Visa für Afghanen? Bund muss zügig entscheiden

Eilentscheidung aus Karlsruhe:Visa für Afghanen? Bund muss zügig entscheiden

von Daniel Heymann

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Das Bundesverfassungsgericht verlangt Tempo: Die Bundesregierung muss schnell über die Visa-Anträge von rund 2.000 Afghanen entscheiden, die nach Deutschland einreisen wollen.

Niedersachsen, Langenhagen: Menschen aus Afghanistan, die zuvor mit einem Flugzeug auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen gelandet sind, werden von einem Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch den Flughafen begleitet.

Das Bundesverfassungsgericht hat einem afghanischen Richter und seiner Familie teilweise recht gegeben. Deutschland muss sofort über deren Visa entscheiden. Sarah Tacke berichtet.

04.12.2025 | 1:37 min

Mit einem Beschluss vom Donnerstagabend nimmt das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung in die Pflicht: Sie muss "umgehend" über Visa-Anträge von Afghanen entscheiden, die eine Aufnahmezusage der Bundesrepublik bekommen hatten und aktuell in Pakistan auf die Einreise nach Deutschland warten.

Ob die Leute wirklich nach Deutschland kommen dürfen, ist weiter offen.

Klage eines afghanischen Richters

In dem entschiedenen Fall hatte ein afghanischer Richter mit seiner Familie Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Bundesinnenministerium (BMI) hatte ihnen 2022 im Rahmen des Programms "Überbrückungsliste" eine Aufnahmezusage für die Bundesrepublik erteilt.

Der Richter hatte in Afghanistan unter anderem Mitglieder der Taliban verurteilt und deshalb Morddrohungen erhalten.

Durch das Aufnahmeprogramm hätte er mit seiner Familie nach Deutschland kommen und hierbleiben können. Die neue schwarz-rote Koalition setzte das Aufnahmeprogramm aber im Mai 2025 aus und kündigte an, die erteilten Zusagen neu zu prüfen.

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Der Richter wartet mit seiner Familie in Pakistan auf eine Entscheidung der Bundesrepublik - so wie etwa 2.000 weitere Afghaninnen und Afghanen, die ebenfalls in der Vergangenheit Aufnahmezusagen erhalten hatten. Ihnen allen droht im neuen Jahr die Abschiebung zurück nach Afghanistan.

Karlsruhe sieht besonderes Eilbedürfnis

Das ist auch der Grund für die Entscheidung des Gerichts im Eilverfahren. Mit der Abschiebung sind potenziell große Risiken für die Afghanen verbunden:

Hinsichtlich der individuellen Dringlichkeit […] ist insbesondere die zunehmende Gefahr der Abschiebung aus Pakistan mit der etwaigen Folge erhöhter Zugriffsmöglichkeiten der Taliban zu berücksichtigen.

Bundesverfassungsgericht

Die Karlsruher Richter stützen sich bei dieser Bewertung vor allem auf eine "Gemeinsame Absichtserklärung" von Deutschland und Pakistan. Danach müssten alle Verfahren bis zum 31. Dezember 2025 abgeschlossen sein.

Menschen aus Afghanistan, die zuvor mit einem Flugzeug auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen gelandet sind, spechen zu Pressevertretern.

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Nur Teilerfolg für Kläger: Keine Verpflichtung zur Aufnahme

Der Kläger und seine Familie können damit auf eine schnelle Entscheidung der Bundesregierung hoffen. Dennoch ist der Beschluss für sie nur ein Teilerfolg, denn: Ob sie wirklich nach Deutschland kommen dürfen, hat das Gericht nicht entschieden.

Einen möglichen Anspruch auf Erteilung eines Visums hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg in der Vorinstanz verneint. Die Zusage aus dem Programm "Überbrückungsliste" sei gegenüber dem Antragsteller nicht rechtlich verbindlich.

Unterschiede zwischen Aufnahmeprogrammen

Hintergrund ist, dass der Bund verschiedene Aufnahmeprogramme für Menschen aus Afghanistan ins Leben gerufen hat. Verbindliche Zusagen gibt es nach der Rechtsprechung des OVG nur für Menschen im "Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan". Die rechtliche Grundlage hierfür ist § 23 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz.

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Im Fall des Richters aus dem Programm "Überbrückungsliste" beruhte die Zusage hingegen auf § 22 Satz 2 Aufenthaltsgesetz. Diese Regelung, so das OVG, räume der Bundesregierung ein weites politisches Ermessen ein. Das erlaube es ihr auch, bereits erteilte Zusagen erneut zu überprüfen.

Diesen Spielraum gesteht das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung ebenfalls zu, indem es für die Ausübung ihrer "exekutiven Entscheidungsbefugnis" nur zeitliche, aber keine inhaltlichen Vorgaben macht.

BMI: "Keine rechtsverbindliche Aufnahme"

Diese Entscheidungsfreiheit betonte auch das BMI in seiner Reaktion auf den Beschluss. Eine Sprecherin sagte gegenüber dem ZDF:

Das Bundesverfassungsgericht bestätigt uns in unserer Annahme, dass keine rechtsverbindliche Aufnahme für diesen Personenkreis besteht.

Bundesinnenministerium

Es müsse zeitnah über die Visa-Erteilung entschieden werden. Das Ministerium werde nach Zuleitung des Beschlusses "die notwendigen Schritte" einleiten.

Daniel Heymann arbeitet in der ZDF-Redaktion "Recht und Justiz".

Über dieses Thema berichteten die ZDF heute-Nachrichten am 04.12.2025 ab 19:00 Uhr.

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