Stationäre Pflege: Eigenanteil regional stark unterschiedlich

Stationäre Versorgung in Deutschland:Pflege-Eigenanteil: Bis 1.790 Euro Unterschied

von Dagmar Noll

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4.078 Euro in Coburg, 2.288 in Wilhelmshaven - so weit klafft die Schere für den Eigenanteil zur vollstationären Pflege in Deutschland auseinander. Das zeigt eine aktuelle Studie.

Pflegerin hält eine Hand

Bei Pflegekosten gibt es große Unterschiede in Deutschland - auch beim Eigenanteil.

Quelle: dpa

Der Verband der Ersatzkassen stellt Daten zu Eigenanteilen in der stationären Pflege auf der Plattform "pflegelotse.de" zur Verfügung - allerdings nur auf Bundeslandebene.

Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln e.V. hat diese Daten für einen detaillierten Vergleich bis auf Kreisebene genutzt. Die Studienautoren, darunter Ruth Maria Schüler, verfolgten ein klares Ziel:

Ganz grundlegend wollten wir verstehen, was Pflegekosten in der Langzeitpflege bestimmt.

Ruth Maria Schüler, Senior Economist Institut der deutschen Wirtschaft

Die Datenerhebung solle mögliche Stellschrauben identifizieren, an denen man drehen könne, um eine Kostenentlastung von Pflegebedürftigen zu erreichen, so Schüler weiter.

pflegerin fuehrt seniorin mit rollator durch einen flur

Pflegeheime und Pflegedienste stehen vor dem Kollaps: Steigende Löhne und Kosten treiben Eigenanteile auf Rekordniveau, Bewohner rutschen in die Sozialhilfe.

16.09.2025 | 8:25 min

Starke regionale Unterschiede bei Pflegekosten

Miet- bzw. Immobilienkosten sowie Personalkosten fallen stark ins Gewicht. Es gibt ein Stadt-Land- und ein West-Ost-Gefälle. Erstaunlich aber: Auch regional gibt es Abweichungen um mehrere hundert Euro.

So beträgt der Eigenanteil in Hirschhorn am Neckar knapp über 2.700 Euro, in Schönbrunn bereits über 3.200 Euro. Beide Orte sind eher dörflich geprägt, liegen nur 19 Kilometer auseinander, jedoch in verschiedenen Landkreisen.

Vollstationäre Pflege wird nur zum Teil über Zuschüsse abgedeckt, deren Höhe vom Pflegegrad abhängt. Die restlichen Kosten werden zu gleichen Teilen als "Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil" (EEE) auf die Heimbewohner verteilt.

Dazu kommen Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Diese Pflegesätze werden von den Einrichtungen mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern verhandelt. Darüber hinaus zahlen Pflegebedürftige noch Investitionskosten für Finanzierung und Instandhaltung der Immobilie. 


Eine weitere Überraschung: Die 2022 für vollstationäre Pflege eingeführten und nach Pflegegrad gestaffelten Leistungszuschläge halten die Kostensteigerung nicht auf. Die Zuschläge betragen bis zu 75 Prozent - aber nur auf den reinen Pflegeanteil, nicht auf Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten.

Eigenanteil für Pflegebedürftige steigt seit Jahren

Seit Jahren steigt der Eigenanteil konstant. Auch Menschen, die bereits im Heim wohnen, sind damit konfrontiert. Das Heim wechselt deswegen aber kaum jemand, teilte die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ZDFheute mit.

Gerda Hasselfeldt bei einer Pressekonferenz des Deutschen Roten Kreuzes.

Die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes fordert eine Deckelung des Eigenanteils an Kosten im Pflegeheim. Sonst werde die Pflege zur Armutsfalle, sagt Hasselfeldt.

03.08.2025 | 0:30 min

"Was wir in der Beratung erleben, ist, dass Menschen immer davon ausgehen, dass es da eine Deckelung gibt. Wie im Mietrecht," so Verbraucherschützerin Gisela Rohmann.

Wenn wir erklären, dass es so eine Deckelung nicht gibt, dann ist es häufig so, dass die Entgelterhöhung akzeptiert wird.

Gisela Rohmann, Fachbereich Gesundheit und Pflege

Pflegeheim Pflege immer teuerer

Über 5,5 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Die Heimkosten sind in den vergangenen Jahren im Durchschnitt auf über 3.000 Euro monatlich gestiegen.

24.07.2025 | 2:57 min

Der Umzug in ein Pflegeheim ist meist ein emotional herausfordernder Prozess. Daher erlebt Gisela Rohmann in ihrer Beratung auch nicht, dass der Platz nach Kostenaspekten ausgewählt wird: "Erstmal sind die Menschen froh, wenn sie in der Region einen Pflegeheimplatz haben. Es ist günstiger, und deswegen nehmen wir das - das hören wir in der Beratung eigentlich nicht."

Mögliche Stellschrauben für Kostensenkungen identifiziert

Umso interessanter ist die grundsätzliche Datenanalyse des Instituts der deutschen Wirtschaft. Einige Punkte hätten sich als mögliche Kostenstellschrauben herauskristallisiert: Trägerschaft, Größe der Häuser, Anforderungen wie Ausstattung. Auch neuere Maßnahmen, die eigentlich helfen sollen, die Pflege zu verbessern: zum Beispiel tarifliche Bezahlung und mehr Pflegekräfte pro Bewohner.

Baden-Württemberg, Böblingen: Eine Pflegerin (l) und eine Bewohnerin des Pflegeheims schauen zusammen aus einem Fenster im Wohnbereich des Pflegeheims.

Die Eigenanteile für Pflege im Heim sind erneut gestiegen. Bundesgesundheitsministerin Warken will das stoppen. Die Länder sollten handeln, und Strukturreformen seien erforderlich.

26.07.2025 | 0:29 min

Vieles, was reguliert wird, schlägt sich nieder in den Kosten. Das fordert aber noch weitere Datengenerierung, um das zu verstehen.

Ruth Maria Schüler, Senior Economist Institut der deutschen Wirtschaft

Das Beispiel Coburg mit dem höchsten Kostensatz beruhe übrigens auf einem Ausreißer: Eine Kinderintensivpflegeeinrichtung ziehe den Schnitt nach oben.

Für Ruth Maria Schüler wirft das eine weitere Frage auf: "Wie wird mit Kosten für zusätzliche Betreuung und Pflege umgegangen?" Auch das soll in weiteren, dann möglicherweise auch qualitativen Studien erörtert werden.

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