Warken bringt Sparpaket ins Kabinett:Wie steigende Krankenkassenbeiträge verhindert werden sollen
Werden die Krankenkassenbeiträge weiter steigen? Die Bundesgesundheitsministerin will das mit einem Sparpaket verhindern, doch die Lücken sind groß. Alles Wichtige im Überblick.
Pressekonferenz mit Nina Warken (Bundesgesundheitsministerin, CDU) zur Stabilisierung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse und Pflegeversicherung
15.10.2025 | 9:45 minMillionen Versicherte und die Wirtschaft sollen jetzt Gewissheit bekommen, dass die Krankenkassenbeiträge Anfang nächsten Jahres nicht schon wieder steigen müssen. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bringt dazu am heutigen Mittwoch ein Sparpaket ins Kabinett ein, das den Druck für erneute Beitragserhöhungen auflösen soll.
Das Ganze passiert quasi in letzter Minute, bevor eine wichtige Finanzprognose kommt. Ein zuständiger Schätzerkreis legt eine Berechnung vor, wie sich Einnahmen und Ausgaben 2026 entwickeln dürften.
Wo liegt das Problem?
Erst zu Jahresbeginn hatte es eine Welle von Beitragserhöhungen gegeben. Und den 58,6 Millionen beitragszahlenden Kassenmitgliedern droht, dass es zum 1. Januar 2026 noch teurer wird. Denn die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) steuern absehbar auf neue Löcher zu - trotz Darlehen, die der Bund über seinen Zuschuss von 14,5 Milliarden Euro hinaus bisher plante. Noch mehr Haushaltsmittel waren nicht drin.
Das Statistische Bundesamt zählte im Jahr 2019 rund 61.000 Menschen, die in Deutschland ohne Krankenversicherung leben. Laut Fachleuten und Hilfsorganisationen ist die Zahl aber weitaus größer: Demnach ist ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland nicht krankenversichert - das wären mehr als 800.000 Menschen. Tendenz steigend.
Gründe für die hohe Dunkelziffer: Wohnungslose, Personen aus dem EU-Ausland ohne sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder auch Menschen aus Drittstaaten ohne ausreichende Reiseversicherung.
Zwei Drittel der Menschen, die in Deutschland ohne Krankenversicherung leben, haben demnach einen Migrationshintergrund.
Quelle: KNA mit "Bundesverband Anonymer Behandlungsschein und Clearingstellen für Menschen ohne Krankenversicherung"
Worum geht's im Kabinett?
Konkret will die Ministerin eine ermittelte Lücke von noch zwei Milliarden Euro für 2026 füllen. Den Großteil soll eine Änderung einbringen, die den Anstieg der Vergütungen für die Kliniken begrenzt. Einsparsumme nach Kassenangaben: rund 1,7 Milliarden Euro.
Gespart werden sollen außerdem 100 Millionen Euro bei Verwaltungsausgaben der Krankenkassen, etwa für Porto und Werbeaktionen. Und noch einmal 100 Millionen Euro durch eine gekappte Einzahlung aus Kassenmitteln in einen "Innovationsfonds" für die Versorgungsforschung.
"Wir geben zu viel Geld aus und in der Qualität sind wir nicht so, wie wir sein müssen", so Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender GKV-Spitzenverband zur Finanzierungslücke der gesetzlichen Krankenversicherungen.
20.08.2025 | 4:58 minWas genau macht dann der Schätzerkreis?
Das Gremium mit Fachleuten des Ministeriums, des Bundesamts für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbands tagt am Mittwoch und präsentiert seine jährliche Prognose zur Finanzentwicklung für 2026. Dabei können auch frische Gesetzespläne berücksichtigt werden, solange es nicht nur reine Absichtserklärungen sind.
Erst vergangene Woche billigte das Kabinett Änderungen der Krankenhausreform, die den Kassen Mehrausgaben von 2,5 Milliarden Euro ersparen sollen. Nun soll also noch ein Kabinettsbeschluss kommen.
Fast alle gesetzlichen Krankenkassen haben ihre Zusatzbeiträge erhöht. Mehr Geld – aber kaum Verbesserungen in der Versorgung? Wo geht das Geld hin?
30.06.2025 | 20:16 minWie geht es dann mit den Beiträgen weiter?
Der Schätzerkreis ermittelt aus den Einnahmen und Ausgaben, ob - rein rechnerisch - Bedarf für Beitragserhöhungen besteht. Auf dieser Grundlage legt das Ministerium bis 1. November einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag für 2026 fest. Der gilt aber nur als eine amtliche Orientierungsmarke. Die Kassen entscheiden dann je nach ihrer Finanzlage selbst, ob sie an den konkreten Zusatzbeiträgen für ihre Versicherten drehen.
Wie kritisch ist die Finanzlage?
Für dieses Jahr hatte das Ministerium einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 2,5 Prozent bekanntgegeben. Das war schon ein großer Sprung von 0,8 Punkten. Tatsächlich liegen die Zusatzbeiträge inzwischen aber im Schnitt bei 2,94 Prozent, wie es vom GKV-Spitzenverband hieß. Hintergrund sind stark steigende Ausgaben.
Die gingen im ersten Halbjahr 2025 um acht Prozent auf 154 Milliarden Euro hoch, die Einnahmen wuchsen "nur" um 5,5 Prozent. Nach den jüngsten Beitragsanhebungen verbuchten die Kassen bis Ende Juni zwar ein Plus. Sie müssen aber parallel auch Reserven auf Mindesthöhen auffüllen.
Warken kündigte an, auch bei der Pflegeversicherung eine Lücke von knapp zwei Milliarden Euro für 2026 zu schließen, um die Beiträge stabil zu halten. Anders als die Krankenkassen-Zusatzbeiträge legt die Politik die Pflegebeiträge direkt fest - und eine Erhöhung zum 1. Januar hätte da auch schon auf dem Weg sein müssen, wie Warken mit Blick auf Fristen erläuterte.
Erst Anfang 2025 war eine Anhebung um 0,2 Punkte gekommen. Bei einem Kind liegt der Beitrag nun bei 3,6 Prozent des Bruttolohns, für Menschen ohne Kinder bei 4,2 Prozent.
Quelle: dpa
In Brandenburg sollen die Bürger für jeden Rettungseinsatz zuzahlen. Die Krankenkasse übernimmt nicht mehr die vollen Kosten für die oft teuren Einsätze. Dagegen gibt es breiten Widerstand.
26.03.2025 | 1:46 minWie lange halten die Lösungen?
Klar ist: Es geht um Sofortmaßnahmen. Daneben haben zwei Kommissionen begonnen, über Vorschläge für eine grundlegende Reform zu beraten. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflege stellte gerade einen ersten Zwischenstand vor.
Eine Kommission zur Krankenversicherung soll bis März erste Reformvorschläge zur längerfristigen Stabilisierung der Beitragssätze machen. In der CDU ist man hoffnungsvoll - die gesundheitspolitische Sprecherin sagte im ZDF-Morgenmagazin:
Wenn wir alle Einsparpotenziale richtig beziffern, würden wir uns da schon bei mindestens 16 Milliarden Euro bewegen.
Simone Borchardt, gesundheitspolitische Sprecherin der CDU
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