Merz bei Trump: Was der US-Präsident falsch darstellte

Faktencheck

Behauptungen des US-Präsidenten:Was Trump beim Merz-Besuch falsch darstellte

Oliver Klein
von Oliver Klein
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Beim Besuch von Kanzler Merz im Weißen Haus nutzte US-Präsident Trump die Bühne für lange Monologe - mit etlichen irreführenden oder falschen Aussagen. Ein Faktencheck.

05.06.2025, USA, Washington: US-Präsident Donald Trump spricht beim Empfang von Bundeskanzler Merz (CDU) im Oval Office im Weißen Haus.
Einen Monat nach seiner Vereidigung als Bundeskanzler ist Merz zu seinem Antrittsbesuch bei US-Präsident Trump gereist. ZDFheute live zeigte das Treffen der beiden im Oval Office.05.06.2025 | 88:43 min
Beim ersten Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz im Weißen Haus zeigte sich der US-Präsident ungewöhnlich versöhnlich: Donald Trump empfing den Kanzler überraschend herzlich und lobte ihn als "respektierten" Politiker. Selbst deutsche Verteidigungsbemühungen, die Trump immer wieder kritisierte, fanden diesmal seine Zustimmung.
Doch während Merz vor allem zuhörte und diplomatisch blieb, sprach Trump bei der Pressekonferenz fast ununterbrochen - über internationale Konflikte, innenpolitische Themen und seine eigene Regierungszeit. Dabei stellte er viele Behauptungen auf, die einer Überprüfung nicht standhalten. ZDFheute mit einem Faktencheck.
Merz ist zu Gast bei Trump im Oval Office.
Kanzler Friedrich Merz und der US-Präsident demonstrieren in Washington Einigkeit. Ganz anders das Verhältnis zwischen Elon Musk und Donald Trump: Aus der einstigen Allianz ist ein öffentlicher Machtkampf geworden.06.06.2025 | 2:30 min

Übertreibung bei Grenzübertritten

Gleich mehrmals ging es bei der Pressekonferenz um das Thema Migration. Noch vor ein paar Monaten sei die Situation an den US-Grenzen ein "Desaster" gewesen, sagte Trump. "Hunderttausende von Menschen kamen jeden Tag jede Woche, jeden Monat", darunter seien viele schlechte Menschen, Kriminelle, Mörder, Drogendealer - "einige der schlimmsten Menschen der Welt", behauptete er.

Zwei Millionen Menschen sind in einem Monat reingekommen.

US-Präsident Donald Trump

Es ist eine deutliche Übertreibung: Nach offiziellen US-Statistiken wurden im ganzen Jahr 2024 knapp drei Millionen illegale Einwanderer durch die US-Behörden aufgegriffen, im Jahr zuvor waren es rund 3,2 Millionen. Nach Daten der US-Grenzschutzbehörde lag der monatliche Höchstwert der vergangenen Jahre im Dezember 2023 - in diesem Monat wurden rund 300.000 Menschen beim Grenzübertritt festgestellt.
SGS am 06.06.2026 mit Andrea Maurer zum USA-Besuch von Friedrich Merz
Nach seinem Treffen mit US-Präsident Trump hat Bundeskanzler Merz eine positive Bilanz gezogen. Wie der Kanzler-Besuch in Berlin bewertet wird, berichtet Andrea Maurer.06.06.2025 | 1:16 min
Dazu kommt eine Dunkelziffer der Personen, die unerkannt einreisen. Offizielle Schätzungen gehen davon aus, dass diese Zahl der sogenannten "Gotaways" im Jahr 2023 bei 860.000 Migranten lag. Für das Jahr 2024 gingen US-Behörden von einem deutlichen Rückgang von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Für die von Trump behauptete Zahl von zwei Millionen Migranten in nur einem Monat gibt es also keine Belege.
Auch die pauschale Kriminalisierung von Migranten ist unbelegt. Eine US-Studie von 2023 zeigte sogar, dass sie seltener mit dem Gesetz in Konflikt geraten, als Menschen, die in den USA geboren wurden.
COMBO-US-POLITICS-TRUMP-MUSK
Der reichste Mann der Welt gegen den Präsidenten des mächtigsten Landes: Die monatelange Zusammenarbeit von Musk und Trump endet in einer öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht. 06.06.2025 | 2:52 min

Falschbehauptungen zu Nord Stream 2

"Ich stoppte Nord Stream 2", behauptete Trump. "Ich war derjenige, der das gestoppt hat. Es war tot. Und dann sagen sie, ich wäre ein Freund von Putin..." Diese Aussage ist irreführend. Zwar hat die Trump-Regierung das Pipelineprojekt stets vehement kritisiert und ab Ende 2019 sogar mit Sanktionen belegt, die beteiligte Unternehmen zum Baustopp zwingen sollten. Das bewirkte jedoch nur einen Aufschub: Bis zum Ende von Trumps Amtszeit im Januar 2021 war die Pipeline fast fertiggestellt - von einer endgültigen Stilllegung konnte also keine Rede sein.
Unter Trumps Nachfolger Joe Biden wurde der Bau von Nord Stream 2 dann planmäßig vollendet. Die USA verzichteten sogar auf Sanktionen, um die Beziehungen zu Europa zu verbessern.
Dass die Pipeline trotzdem nie in Betrieb genommen wurde, lag am Ende aber an der Eskalation des Ukraine-Konflikts: Zwei Tage vor der russischen Invasion Ende Februar 2022 setzte das deutsche Wirtschaftsministerium das Genehmigungsverfahren für die Erdgasleitung aus. Damit war die Pipeline faktisch gestoppt - allerdings durch die geopolitische Lage 2022, nicht durch Trumps frühere Sanktionen.
SGS
„Musk und Trump haben ein so großes Ego, dass beide bereit sind, eigenen Schaden in Kauf zu nehmen, um möglicherweise den anderen fertig zu machen“, so ZDF-Korrespondent Theveßen. 06.06.2025 | 2:25 min

Hilfe für die Ukraine: Trump verbreitet falsche Zahlen

Als es um die Ukraine-Unterstützung ging, behauptete Trump: "Wir gaben 350 Milliarden Dollar, viel mehr als Europa." Europa habe "weit über hundert Milliarden" ausgegeben, sagte Trump. Merz stimmte dem zu. Dass aber die USA deutlich mehr für die Ukraine bezahlt hätten als Europa, ist eine Verdrehung der Tatsachen - das Gegenteil ist der Fall.
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) führt in seinem "Ukraine Support Tracker" die militärischen, finanziellen und humanitären Hilfsleistungen auf. Demnach sind die USA mit rund 115 Milliarden Dollar zwar der größte einzelne Geldgeber für die Ukraine. Die europäischen Staaten gaben den IfW-Berechnungen zufolge insgesamt jedoch etwa 138 Milliarden Euro, weitere Hilfspakete wurden angekündigt. Dazu trägt Europa erhebliche Kosten durch Geflüchtete. "Nur im Bereich der Militärhilfen liegen die USA weiter vorne, wenn auch mit geringem Abstand", schreibt das IfW. Die von Trump genannten 350 Milliarden an Hilfsleistungen entsprechen nicht der Wahrheit.

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