Gipfel zu digitaler Souveränität:Merz: Eine Frage von Wirtschaft, Sicherheit und Verteidigung
von Jan Henrich
Europa will digital unabhängiger werden und milliardenschwere KI-Kooperationen sollen dabei helfen. Doch in Kernfragen der Digitalpolitik drohen schon die nächsten Probleme.
Merz und Macron sprechen beim Digitalgipfel in Berlin über digitale Autonomie und europäische Zusammenarbeit – auch bei Verteidigung und KI, um Europas Souveränität zu stärken.
18.11.2025 | 3:12 minDie nächste Generation von Künstlicher Intelligenz (KI) soll aus Europa kommen, das machte Bundeskanzler Friedrich Merz in seiner Rede deutlich.
Vor Vertretern aus Wirtschaft und Politik betonte er beim deutsch-französischen Digitalgipfel in Berlin, wie groß der Handlungsbedarf sei. Abhängigkeiten von außereuropäischen Tech-Konzernen abzubauen sei eine Frage von Sicherheit, Wirtschaft und Verteidigung.
Gemeinsam mit Frankreich wolle man Motor für mehr digitale Innovationen in Europa werden. Das betonte auch der angereiste französische Staatspräsident Emmanuel Macron. Doch zwischen den Zeilen zeigte sich, in der Herangehensweise sind die Unterschiede groß.
Merz und Macron sprechen beim Digitalgipfel in Berlin über digitale Autonomie und europäische Zusammenarbeit – auch bei Verteidigung und KI, um Europas Souveränität zu stärken.
18.11.2025 | 2:12 min18 neue KI-Partnerschaften für Europa
18 neue strategische Partnerschaften zum Ausbau von KI-Anwendungen habe man vereinbaren beziehungsweise vermitteln können. Darunter eine Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Software-Riesen SAP, und dem führenden europäischen KI-Anbieter Mistral AI aus Frankreich.
Französische KI-Anwendungen sollen künftig auch verstärkt beim Münchner Start-up Helsing, einem Spezialisten für Verteidigungstechnologie, zum Einsatz kommen. Sowohl der deutsche Bundeskanzler als auch der französische Staatspräsident zeigen sich erfreut über die Entwicklung und die Erfolge.
Unterschiedliche Ansichten in der Digitalpolitik scheinen in einem anderen Bereich zu liegen: Der Frage der Regulierung von Tech-Unternehmen. Macron pocht auf Regeln für eine Bevorzugung europäischer Unternehmen und eine Digitalsteuer. Merz ist bei so viel staatlicher Einmischung vorsichtiger.
Wir wollen Offenheit der Wirtschaft und lebendigen Wettbewerb.
Friedrich Merz, Bundeskanzler
Der Bundeskanzler will eher auf private Investitionen setzen und Regulierung abbauen. Da scheint allerdings Macron wieder zu bremsen. Es gehe darum, bestehende Gesetze klarer zu fassen und zu vereinfachen, betonte er in seiner Rede.
In Berlin findet der Digitalgipfel auf Einladung der deutschen und französischen Digitalministerien statt. Ziel ist mehr digitale Souveränität für Europa.
18.11.2025 | 1:42 minWildberger: Regulierung und Innovation vereinen
Dass es Unterschiede in der Digitalpolitik der beiden Staaten gibt, wurde bereits am Mittag beim Pressestatement der beiden zuständigen Minister deutlich. Regulierung, wie sie derzeit stattfinde, würde Innovation verhindern, sagte der deutsche Digitalminister Karsten Wildberger gegenüber Pressevertretern. Man müsse beides besser verbinden.
Die französische Digitalministerin Anne Le Hénanff widersprach nicht direkt, pochte aber ihrerseits auf den Erhalt europäischer Werte in der Digitalpolitik.
Unsere Werte sind ein Wettbewerbsvorteil!
Anne Le Hénanff, Digitalministerin Frankreichs
Damit gemeint sind beispielsweise hohe Standards beim Datenschutz und Regeln über Risiken von KI-Anwendungen. Auf die Frage eines Journalisten an Wildberger, ob Deutschlands Digitalpolitik nun amerikanischer oder französischer werden sollte, kommt von dem Minister nur eine vorsichtig diplomatische Antwort: Man sei im Team Innovation.
"Verglichen mit den USA sind wir nicht da, wo wir sein müssten", so Staatssekretär Thomas Jarzombek (CDU).
18.11.2025 | 4:03 minBrüssel plant "digitalen Omnibus"
Der Spagat zwischen europäischen Standards und einer innovationsfreundlichen Digitalpolitik beschäftigt derzeit auch Brüssel. Am Mittwoch will die EU-Kommission ihren Entwurf für einen "digitalen Omnibus" vorstellen. Darin sollen Datenschutzgesetze und die erst im vergangenen Jahr in Kraft getretenen KI-Regeln neu gefasst und gebündelt werden.
Kritiker sehen darin ein Aufweichen bestehender digitaler Grundrechte. In einem offenen Brief hatten sich 120 zivilgesellschaftliche Organisationen gegen das Vorhaben ausgesprochen. Auch im Europäischen Parlament formiert sich bereits Widerstand.
Jan Henrich ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.
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