Brandenburg: Verfassungsschutzchef Jörg Müller entlassen

"Habe mir nichts vorzuwerfen":Brandenburgs Verfassungsschutzchef entlassen

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Der Leiter des Landesverfassungsschutzes in Brandenburg, Jörg Müller, ist entlassen worden. Laut Innenministerin Lange sei das Vertrauen für eine Zusammenarbeit nicht mehr gegeben.

Verfassungsschutz: AfD ist gesichert rechtsextremistisch
Der Verfassungsschutz hat die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Die Partei will gerichtlich dagegen vorgehen. Derweil werden Forderungen eines AfD-Verbots lauter.02.05.2025 | 2:48 min
Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD) hat den Leiter des Landesverfassungsschutzes, Jörg Müller, entlassen. "Das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit sei nicht mehr gegeben", teilte Lange in Potsdam schriftlich mit. Weitere Details zu den Gründen nannte die Ministerin nicht.
Lange habe den Leiter der Verfassungsschutzabteilung mit sofortiger Wirkung von der Führung der Dienstgeschäfte entbunden, teilte das Innenministerium mit. Müller solle in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Die Leitung der Verfassungsschutzabteilung werde im Juli neu besetzt. Müller sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) nach seiner Entlassung:

Ich habe mir nichts vorzuwerfen.

Jörg Müller, entlassener Leiter des Landesverfassungsschutzes Brandenburg

Brandenburg, Cottbus: Jörg Müller, Leiter des Brandenburger Verfassungsschutzes, Archivbild
Wurde als Leiter des Landesverfassungsschutzes Brandenburg entlassen: Jörg Müller.
Quelle: dpa

AfD im Bund als gesichert rechtsextremistisch eingestuft

Die überraschende Entscheidung kommt in einer Zeit, in der über den Umgang mit der AfD und der Einstufung als gesichert rechtsextremistische Partei im Bund diskutiert wird. In Brandenburg bewertete der Verfassungsschutz die Landes-AfD bisher als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
Berlin: Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, gibt nach der Fraktionssitzung im Bundestag ein Statement.
Der künftige Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) schließt nicht aus, das Gutachten zur Hochstufung der AfD zu veröffentlichen. Es werde jedenfalls nicht im Aktenschrank verschwinden.04.05.2025 | 6:36 min
In das Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz sollen auch Erkenntnisse des Brandenburger Verfassungsschutzes eingeflossen sein, erklärt Jan Meier, ZDF-Reporter im Landesstudio Brandenburg. Die Landesinnenministerin hatte nach der Einstufung der Bundes-AfD ein Verbotsverfahren abgelehnt. Die AfD müsse durch eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung und nicht auf juristischem Weg bekämpft werden. Es müssten die Ursachen für den Wahlerfolg in den Blick genommen werden.

Differenzen wegen AfD-Hochstufung?

Nach Recherchen von WDR, NDR und SZ wollte der Verfassungsschutz Brandenburg bereits im November den AfD-Landesverband vom Verdachtsfall zur "erwiesen rechtsextremistischen Bestrebung" hochstufen - so wie bereits zuvor die Landesverbände von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen durch die jeweiligen Landesämter.
Ein Gutachten sei demnach bereits fertiggestellt, doch die Höherstufung wegen der vorgezogenen Bundestagswahl offenbar gestoppt worden, um nicht den Eindruck einer Einflussnahme der Politik auf die anstehende Bundestagswahl zu erwecken, erklärt Meier.
SGS Tacke Wehrmann
Mit der Einstufung der AfD habe der Verfassungsschutz "ganz laut gewarnt", sagt ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke. Entscheidend sei jetzt, was mit dieser Warnung gemacht werde.03.05.2025 | 2:16 min
Die Parallele zum Bundesverfassungsschutz und der Bundes-AfD fällt auf: In Brandenburg war im September ein neuer Landtag gewählt worden. Innenministerin Lange (SPD) war damals gerade eine Woche im Amt gewesen und bezeichnete die Recherchen als Spekulation. Sie wolle die Vorgänge erst noch prüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung blieb sie der Öffentlichkeit bis heute schuldig, erklärt ZDF-Reporter Meier. Der Verfassungsschutz Brandenburg teilte damals nur mit, dass er sich zur Einstufung von Beobachtungsobjekten zu gegebener Zeit äußere. Der Landesverband der AfD unterliege einer kontinuierlichen Prüfung.

Langes CDU-Vorgänger hielt AfD-Hochstufung für "durchaus möglich"

Langes Amtsvorgänger Michael Stübgen (CDU) hatte noch kurz vor seinem Ausscheiden die baldige Hochstufung für "durchaus möglich" gehalten, so Meier. Man habe es laut Erkenntnissen des Landesverfassungsschutzes mit einer Radikalisierung bei der AfD Brandenburg zu tun.
Der CDU-Politiker hatte 2020 Jörg Müller zum Chef der Behörde ernannt. Der Diplom-Verwaltungswirt hatte zuvor bereits im Potsdamer Innenressort gearbeitet. Seine Laufbahn begann Müller in der Verwaltung des Polizeipräsidiums.
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CDU: SPD-Innenministerin Lange muss sich rechtfertigen

Der aktuelle brandenburgische CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann zeigte sich nun erstaunt über die Entlassung Müllers, der parteiübergreifend ein sehr hohes Ansehen genossen habe.
"Wir haben bisher von der Arbeit des Leiters des Landesamtes für Verfassungsschutz einen ausgesprochen guten und seriösen Eindruck", sagte Redmann. Die Innenministerin werde ihren Schritt begründen und sich dafür auch rechtfertigen müssen.

Müller setzte sich für Verbot von rechtsextremen Chatgruppen ein

Im April hatte sich Müller für ein Verbot rechtsextremer Chatgruppen ausgesprochen, in denen sich junge Neonazis vernetzen. "Eine verfassungsfeindliche Chatgruppe, die einen Administrator und Zugangsvoraussetzungen hat, fällt für mich unter den Vereinigungsbegriff - und sollte daher auch verboten werden können", sagte Müller im Interview mit "Stern" und RTL.
Der brandenburgische Verfassungsschutz beobachtet seit 2024, dass sich zunehmend sehr junge Anhänger der Neonazi-Szene in sozialen Netzwerken organisieren.
Quelle: dpa, ZDF

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