investieren und viele Ideen ausprobieren.

Prof.Dr. Alexander Pöschl, Hochschule für Technik und Wirtschaft Saarbrücken

Dann würden sich auch einige dieser Ideen durchsetzen. "Vielleicht der grüne Stahl, aber das entscheidet schlussendlich der Markt", sagt Pöschl.

Die älteren Hochöfen Schwelgern von thyssenkrupp sind in Duisburg, Deutschland, in Betrieb, da der Stahlhersteller am Dienstag, 8. Oktober 2024, ehrgeizige Pläne hat, grünen Stahl mit Wasserstoff anstelle von mit Milliarden Euro von der Bundesregierung subventionierter Kohle zu produzieren.

Grüner Stahl soll Hoffnung für die deutsche Industrie bringen. Aufgrund von Kostensteigerung droht ThyssenKrupp jedoch die Produktion abzubrechen.

10.10.2024 | 1:35 min

Ministerpräsidentin appelliert an Bundesregierung

Doch die saarländische Stahlindustrie und die Landesregierung halten Kurs - denn der politische Weg ist vorgegeben. Der Ausstoß von CO₂ wird künftig teurer werden. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sieht die Bundesregierung in der Pflicht. Es brauche günstigen Strom, Zugang zu Wasserstoff, grüne Leitmärkte, so Rehlinger.

Es gilt, einen Weg zu gehen zur klimaneutralen Wirtschaft, ohne dass man sich dabei deindustrialisiert.

Anke Rehlinger, SPD Ministerpräsidentin Saarland

Das sei das Versprechen der Politik und das müsse die Politik jetzt auch liefern. Allein würden es die Märkte nicht richten können, sondern es seien Entscheidungen der Politik, die man dann aber auch realisieren müsse, sagt Rehlinger.

Rund 32.000 Menschen arbeiten im Saarland für die Stahlindustrie. Für sie ist das mehr als nur eine politische Debatte - es geht um ihre Zukunft.

Bob Boost berichtet aus dem ZDF-Landesstudio im Saarland.

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