Deutsch-Französischer Garten: Freundschaft auf dem Westwall
80 Jahre Kriegsende:Westwall: Wo Feinde zu Freunden wurden
von Susanne Freitag-Carteron
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In Saarbrücken erinnern an vielen Stellen Bunker und Soldatengräber an die Zeit, in der Deutsche und Franzosen sich erbittert bekämpft haben. Heute sind sie Ausflugsziele.
Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg: Panzersperren, die einst Teil des Westwalls waren. (Archivbild)
Quelle: Imago
Zwischen Blumenbeeten und Gartenanlagen sitzen Familien beim Picknick, Kinder spielen, ein Pärchen küsst sich. Jedes Kind in und um Saarbrücken kennt den Deutsch-Französischen Garten.
1960 wurde er von deutschen und französischen Gärtnern entworfen, als erste grenzübergreifende Gartenschau. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer und Frankreichs Premierminister Michel Debré waren die Schirmherren. Zeichen der Versöhnung.
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Deutsch-französische Community
Das Restaurant "Zum Ehrental" liegt nah beim Eingang. Claudius und Christine sind Stammgäste. Er ist Saarbrücker, Christine ist im lothringischen Forbach geboren. Sie hat einen Deutschen geheiratet, die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen - eine typische Biographie hier.
"Das ist wie eine Community", sagt Claudius. "Es gibt viele Stammgäste aus Lothringen. Und wir, Christine et moi, wir gehen auch gerne mal rüber nach Frankreich zu einem Einkaufstrip." Er merkt nicht, dass er Deutsch und Französisch mischt, auch typisch.
Der Park steht auf 18 Bunkeranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Ruinen sind zugewachsen. Wie die Erinnerung an den Krieg. "Meine Onkels waren in Russland, sie kamen verletzt zurück", erzählt Roswitha, die hier kellnert. "Meine Mama war damals noch ein Kind, wir kennen den Krieg nur noch aus Erzählungen." Aber das Thema ist wieder präsent. "Wir haben schon Angst, dass es wieder Krieg gibt", sagt Claudius.
Die zunehmende Unfähigkeit der Spitzenpolitiker miteinander zu reden, ist besorgniserregend.
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Claudius
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Neues Interesse an alten Bunkern
Allein in Saarbrücken gibt es dutzende Westwall-Ruinen. "WH 316" ist eine davon. Mark Müller hat einen Förderverein gegründet, Geschichte erhalten ist sein Hobby. Der Lkw-Mechaniker muss sich bücken, um in den früheren Gemeinschaftsraum zu gelangen. Ein paar Klapppritschen, alte Helme und Gebrauchsgegenstände liegen darauf.
"Feind hört mit" steht auf einem Schild an der Wand. Es ist feucht und kalt. Müller will den Bunker nicht "übersanieren". "Man muss die Beklemmung fühlen können", sagt er, das gelingt. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges ist das Interesse größer geworden, berichtet er.
Viele Menschen fragen, ob man sich hier noch vor Angriffen schützen kann. Bei der Waffentechnik von heute unmöglich.
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Mark Müller
Soldatengräber: "Sinnloser Tod"
Auch Steffi Bauer gehört zum Verein. Neben dem Bunker kümmert sie sich ehrenamtlich um Gräber unbekannter Soldaten. Wie das im Saarbrücker Stiftswald, auf den Hügeln über der Stadt. Durch die Bäume sieht man die Autobahn, die von Saarbrücken nach Frankreich führt. Es gibt wieder Grenzkontrollen.
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Sie pflanzt Blumen vor das kleine Kreuz, das aus dem deutsch-französischen Krieg stammt. "Sie starben den Heldentod", steht dort. Steffi sieht das anders. "Sinnloser Tod", sagt sie. "Egal ob das Deutsche oder Franzosen sind - die, die hier gefallen sind, haben ein würdiges Grab verdient."
Kriegsschauplätze als Ausflugsziel
Das Kreuz steht direkt an einem Wanderweg in Deutschland. Steffis Auto steht ein paar Fußminuten entfernt, in Frankreich. Dutzende Denkmäler stehen hier oben. Sie erinnern an drei Kriege, in denen Deutsche und Franzosen erbitterte Feinde waren. Die Kriegsschauplätze auf der Grenze sind ein beliebtes Ausflugsziel. "Die Franzosen kümmern sich besser um ihre Denkmäler", sagt Steffi. "So was gibt es bei uns nicht."
Neben ihr parkt Janine Grün aus Frankreich. "Wir haben eine andere Erinnerungskultur", sagt sie. "Deutschland will seine Geschichte ausradieren. Es war ja keine schöne Geschichte da bei euch, Deutschland war ja der Angreifer."
Steffi fährt los, vorbei am "Europastein", der zwischen all den Kriegsmonumenten an die Gründung der EU erinnert. Eine Minute später ist sie wieder in Deutschland. Sie hat an diesem Tag viermal die Grenze überquert ohne es zu merken.