Kritik an Bund-Länder-Arbeitsgruppe:Zukunftssorge Pflege: "Das Papier ist ein Witz"
von Britta Spiekermann
Bund und Länder haben die Pflege rauf und runter diskutiert. Der Bundesrechnungshof warnt vor einer Milliarden-Finanzlücke, der Arbeitsgruppen-Entwurf ist trotzdem dünn. Warum?
2024 sind etwa 5,6 Millionen Menschen pflegebedürftig. Das Personal fehlt und Geld ist knapp. Nun präsentiert eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Reformideen.
11.12.2025 | 1:45 minDAK-Chef Andreas Storm ist auf der Palme, nachdem er das Bund-Länder-Papier zur Pflegereform gelesen hat. Die Ergebnisse seien "eine bittere Enttäuschung - damit verschärft sich die Pflegekrise weiter". Die Kommission hätte aus seiner Sicht die Blaupause für eine große Pflegereform liefern sollen, stattdessen habe sie "ein unverbindliches Sammelsurium aller denkbaren Reformoptionen vorgelegt, ohne einen einzigen konkreten Beschlussvorschlag zur Bewältigung der Finanzkrise". Ein Ausweg sei noch ein Stück "unwahrscheinlicher geworden".
Was den Kassen-Chef ärgert: Mehrere Vorschläge, wie man die Finanzkrise lösen, worüber man diskutieren könnte, waren zwar in Entwürfen der Arbeitsgruppe, wurden aber im Abschlussbericht wieder rausgestrichen. Offenbar konnten sich SPD- und unionsgeführte Bundesländer noch nicht einmal auf einen Minimalkonsens einigen.
Pflegereform: Scheut die Arbeitsgruppe die Debatte?
Eine Solidarabgabe der Baby-Boomer für die Pflege etwa stand ursprünglich im Arbeitsgruppen-Entwurf. Jetzt gestrichen. Ebenso die Überlegung, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben, damit Besserverdienende mehr in die Pflegekassen einzahlen. Ebenfalls gestrichen. Beiträge auf andere Einkommensarten wie Aktien - gestrichen.
Scheut die Arbeitsgruppe den Streit oder auch nur die Debatte, die diese Vorschläge auslösen würden? Sehr wahrscheinlich.
"Pflegefachpersonen müssen in Deutschland in die Handlung kommen", sagt Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerates. Doch das System "ändere sich nur schwierig".
11.12.2025 | 5:14 minWarken bleibt vage
Warum wurde so viel Konkretes gestrichen? Das ist eine Frage an die Bundesgesundheitsministerin, als der Abschlussbericht vorgestellt wird. "Weil wir diese Fragen klären müssen, sie aber in diesem Papier keinen Niederschlag gefunden haben", sagt Nina Warken (CDU).
Warken bleibt vage wie das Papier. Im "Wege eines Gesamtkompromisses" habe man jetzt Formulierungen gefunden, "wo Fragen adressiert sind". Journalistinnen und Journalisten bleiben ratlos zurück.
Pflegerat kritisiert Arbeitsgruppe
"Das Papier ist ein Witz", sagt Christine Vogler vom Deutschen Pflegerat. Sie ist die Stimme der Berufsgruppe der Pflegenden in Deutschland.
Die Regierung verliert Zeit. 25 Prozent der Pflegefachpersonen gehen in den nächsten zehn Jahren in Rente. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt ständig. Das ist Demografie.
Christine Vogler, Deutscher Pflegerat
Politik wäre mutig, wenn sie offen sprechen würde. Mit "ein bisschen hier, ein bisschen da", gehe es nicht, so Vogler. "Menschen verdienen unterschiedlich. Ich verdiene gut, habe Privilegien. Warum aber wird mein Beitrag gedeckelt?" Gutverdienende müssten sich stärker beteiligen. Man könne nicht schon vorab wichtige Diskussionspunkte aus dem Papier streichen. "Im Gegenteil. Jetzt müssen Entscheidungen getroffen werden."
Bei der bundesweiten Wahl um Deutschlands beliebteste Pflegekraft wurde Katharina Roos, aus Rheinland-Pfalz, gestern in Berlin ausgezeichnet.
26.11.2025 | 1:48 minDoch diese politischen Entscheidungen oder auch nur die Diskussion von Lösungsansätzen werden offenbar gescheut. Denn das Papier ist inhaltlich sehr viel dünner, als am Anfang geplant.
Der CDU-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann aus Nordrhein-Westfalen fasst es folgendermaßen zusammen: "Also, ich will nicht bestreiten, dass es da jetzt auch Punkte gibt, wo an den Linien der politischen Einstellungen im demokratischen Spektrum auch unterschiedliche Bewertungen und Gewichtungen gibt."
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