Ukraine: Russland will wichtige Stadt im Donbass einkesseln

Im Donbass konzentrieren russische Streitkräfte ihre Bemühungen auf den Frontabschnitt Torezk-Pokrowsk. Sie kämpfen fast seit Beginn der russischen Invasion um Torezk und festigen allmählich ihre Kontrolle über die zerstörte Stadt.

Seit dem Fall von Bachmut Anfang 2023 versuchen die Russen, die westlich davon gelegene Kleinstadt Tschassiw Jar einzunehmen. Günstige Geländebedingungen in Kombination mit starken Befestigungen und einer geschickten, zähen Verteidigung der Ukraine konnten sie bisher - seit über zwei Jahren - abwehren. Dennoch hält Russland den Druck aufrecht.

Unterdessen gelang es den Russen im April und Mai 2025, die ukrainischen Verteidigungslinien östlich von Pokrowsk zu durchbrechen und beträchtliches Gebiet zu erobern. Die Ukrainer benötigten fast einen Monat, um den Durchbruch zumindest vorerst zu stoppen und einzudämmen.

Alle drei Angriffsrichtungen weisen in eine Richtung: auf die Stadt Konstjantyniwka. Diese für den Donbass typische Industriestadt hatte vor dem Krieg etwa 65.000 Einwohner. Zu Beginn des Krieges war sie zeitweise von russlandfreundlichen Separatisten besetzt, wurde aber später von der Ukraine befreit und schrittweise in eine Festung umgewandelt.

Konstjantyniwka ist neben Slowjansk und Kramatorsk, dem regionalen Hauptquartier der ukrainischen Verteidigung, eine der drei wichtigsten befestigten Großstädte im Donbass. Diese drei befestigten Städte bilden das Rückgrat der ukrainischen Verteidigung in den noch gehaltenen Teilen der Region.

Russland wird sehr wahrscheinlich weiter aus südwestlicher Richtung - also von Pokrowsk aus - auf Konstjantyniwka vorrücken, da es dort keine nennenswerten ukrainischen Befestigungen gibt. Erschwerend kommt hinzu, dass das Gelände nur wenig Schutz bietet: Das Kleban-Byk-Wasserreservoir und die bewaldeten Hügel südlich von Illiniwka sind die einzigen natürlichen Hindernisse - aber keines davon ist unüberwindbar. Zudem liegt dieses Gebiet schon seit Langem in Reichweite russischer Artillerie und von Drohnen mit großer Reichweite.

Angesichts des Tempos ihres Vormarschs aus Richtung Pokrowsk ist es sehr wahrscheinlich, dass die Russen noch im Sommer mit der Belagerung von Konstjantyniwka beginnen können. Sobald sie die Stadt von Südwesten aus erreichen, wird die Ukraine wohl auch die Verteidigung von Torezk aufgeben müssen, um einer Einkesselung zu entgehen. Darüber hinaus wird schwerer Häuserkampf in und um Konstjantyniwka auch die Verteidigung von Tschassiw Jar weiter östlich stark erschweren - aus logistischen Gründen.

Allerdings ist nicht mit einem schnellen Beginn der Belagerung zu rechnen - und schon gar nicht mit einem raschen russischen Sieg. Wahrscheinlicher ist das Gegenteil: Die Ukrainer werden alles tun, um eine zähe, entschlossene Verteidigung aufzubauen und Konstjantyniwka so lange wie möglich - mindestens mehrere Monate - zu halten, um die russischen Kräfte zu binden und auszubluten. Dies wird die größte und aller Voraussicht nach blutigste Stadtschlacht des Krieges seit dem Fall von Bachmut Anfang 2023 sein.