Deutschland bekommt Nationalen Sicherheitsrat: Das sind die Pläne

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Schwarz-Rot führt Gremium ein:Nationaler Sicherheitsrat: Das ist geplant

Wulf Schmiese
von Wulf Schmiese
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Die schwarz-rote Koalition plant die Gründung eines Nationalen Sicherheitsrats. Ein mächtiges Entscheidungsgremium, das auch in Krisen und Notlagen zum Einsatz kommen soll.

Das Bundeskanzleramt am 28.02.2018 in Berlin
Im Bundeskanzleramt soll er beheimatet sein: Deutschlands neuer Nationaler Sicherheitsrat.
Quelle: AP

Noch in diesem Monat soll Deutschland einen Nationalen Sicherheitsrat bekommen. Dieser NSR, wie er im Bundeskanzleramt schon jetzt abgekürzt wird, könnte ein machtvolles Entscheidungsgremium werden - mitunter mächtiger als das Bundeskabinett. Eine Art Ministerrunde de luxe der neun wichtigsten Ressorts könnte das werden, welche der Bundeskanzler leiten wird.

Worum geht es genau?

Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD angekündigt, was sie nun umsetzen: "Wir entwickeln den Bundessicherheitsrat, im Rahmen des Ressortprinzips, zu einem Nationalen Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt weiter", so die Vereinbarung von Schwarz-Rot.
Damit wird ein 70 Jahre altes Gremium zwar nicht abgeschafft, aber doch verändert. Denn dieser Bundessicherheitsrat, wie er seit 1969 heißt, ging aus dem "Bundesverteidigungsrat" hervor. Der war unter Bundeskanzler Konrad Adenauer 1955 gegründet worden, mit Aufnahme der Bundesrepublik in die Nato.
von links.: Alfons Mais, Jan van Aken, Maybrit Illner, Johann Wadephul, Florence GaubSchalte: Ben Hodges
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Dieses Gremium, es waren auch die Spitzen der mit Sicherheitspolitik befassten Minister, beriet über die Verteidigungspolitik und später, seit es Bundessicherheitsrat heißt, vornehmlich über Rüstungsexporte. Es tagt immer streng abgeschirmt und abhörsicher.
Daneben gibt es das sogenannte Sicherheitskabinett, das aber nur informell existiert. Eine Runde der wichtigsten Ressortchefs und -chefinnen, die der Kanzler zusammenschaltet, wenn akut etwas zu beraten ist.
So war das Anfang August, als der Außenminister Johann Wadephul zurückkam aus Israel und über seine Reise informierte. Da beriet diese Runde, wie Deutschland mit Israel umgehen sollte. So etwas wird im Bundeskabinett selbst nicht debattiert, denn dort werden nur Entscheidungen getroffen.
Der Bundessicherheitsrat wiederum hat noch ein paar externe beratende Mitglieder. Nun entsteht aus dem Bundessicherheitsrat und dem Sicherheitskabinett der neue Nationale Sicherheitsrat.
"Er soll die wesentlichen Fragen einer integrierten Sicherheitspolitik koordinieren, Strategieentwicklung und strategische Vorausschau leisten, eine gemeinsame Lagebewertung vornehmen und somit das Gremium der gemeinsamen politischen Willensbildung sein", heißt es im Koalitionsvertrag.
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Wird es wie in den USA einen Nationalen Sicherheitsberater geben?

Nein, es wird nur einen Koordinator geben, und das soll der Büroleiter des Bundeskanzlers werden, Jacob Schrot. Auf der Welt haben etwa 60 Staatsregierungen Gremien dieser Art. Aber das deutsche Modell soll ausdrücklich kein Instrument einer Präsidialdemokratie sein wie in den USA oder Frankreich, sondern eingebettet in die Verfassungsgrundsätze des Grundgesetzes, darunter auch das Ressortprinzip.
Im Kanzleramt wird betont, dass der künftige Nationale Sicherheitsrat ein Projekt der gesamten Bundesregierung sei, nicht nur des Bundeskanzleramtes. So soll der Vizekanzler, Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD), auch der stellvertretende Vorsitzende des NSR werden.
Weitere Mitglieder werden die Ministerinnen und Minister der Bereiche Außen, Innen, Justiz, Wirtschaft, Verteidigung, Entwicklung, Digitales und der Chef des Kanzleramts sein.

Was ist der Zweck des NSR?

Der NSR soll die Informationen und das Wissen der Bundesregierung aus den jeweiligen Ressorts zusammenfassen, die im weitesten Sinne Deutschlands Sicherheit betreffen: innere, äußere, wirtschaftliche und digitale Sicherheit.
Durch jeweilige Lagebilder würden dann politische Entscheidungen unter einem 360-Grad-Blick getroffen werden können, heißt es im Kanzleramt. Der NSR könne sogar abschließend entscheiden, soweit nicht gesetzlich ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich ist.
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Wer außer der Ressortminister wird auch im NSR sein?

Dem Nationalen Sicherheitsrat können weitere Mitglieder der Bundesregierung hinzugezogen werden, wenn es in deren Geschäftsbereich fällt - etwa bei Umweltkatastrophen, Gesundheitsrisiken oder Tierseuchen.
Neu ist auch, dass Vertreter der Bundesländer hinzugebeten werden können. Sogar Gesandte der Nato oder der Europäischen Union könnten eingeladen werden, wie auch Fachleute der Wissenschaft, des Militärs oder weiterer Sicherheitsbehörden.

Wie, wann und wo soll der NSR arbeiten?

Der NSR soll am 27. August auf einer Sitzung im Verteidigungsministerium gegründet werden und am 28. August seine Arbeit beginnen. Er wird auf Einladung des Kanzlers regelmäßig zu strategischen Themen, aber auch lage- und krisenbezogen zusammenkommen.
Politische Entscheidungen des Bundeskanzlers oder der Bundesregierung kann er vorbereiten, die am NSR beteiligten Ressorts können Vorschläge zur Tagesordnung unterbreiten.
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Die Sitzungsleitung liegt beim Chef des Bundeskanzleramtes. Wenn nicht hybrid getagt wird, dann mutmaßlich im Kanzleramt, wo die Ergebnisse auch koordiniert werden. Zur Unterstützung wird eine Stabsstelle "Nationaler Sicherheitsrat" im Bundeskanzleramt errichtet werden, in drei Referate gegliedert: Integriertes Lagebild, Strategische Vorausschau und Planung sowie Geschäftsstelle.
Was bürokratisch klingt, soll am Ende alles vereinfachen: Die bislang oft komplizierte Ressortabstimmung soll übersichtlicher, flexibler und spontaner möglich sein. Treffen können öffentlich angekündigt, aber auch geheim sein. Denn die Sicherheitslage Deutschlands sei in jeder Hinsicht bedrohter als in den vergangenen Jahrzehnten.

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