UN-Ozeankonferenz: Umgang mit dem Kreuzfahrt- Tourismus vor Nizza
Nizza: UN ringen um Meeresschutz:Die Konferenz neben den Kreuzfahrtschiffen
von Luis Jachmann, Nizza
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In Nizza wollen die Vereinten Nationen auf der Ozeankonferenz über Meeresschutz beraten. Vorreiter ist der Gastgeber nicht. An der Côte d’Azur gibt es Streit um Kreuzfahrtschiffe.
Kreuzfahrttourismus ist aus Umweltgründen in der Kritik. In Nizza, wo bald die 3. UN-Ozeankonferenz startet, sollte er eingeschränkt werden. Doch Gastronomen und Boutique-Besitzer waren dagegen.06.06.2025 | 2:08 min
Noch einmal geht es für die Schiffspassagiere an Land. Die überwiegend deutschen Gäste der "Vasco da Gama" erkunden am vorletzten von sieben Reisetagen Nizza. Rosemarie Rösner hat sich mit 70 Jahren den Traum von einer Schiffsreise auf dem Mittelmeer erfüllt: "Ich habe Zeit meines Lebens viel für die Umwelt getan, habe erst mit 40 Jahren den Führerschein gemacht, bin mit dem Fahrrad bis nach Sizilien gefahren. Da habe ich mir gesagt: das darf auch mal sein".
Für einen Besuch in Venedig muss jetzt wieder Eintritt bezahlt werden - und zwar so viel wie noch nie. Seit diesem Karfreitag werden für Tagestouristen bis zu zehn Euro fällig.18.04.2025 | 0:20 min
Weniger Schiffe, weniger Arbeitsplätze?
Angelegt hat das mittelgroße Kreuzfahrtschiff im Hafen der beschaulichen Nachbargemeinde von Nizza. In Villefranche-sur-Mer waren sie "schwimmende Städte" mit mehreren tausend Touristinnen und Touristen gewöhnt. In der Spitze sind hier an der Côte d’Azur einst mehr als 200 Schiffe im Jahr eingelaufen - bis der örtliche Bürgermeister die erlaubte Höchstzahl halbierte. Anfang des Jahres ging der Bürgermeister von Nizza dann mit Beschränkungen noch deutlich weiter. Christian Estrosi kündigte ein Verbot für Schiffe mit mehr als 900 Passagieren an. Ein Sturm der Entrüstung folgte.
Mit uns hat man vorher nicht gesprochen. Für alle Gewerbetreibenden hier war die Ankündigung ein großer Schock. Uns war klar: ohne Kreuzfahrtschiffe gehen viele Arbeitsplätze verloren.
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Géraldine Maison, Restaurantbesitzerin in Villefranche-sur-Mer
Vor zehn Jahren hat Géraldine Maison in der Nähe des Hafens ihr Bistro eröffnet. Schiffspassagiere, die einen Tagesausflug in der Umgebung machen, seien ein wichtiger Teil ihrer Kundschaft. Maison hat mit anderen Hotels, Eiscafés und Boutiquen Beschwerde eingelegt. Mit Erfolg: Nizzas Bürgermeister Estrosi hat die strengeren Auflagen zurückgenommen. Die neue Regelung sieht nun maximal 65 Schiffe mit maximal je 2.000 Passagieren im Jahr vor. Für die Tourismusbranche in Villefranche-sur-Mer geht die Begrenzung immer noch zu weit.
Rom, Venedig, Südtirol - überall drängen sich die Touristen. Und an vielen Orten wird es den Einwohnern zu viel und zu eng. Wie umgehen mit der zunehmenden Touristenschwemme?
21.07.2024 | 2:43 min
Anders sieht es Hélène Granouillac. Die Umweltaktivistin erkennt in dem Streit eine verlorene Chance, gemeinsam einen für alle Seiten verträglichen Kompromiss zu finden.
Wir stehen Tourismus und Kreuzfahrt nicht per se feindlich gegenüber. Was wir wollen, ist, dass die versprochenen Maßnahmen und Richtlinien konsequent umgesetzt werden
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Hélène Granouillac, Umweltaktivistin
Internationale Richtlinien, die etwa Filteranlagen vorsehen. Die Aktivistin berichtet von Kreuzfahrtschiffen, die zwar Filter eingebaut hätten, aber Abgase statt in die Luft nun ins Meer leiten.
Der Tourismus auf Ibiza liegt auf einem Rekordniveau. Doch nur wenige Einheimische profitieren davon. Wohnen und Leben auf der Insel werden immer unbezahlbarer.29.05.2024 | 6:44 min
Unklare Zukunft für umweltfreundlichere Modelle
Die Tourismusbranche in Villefranche-sur-Mer hingegen verweist auf umweltschonende Schiffe, die schon bald kämen. Doch Fachleute sehen keine marktreifen Alternativen in naher Zukunft. Zwar gehen Feinstaub und Schwefeldioxide bei neuen Modellen ohne Schweröl erheblich zurück. Aber auch Schiffe, die mit LNG-Gas betrieben werden, belasten die Umwelt mit hohen CO2-Emissionen.
Diese Schiffe haben keine Reichweite wie konventionell Betriebene. Das heißt, man müsste dann auch Versorgungsschiffe haben, um überhaupt längere Distanzen gewährleisten zu können.
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Stefan Gössling, Professor für nachhaltigen Tourismus, Universität Lund
Weil der Übertourismus in Südtirol Bevölkerung und Natur belastet, greift die Region Region jetzt durch. Maßnahmen wie ein "Bettenstopp" könnten zum Vorbild für andere Tourismusregionen werden.19.07.2024 | 4:32 min
Massentourismus: Erwartungen treffen auf Realität
Von der UN-Ozeankonferenz, zu der in diesen Tagen Staatsgäste aus der ganzen Welt nach Nizza kommen, erwartet der deutsche Forscher keine deutlich ambitionierten Regulierungen im Schifffahrtssektor.
Nebenan, in Villefranche-sur-Mer, wird sich das Bild in den Sommermonaten wohl nicht so schnell ändern: Kreuzfahrtschiffe, die tagsüber in der Bucht liegen. Mit Schloten, aus denen Rußpartikel in die Umwelt gelangen. Der Motor läuft tagsüber weiter. Auch dann, wenn sich die Passagiere Nizza und Umgebung anschauen.
Vom 09. Juni bis zum 13. Juni findet die dritte Internationale Ozeankonferenz der Vereinten Nationen in Nizza statt. Frankreich und Costa Rica organisieren gemeinsam den Gipfel zum Schutz der Meere. Die erste Konferenz hatte 2017 in New York und die zweite 2022 Lissabon stattgefunden.
Quelle: dpa
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