BSI-Lagebericht: Gefahr durch Cyberangriffe steigt weiter

Lagebericht zu Cybersicherheit:Dobrindt: Gefahr durch Hacker steigt weiter

von Johannes Lieber & Jan Henrich

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Cyberangriffe werden für Deutschland immer gefährlicher. Nicht nur die Systeme von Staat und Kommunen sind bedroht, die Angriffe richten sich auch gegen kleine Unternehmen.

Ein Mann sitzt am Rechner und tippt auf einer Tastatur.

Auf einen flächendeckenden Hackerangriff wäre Deutschland nicht vorbereitet. Bei Krankenhäusern, Schulen und Kommunen gebe es Schwachstellen, warnt BSI-Chefin Claudia Plattner.

11.11.2025 | 1:49 min

"Wir sind im Moment nicht handlungsfähig" - dieses erschreckende Fazit muss die Bürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen Jutta Steinruck (parteilos) ziehen. Seit fast einer Woche sind die Systeme der Stadtverwaltung offline. Eine Vorsichtsmaßnahme, nachdem "Anomalien" im städtischen Netz festgestellt wurden. Die Anzeichen auf einen Cyber-Angriff verdichten sich.

Die Stadt Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz ist kein Einzelfall. Laut dem heute vorgestellten Lagebericht des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, kurz BSI, ist die öffentliche Verwaltung das Hauptziel von professionellen Hackergruppen.

Deutschland als Ziel von Cyberangriffen

Cyberspione greifen laut BSI zunehmend deutsche Behörden an. IT‑Experte Markus Beckedahl warnt vor Chaos im Ernstfall und fordert deutlich besser aufgestellte Sicherheitsbehörden.

11.11.2025 | 4:37 min

Lücken bei Cybersicherheit bleiben

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bezeichnet die Bedrohungslage heute als "stabil" und verweist darauf, die Infrastruktur einiger "Angreifer" vom Netz genommen zu haben. Zurücklehnen könne man sich aber trotzdem nicht, denn die Bedrohung sei weiterhin auf einem hohen Niveau.

Trotz einer Stabilisierung der Bedrohung - unsere Angriffsfläche wird größer, die Gefährdung steigt und die Schäden sind auch heute schon erkennbar deutlich ansteigend.

Alexander Dobrindt (CSU), Bundesinnenminister

Dass die sogenannte Angriffsfläche steigt, lässt sich durch die Digitalisierung erklären. Je mehr internetfähige Geräte es gibt, desto mehr können auch durch Cyberkriminelle angegriffen werden.

Bedrohung durch staatlich gelenkte Hackergruppen

"Stark ansteigend" sind laut Dobrindt die Destabilisierungsversuche durch "staatlich gelenkte Gruppen". Das beinhaltet unter anderem Cyberspionage und die Verbreitung von Desinformationen. Nur drei Länder werden von solchen Gruppen häufiger angegriffen: die USA, Indien und Japan.

23.05.2025, Hessen, Wiesbaden: Das Logo der "Operation Endgame", aufgenommen auf einem Aufsteller bei einer Pressekonferenz zum Schlag gegen weltweite Cyberkriminalität bei der «Operation Endgame».

Ermittlern aus mehreren Ländern gelang es nach eigenen Angaben, mehrere Schadsoftware-Varianten unschädlich zu machen. Laut dem BKA seien auch die Täter identifiziert worden.

23.05.2025 | 2:49 min

Laut BSI-Präsidentin Claudia Plattner kommen die Angriffe in den meisten Fällen entweder aus Russland, China, dem Iran oder Nordkorea. Besonders mit Blick auf Russland beobachtet das BSI "seit vielen Jahren" eine Zusammenarbeit zwischen Hackergruppen und dem Staat.

Wir müssen davon ausgehen, dass dort vieles mindestens toleriert wird, teilweise tatsächlich auch vom Staat gewollt oder sogar gesteuert wird.

Claudia Plattner, Präsidentin BSI

Brisant sind in diesem Zusammenhang auch die Angriffe auf kritische Infrastruktur. Laut Bericht wurden in "fast allen" Sektoren mehr Störungen gemeldet als im vergangenen Berichtszeitraum.

Besonders betroffen ist die Energieversorgung, das Gesundheitswesen und Unternehmen aus dem Verkehrssektor. Erst vor kurzem legten Hacker das IT-System am Berliner Flughafen lahm. Mit Folgen für Tausende Reisende.

Geschlossener Check-in-Kiosk

Ein Hackerangriff hatte zu erheblichen Störungen im Flugverkehr an mehreren europäischen Flughäfen geführt. Nun kam es zu einer Festnahme in Großbritannien.

24.09.2025 | 0:27 min

Grüne: Bei IT-Sicherheit viel aufzuholen

Kritik kommt nach Veröffentlichung der Zahlen aus der Opposition. Der Bund habe in den vergangenen Jahren zu wenig getan, sagt Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag. Das Thema IT-Sicherheit müsse einen höheren Stellenwert bekommen. Die Grünen fordern, das BSI künftig enger an der Sicherheitspolitik des Bundes zu beteiligen.

Es wird gerade der Nationale Sicherheitsrat eingerichtet. Dass das BSI und seine Präsidentin nicht am Tisch sitzen, halten wir für falsch.

Konstantin von Notz, Fraktionsvize der Grünen

Es brauche zudem dringend die Umsetzung von europäischen Standards und Vorgaben in der IT-Sicherheit. Seit 2023 gilt europaweit die sogenannte NIS-2-Richtlinie mit neuen Sicherheitsanforderungen und Pflichten auch für Unternehmen. Deutschland hatte die Frist zur Umsetzung im Oktober 2024 verpasst. Diese Woche will der Bundestag nun über das entsprechende Gesetz abstimmen.

Hackerangriff

Ein Hackerangriff legt über 3.500 Polizeihandys in Mecklenburg-Vorpommern lahm und zeigt die massiven Lücken in der Cybersicherheit.

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Hacker zielen auch auf kleine Unternehmen

Das Ziel von Cyberkriminellen sind kleine und mittelständische Unternehmen. 80 Prozent aller "Ransomware-Angriffe" richteten sich gegen solche Firmen. Dabei dringen die Hacker in das System des Unternehmens ein, verschlüsseln die Daten und fordern Lösegeld. 2024 wurden 950 solcher Erpressungen zur Anzeige gebracht.

Laut dem Branchenverband Bitkom ist der deutschen Wirtschaft zuletzt ein Rekordschaden von 202 Milliarden Euro durch Cyberangriffe entstanden. Der Schutz vor Hackern ist also nicht nur ein sicherheitspolitisches Thema, sondern auch knallharte Wirtschaftspolitik.

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