CDU-Generalsekretär bei "illner":Linnemann: "Die großen Sozialreformen kamen von der SPD"
Nach der Reform ist vor der Reform, das wünscht sich nicht nur CDU-Generalsekretär Linnemann. Und nimmt die SPD-Arbeitsministerin in die Pflicht, deren Posten er gern gehabt hätte.
Die ganze Folge "maybrit illner" vom 9. Oktober 2025.
09.10.2025 | 61:05 minJa, sagt Carsten Linnemann (CDU), da gab es schon Druck. "Es war extrem wichtig heute Nacht, dass man eine Entscheidung trifft und keinen faulen Kompromiss macht, sondern etwas macht, das etwas verändert", blickt der CDU-Generalsekretär in der ZDF-Sendung "maybrit illner" auf die jüngsten Koalitionsbeschlüsse. Beim Bürgergeld "mussten wir liefern".
"Schwarz-rote Einigung - Herbst der Reförmchen?" ist die Sendung betitelt. Was also wurde geliefert? "Wir glauben, dass wir mit dieser Reform mehr Menschen in Arbeit bringen und damit einige Milliarden einsparen", sagt Linnemann.
Brantner: Hätte mir mehr Reformeifer gewünscht
"Ich hätte mir gewünscht, da wäre ein echter Reformeifer da", hält die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner entgegen. Grundlegende Änderungen im Renten- und Gesundheitswesen hätte sie sich erwartet.
Die Balance der Gerechtigkeit fehlt absolut bei dem Paket.
Franziska Brantner, Vorsitzende der Grünen
"Wir haben Ihrer Regierung wirklich viel Geld ermöglicht", sagt Brantner, "dann wird das Geld rausgeballert für Quatsch. Wir kriegen nicht die Reformen. Und dann freut man sich, wenn man ein paar Menschen härter sanktioniert." Von den Dingen, die wirklich Arbeit attraktiver machen, sei aber nichts gekommen.
Das Bürgergeld wird zur "Grundsicherung" mit strengeren Regeln. Außerdem sollen mit der neuen "Aktiv-Rente" längeres Arbeiten und zusätzliche Einkommen attraktiver werden.
09.10.2025 | 1:38 minJournalistin: Stück zurück zu Hartz IV
"Aus dem Herbst der Reformen ist zumindest ein Herbst des Zusammenraufens geworden", sagt die Journalistin Kerstin Münstermann ("Rheinische Post"). "Das wirkliche Thema, was kostet Arbeit in Deutschland, ist noch nicht besprochen worden." Das Bürgergeld sei schon sehr betreuend konzipiert gewesen. Jetzt gehe es ein Stück zurück zu Hartz IV. Wobei ja noch gar kein Gesetzentwurf vorliege, der auch noch im Bundestag verabschiedet werden müsse.
Di Lorenzo: Reformen müssen tiefer gehen
"Wenn man die soziale Versorgung wirklich sichern wollte, dann müsste man viel tiefer gehen bei den Reformen", sagt der Journalist Giovanni di Lorenzo ("Die Zeit"). Symbolhandlungen allein würden nicht reichen.
"Entgegen manchem Vorurteil sind die Leute schon bereit, selbst Opfer zu bringen. Sie wollen nur das Gefühl haben, es bringt auch etwas und es werden alle belastet, nicht nur ein paar." Gehe es mit den Reformen nicht zielführend weiter, bedrohe dies die Demokratie. "Die Parteien der Mitte geben ein Bild ab, das für die Leute extrem beunruhigend ist", sagt di Lorenzo:
Nämlich, dass die demokratische Mitte nicht mehr in der Lage ist, Probleme effizient anzugehen.
Giovanni di Lorenzo, Journalist
Klingbeil-Berater optimistisch
"Der große Stimmungsumschwung wird mit dem Wirtschaftsaufschwung kommen", blickt der Ökonom Jens Südekum, persönlicher Beauftragter des Bundesfinanzministers Lars Klingbeil (SPD), voraus.
Das viele Geld, das im großen Investitionspaket auf die Straße kommt, wird die Konjunktur natürlich nach oben ziehen.
Jens Südekum, Ökonom
Die aktuellen Koalitionsbeschlüsse seien der erste Schritt. In den Haushalten bestehe ein "riesiger Handlungsbedarf". Weitere grundlegende Schritte, etwa bei der Rente, müssten folgen. "Ich sehe die Reform von gestern im Wesentlichen als eine Frage der Gerechtigkeit. Die Reformen, die Geld bringen sollen, müssen noch kommen", betont Südekum.
Union und SPD haben sich auf Änderungen beim Bürgergeld geeinigt. Konkret bedeutet das: Wer beim Amt schwänzt, dem drohen künftig härtere Sanktionen.
09.10.2025 | 1:36 minLinnemann: Fenster für Reformen noch nie so offen wie jetzt
Da ist Linnemann optimistisch. "Das Fenster für Reformen stand noch nie so offen wie jetzt", sagt der CDU-Generalsekretär, der am liebsten einen anderen Posten gehabt hätte. "Ja, ich wäre gern Arbeitsminister geworden", gibt Linnemann zu. Und schreibt Bärbel Bas (SPD), die stattdessen den Posten erhielt, ins Stammbuch:
Die großen Sozialreformen kamen von der SPD. Es war Franz Müntefering mit der Rente mit 67, es war Gerhard Schröder mit der Agenda 2010. Also, Frau Bas: Wir freuen uns.
Carsten Linnemann, CDU
Und, abschließend von Illner gefragt, wann die Stromsteuer für den Mittelstand angepackt werde: "Ich hoffe schnell. Das hat mich geärgert, dass das nicht gemacht wurde. Punkt."
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