Internetkonzerne wie Google regulieren? Weimer für Sonderabgabe

Macht großer Internetkonzerne:Google und Co. regulieren - aber wie?

von Richard Luttke und Karen Grass
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Kulturstaatsminister Wolfram Weimer will Google stärker in die Pflicht nehmen: mit einer Sonderabgabe und der Anwendung des Presserechts. Fachleute bezweifeln die Umsetzbarkeit.

Diese am 22.12.2023 aufgenommene Symbolaufnahme zeigt das Logo des US-Technologieunternehmens Google auf dem Bildschirm eines Smartphones in Frankfurt am Main.

Google dem deutschen Presserecht unterwerfen - wie sinnvoll wäre das?

Quelle: AFP

Google entscheidet mit, was wir online sehen. Während Verlage um Aufmerksamkeit und Einnahmen kämpfen, wächst die Marktmacht des Internetkonzerns stetig. Muss Google also womöglich strenger reguliert werden? Ja, findet Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos). Ein Überblick über seine Pläne - und wie realistisch sie sind.

In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland forderte Weimer kürzlich, Google dem deutschen Presserecht zu unterwerfen. Plattformen wie Google kopierten das gesamte Wissen im Internet und schafften mit Künstlicher Intelligenz eine neue Form von Erkenntnis, sagte Weimer.

Wir können nicht zulassen, dass Big-Tech-Plattformen die Deutungsmacht bekommen und wir das nicht mehr demokratisch kontrollieren können.

Wolfram Weimer, Kulturstaatsminister

US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus.

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Weimer fordert Sonderabgabe

Darüber hinaus fordert er, "gegen das Monopol von Google kartellrechtlich, regulatorisch und steuerlich" vorzugehen. Weimer schwebt dabei eine Digitalsteuer oder Sonderabgabe vor. Dazu will er im Herbst ein Eckpunktepapier vorlegen.

Sind die Pläne realistisch?

Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WBS.LEGAL erklärt gegenüber ZDFheute: "Google dem deutschen Presserecht zu unterwerfen, halte ich zumindest angesichts der neuen Einbindung von KI bei den Suchergebnissen für nachvollziehbar." Google agiere dabei stärker als je zuvor wie ein Medienunternehmen.

Daher halte ich es für dringend notwendig, hier rechtliche Maßnahmen zu prüfen.

Christian Solmecke, Rechtsanwalt

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Wem ist die KI-generierte Übersicht zuzuordnen?

Aber trivial sei das nicht, so Dr. Stephan Dreyer, Experte für Medienrecht am Leibniz-Institut für Medienforschung (HBI): "Aktuell scheiden sich nämlich die Geister daran, wem die KI-generierte Übersicht bei Google zuzuordnen ist."

Ist es Google, weil ihm das zugrundeliegende Sprachmodell gehört? Oder sind es die Ersteller der Inhalte, aus denen das Sprachmodell mutmaßlich die Zusammenfassung generiert? "Dazu fehlt noch höchstrichterliche Rechtsprechung", sagt Dreyer.

Und: Die KI-generierten Inhalte müsse man rechtlich getrennt von den herkömmlichen Einträgen in Trefferlisten der Suchmaschine betrachten, so Dreyer:

Denn hier haftet Google laut EU-Recht nur, wenn es explizit auf einen rechtswidrigen Eintrag hingewiesen wurde und diesen trotzdem nicht entfernt.

Dr. Stephan Dreyer, Experte für Medienrecht am Leibniz-Institut für Medienforschung (HBI)

Rechtsanwalt Solmecke sagt: "Hinsichtlich der Suchergebnisse halte ich eine Haftung nach deutschem Presserecht deshalb für schwer umsetzbar."

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Intransparenz der KI-Übersicht

Mehr Potenzial als in nationalen Vorstößen sehen beide Experten ohnehin in der Anwendung europäischer Regulierungen. "Damit könne man etwa gegen die Intransparenz der KI-Übersicht vorgehen - oder gegen die Verdrängung von Treffern in der normalen Suche durch die prominente Platzierung der KI-Zusammenfassung", sagt Dreyer.

Genau gegen diese Verdrängung durch die KI-Übersicht als "Traffic Killer" legten Verlagshäuser kürzlich auch Beschwerde bei der EU-Kommission ein. Die prüft nun, ob etwa Diskriminierung vorliegt.




"Man bringt sich in die Schusslinie von Trump"

Allerdings ist ein Vorgehen gegen US-Digitalkonzerne aktuell wirtschaftspolitisch ein schmaler Grat, denn US-Präsident Donald Trump reagierte darauf zuletzt allergisch. Deshalb sehen einige Fachleute auch den zweiten Vorstoß Weimers, eine Sonderabgabe für Digitalkonzerne wie Google, skeptisch.

"Nationale Alleingänge gegenüber multinationalen Konzernen sind wenig aussichtsreich, gleichzeitig bringt man sich ohne Not in die Schusslinie von Donald Trump und das für wohl relativ geringe Steuereinnahmen" sagt Samina Sultan, Expertin für Außenhandel am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

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Zwar erheben andere Staaten wie Österreich oder Frankreich bereits Steuern etwa auf die Werbeumsätze auf Digitalplattformen, allerdings haben sie diese vor Trumps Amtszeit eingeführt. "Eine öffentlichkeitswirksame Einführung jetzt wäre ein ganz anderes Signal", so Sultan.

Ohnehin lehnt aber unter anderem das Bundeswirtschaftsministerium Weimers Pläne für einen "Plattform-Soli" ab. Eine kurzfristige Umsetzung scheint deshalb eher unrealistisch.

In einigen anderen EU-Ländern gibt es bereits seit Jahren Digitalsteuern, um die zu geringe Besteuerung internationaler Digitalkonzerne zu verhindern.

Frankreich:
Seit 2019 müssen Digitalkonzerne ab einem weltweiten Umsatz von 750 Millionen Euro und 25 Millionen Euro Umsatz im Inland, ihre Umsätze aus Online-Werbung, Marktplätzen und dem Verkauf von Nutzerdaten mit drei Prozent versteuern. Damit nahm der Staat im vergangenen Jahr rund 785 Millionen Euro ein.

Italien: Bereits 2020 zog Italien nach und erzielte so im letzten Jahr Steuereinnahmen von 434 Millionen Euro.

Spanien:
Ein Jahr später führte auch Spanien eine vergleichbare Digitalsteuer ein und nahm damit im letzten Jahr 375 Millionen Euro ein.

Österreich: Fünf Prozent, jedoch nur auf Umsätze durch Online-Werbung verlangt Österreich seit 2020 von Digitalkonzernen und erzielte damit im letzten Jahr Steuereinnahmen von 124 Millionen Euro.

Quelle: IW Köln


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