Die neue Regierung unter Friedrich Merz will verschärfte Grenzkontrollen. Die Ampel hatte rechtliche Bedenken. Warum die neue Regierung juristischen Streit provoziert.
Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) planen eine schärfere Asylpolitik, um Migration zu regulieren.
Quelle: dpa
Der frisch gewählte Bundeskanzler Friedrich Merz hat einen "faktischen Einreisestopp" gegen Migrantinnen und Migranten ohne ausreichende Papiere ab dem ersten Tag seiner Kanzlerschaft angekündigt.
Sein Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte am Sonntag gegenüber dem ZDF: "Wir werden auch die Grenzkontrollen hochfahren. Ich werde diese Weisung gegenüber der Bundespolizei geben und dann auch die Zurückweisung infolgedessen verstärken."
Der designierte Innenminister Dobrindt hat angekündigt, dass die neue Bundesregierung bereits an ihrem ersten Tag die Grenzkontrollen verstärken werde. 04.05.2025 | 1:32 min
Zurückweisungen: Knackpunkt Abstimmung mit Nachbarn
Der Koalitionsvertrag hält dazu fest:
Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.
„
Doch was heißt hier Abstimmung? Für die SPD bedeutet dies, das nötige Einverständnis der betroffenen Nachbarländer einzuholen. Unionsvertreter sehen eine Zustimmung dagegen nicht als notwendig an.
Polen und Österreich: Keine formlose Zurückweisung Asylsuchender
Dabei haben Nachbarländer wie Luxemburg, Österreich und Polen sich bereits ablehnend geäußert: Eine formlose Zurückweisung sei überhaupt nicht möglich. Außerdem würde der reibungslose tägliche Grenzverkehr dadurch gefährdet, denn es drohten lange Staus. Beides dürfte beim Antrittsbesuch von Friedrich Merz in Warschau Thema sein.
Juristische Grundlage für die Zurückweisung an den Grenzen ist die sogenannte Dublin-III-Verordnung. Demnach ist zu prüfen, welcher Mitgliedstaat für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist. Im günstigsten Fall dauert die entsprechende Prüfung vier Wochen, aktuell sind es knapp fünf Monate. Ab sechs Monaten wird Deutschland regulär zuständig, wenn eine Überstellung bis dahin nicht zustande gekommen ist.
Dobrindt kündigt Zurückweisungen an den Grenzen an. Zudem sei zwischen Union und SPD vereinbart, "nach Afghanistan, nach Syrien" zurückzuführen und den Familiennachzug auszusetzen.30.03.2025 | 5:25 min
Schnellprüfungen bei Grenzkontrollen: Rechtlich fragwürdig
Durch die Vorgaben des neuen Bundesinnenministers Dobrindt wird es voraussichtlich dazu kommen, dass an den Grenzen tatsächlich auch Asylbewerber, die nach schneller Prüfung keinen Anspruch auf Asyl haben, abgewiesen werden. Wie solche Schnellprüfungen an der Grenze rechtlich korrekt ablaufen sollen, ist fraglich. Früher oder später dürften Betroffene sich gegen diese Maßnahmen juristisch zur Wehr setzen.
Dann wäre in erster Instanz das deutsche Verwaltungsgericht der Region zuständig, in der jemand abgewiesen wurde. Gegen diese Entscheidung besteht die Möglichkeit einer Berufung an einem Verwaltungsgerichtshof oder einem Oberverwaltungsgericht. In letzter fachlicher Instanz wäre das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zuständig. Abschließend könnte auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe damit befasst werden.
Die Union hat in vielen Bereichen die sogenannte Migrationswende auf Papier durchgesetzt, aber die SPD hat auf den letzten Metern einiges rausgeholt, so Migrationsexpertin Victoria Rietig.09.04.2025 | 11:52 min
Vorhaben von Merz und Dobrindt könnte vor EuGH landen
Nicht ausgeschlossen aber auch, dass ein Verwaltungsgericht auf eine entsprechende Klage eines abgewiesenen Asylbewerbers hin den Europäischen Gerichtshof, EuGH, in Luxemburg zur Klärung der europarechtlichen Fragen einschaltet. Dann müsste der EuGH europarechtlich verbindlich klären, was gilt.
So oder so - juristischer Streit ist hierzulande bei einer engen Auslegung programmiert. Ob die neue Bundesregierung damit Schiffbruch erleidet oder nicht, das werden am Ende wohl Gerichte entscheiden.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF.
Nach Friedrich Merz (CDU) kündigt auch Thorsten Frei eine schärfere Migrationspolitik ab dem ersten Tag der neuen Regierung an. Grenzkontrollen würden ab 6. Mai verschärft.