Ausbau der Ladeinfrastruktur:E-Autos laden: Woran es hakt und was sich ändern soll
von Lothar Becker
Ein Masterplan aus Berlin soll den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos beflügeln - und damit auch deren Beliebtheit. Woran es bislang hakt und was sich ändern soll.
Besitzer von E-Autos berichten über ihre Erfahrungen mit Deutschlands Ladeinfrastruktur. ZDF-Reporter Lothar Becker hat sie im Ladepark in Hilden befragt.
19.11.2025 | 1:24 minDeutschland galt über Jahrzehnte als unangefochtener Leitmarkt der Automobilindustrie. Bei der Elektromobilität ist das nicht so. Offenbar haben weder Automobilindustrie noch Politik ernsthaft daran geglaubt, dass Batterien den Verbrenner auf lange Sicht ablösen können.
Folglich wurde auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht konsequent genug vorangetrieben. E-Auto: Grundsätzlich "Ja", aber man komme ja nicht weit damit, das Laden dauere zu lange, wenn es denn überhaupt genügend Ladestationen gäbe.
Fertig war die deutsche Reichweitenangst und die daraus resultierende Kaufzurückhaltung bei E-Autos.
Fast jede zweite Kommune hat keine öffentliche Ladestation für E-Autos. Am schlechtesten versorgt ist Rheinland-Pfalz, NRW und Saarland flächendeckend am besten.
19.09.2025 | 0:26 minVom Automobil-Vorreiter zum Lade-Nachzügler
Deutsche Autobauer hat die Kaufzurückhaltung gefreut, gewannen sie doch Zeit, um länger äußerst profitable Verbrenner-Modelle zu verkaufen. Anstatt sich mit der anspruchsvollen und kostenintensiven Transformation zum Bau und Vertrieb von Elektroantrieben, samt Batterien und Ladeinfrastruktur auseinandersetzen zu müssen.
Andere Länder sahen ihre Chancen und sind längst an Deutschland vorbeigezogen. Sowohl was Antriebstechnik als auch die Ladeinfrastruktur angeht. In China - allen voran - dürfte 2025 jede dritte Neuzulassung rein elektrisch unterwegs sein. Gleichzeitig kommt auf rund sechs Fahrzeuge eine öffentliche Ladestation, so eine Analyse des Fraunhofer Instituts vom Oktober 2025, während sich in Deutschland statistisch zehn Autos eine öffentliche Ladesäule teilen.
Jeder fünfte Neuwagen ist mittlerweile ein Elektroauto. Die Nachfrage steigt, unter anderem auch, weil E-Autos immer günstiger werden, sagen Branchenexperten.
07.11.2025 | 1:34 minDeutschland: Bürokratische Hürden bremsen den Ausbau
Ein großes weiteres Hindernis bislang: die deutsche Bürokratie. Fragmentierte Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen, langwierige Genehmigungen und fehlende digitale Netzanschlussverfahren haben den Ausbau gebremst. Investoren litten unter Unsicherheit:
- Preistransparenz fehlte,
- Geschäftsmodelle für Ladeinfrastruktur waren unklar.
Zudem konzentrierte sich die Politik lange auf Pkw, während der Nutzfahrzeugbereich - entscheidend für Klimaziele - kaum berücksichtigt wurde. China setzte früh auf massive Investitionen, standardisierte Schnittstellen und Batteriewechselstationen. In Europa sind Länder wie die Niederlande und Norwegen Vorreiter bei urbaner Ladeinfrastruktur und Nutzerfreundlichkeit. Deutschland dagegen diskutierte zu lange, statt zu handeln.
Bei der Entscheidung zwischen Verbrenner und Elektroauto zählt oftmals das Preisschild. Beim Kauf von Neuwagen sind die Preise inzwischen fast gleich, zeigt eine aktuelle Studie.
07.11.2025 | 1:36 minDer Masterplan aus Berlin: Weniger Hürden, mehr Tempo
Ein Entwurf des Bundesministeriums für Verkehr soll nun Nachfrage und Investitionen stärken - Förderung von Ladepunkten in Mehrparteienhäusern, Depots und Betriebshöfen sowie Aufbau eines Schnellladenetzes für E-Lkw entlang der Autobahnen. Weniger Bürokratie sei das Ziel: Bauvorschriften und digitale Genehmigungsprozesse sollen anpasst werden. Wichtig auch: die wettbewerbliche Vergabe öffentlicher Flächen.
Bislang waren attraktive Standorte an Autobahnen für Ladeparkbetreiber oft nicht zugänglich. Das gefährdet nach Einschätzung des aktuellen Gutachtens der Monopolkommission die Elektromobilität als ein Baustein der Energiewende: "Bei der Konzessionsvergabe von Ladeparks für LKW an Autobahnen wurden etwa zwei Drittel ohne Ausschreibung an die Tank & Rast GmbH vergeben - an Autobahnen droht eine Quasi-Monopolstellung."
Aus vergleichbaren Gründen fand auch der Ausbau für PKW-Ladesäulen größtenteils neben den Autobahnen statt. Wie am Autobahnkreuz Hilden der Ladepark Seed and Greet; 2024 zum drittbesten Ladepark der Welt gekürt. Ein reiner Ladepark, überdacht, mit 40 Superchargern von Tesla, und 22 Ladepunkten von Fastned, mit Bäckereistube.
E-Auto-Fahrer: Ladeparks "irgendwo im Nirgendwo"
Hilden ist eine feste Anlaufstation für viele Langstreckenfahrer, das ist längst nicht überall so: "Man hat Ladeparks, die sind irgendwo im Nirgendwo", erzählt Dieter beim Laden in Hilden. Viele Plätze seien nachts spärlich beleuchtet, es fehle an Sanitäranlagen.
Auch Birgit, ebenfalls E-Auto-Fahrerin wünscht sich mehr Lademöglichkeiten wie in Hilden:
Man kann das Auto saugen währenddessen, man kann sich Brötchen besorgen, man kann was essen, man kann Pause machen im Sommer, wenn es überall in Deutschland so wäre, wäre es toll.
Birgit, E-Auto-Fahrerin
Es gebe Rastplätze, "wo vielleicht nur eine Ladesäule steht", erzählt Enrico, die im schlimmsten Fall nur langsam lade oder gar nicht funktioniere. Er fordert ein System mit dem man defekte Ladesäulen melden kann.
Mit der steigenden Anzahl von Elektroautos dürfte der wirtschaftlich tragfähige Ausbau der Ladeinfrastruktur auch hierzulande durchstarten. Allerdings fünf Jahre zu spät, zumindest wenn Politik und Automobilbranche weiterhin für Deutschland beanspruchen Leitmarkt der Automobilität zu sein.
Lothar Becker ist Reporter im Landesstudio Nordrhein-Westfalen.
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