Südkorea: Firma zahlt Baby-Bonus wegen sinkender Geburtenrate

Geburtenrückgang in Südkorea:Baby-Bonus: 60.000 Euro von der Firma

Elisabeth Schmidt
von Elisabeth Schmidt, Seoul
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Südkoreas Bevölkerung könnte sich bis zum Ende des Jahrhunderts halbieren. Immer mehr Firmen versuchen, mit viel Geld gegen den Geburtenrückgang zu steuern.

Südkorea: Niedrigste Geburtenrate der Welt
Südkorea hat die niedrigste Geburtenrate aller OECD-Länder: 0,75 Kinder pro Frau. 10.06.2025 | 2:24 min
Es gehe um nichts Geringeres als darum, Südkoreas sinkenden Geburtentrend aufzuhalten, sagt uns die Geschäftsführung des größten Videospiel-Unternehmens des Landes. Krafton zahlt seinen Mitarbeitenden seit Anfang des Jahres 100 Millionen Won, etwa 64.000 Euro, wenn sie Kinder bekommen. 60 Millionen Won als Pauschalbetrag bei der Geburt und fünf Millionen jährlich für acht Jahre.
Das Unternehmen hatte zuvor eine Umfrage unter seinen Mitarbeitenden gemacht. "Viele sagten, es sei körperlich anstrengend, Beruf und Kindererziehung zu vereinbaren", erzählt Jaekeun Choi, Leiter der Betriebsabteilung. Einige Mitarbeitende hatten berichtet, sie hätten deshalb bereits einen Job gekündigt.

Südkoreas Geburtenziffer ist die niedrigste aller OECD-Länder. Pro Frau wurden 2024 0,75 Kinder geboren. Geht dieser Trend so weiter, sagen Experten, werde sich die Bevölkerung des asiatischen Landes bis zum Ende des Jahrhunderts halbieren.

Quelle: Statistics Korea

Südkorea, Seoul: Menschen stehen in der Nähe eines Wahllokals in Seoul, Südkorea, Schlange.
Die UN haben ihren Weltbevölkerungsbericht veröffentlicht. Im hochentwickelten Südkorea geht die Bevölkerung seit Jahren zurück – viele Frauen entscheiden sich gegen ein Kind.10.06.2025 | 1:33 min

Programme sollen Geburtenzahl erhöhen

Das Unternehmen, dem das Online-Gaming-Franchise PubG gehört, habe deshalb ein umfangreiches Programm aufgelegt, um familienfreundlicher zu werden:
Neben dem Kinderbonus gibt es unter anderem freie Tage für werdende Papas, um mit der Partnerin zu Schwangerschaftsuntersuchungen zu gehen, die Möglichkeit, einen Tag pro Woche im Homeoffice zu arbeiten, flexible Gleitzeit, und der gesetzlich mögliche Erziehungsurlaub wurde von einem Jahr auf zwei verdoppelt. Die hausinterne Kita ist kostenfrei und von morgens bis 21:30 Uhr abends geöffnet. Auch in Südkorea gibt es insgesamt noch zu wenig Kita-Plätze.

Wir sollten das Programm so lange fortführen, bis Südkoreas niedrige Geburtenzahl wieder ausgeglichen ist.

Jaekeun Choi, Leiter Betriebsabteilung Krafton

Pärchen mit Hund in Südkorea
Viele junge Paare in Südkorea ziehen lieber ein Haustier auf als ein Kind. Manche Frauen entscheiden sich sogar gegen Dates, Sex und Ehe.12.01.2025 | 1:30 min
Hyojin Kim arbeitet in der Personalabteilung und hat das Kinderbetreuungsprogramm der Firma mitentworfen. Sie ist selbst Mutter eines siebenjährigen Sohnes und schätzt die flexiblen Arbeitszeiten und das Extra-Geld, mit dem sie einen Babysitter bezahlen kann, wenn ihr Sohn krank ist, sie aber arbeiten muss. "Das baut emotionales Vertrauen auf", sagt Hyojin Kim. Der Kinder-Bonus ihrer Firma habe ihr Leben leichter gemacht, sie könne sich besser auf ihre Arbeit konzentrieren.

Besonders, dass man auch von zu Hause aus arbeiten kann, hat bei mir zu mehr Vertrauen geführt. Es ist ein Gefühl von 'Oh, diese Firma respektiert mich'.

Hyojin Kim, Mitarbeiterin Krafton

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Kinder sind vielen in Südkorea zu teuer

Auch die südkoreanische Regierung zahlt mittlerweile Geld bei der Geburt eines Kindes. Ein im Jahr 2024 geborenes Baby erhält über einen Zeitraum von acht Jahren insgesamt 29,6 Millionen Won (ca. 19.000 Euro). Doch das scheint nicht auszureichen. Viele junge Leute der "Gen Z" wollen überhaupt keine Kinder mehr bekommen - Apartments, Lebenshaltungskosten und die Ausgaben für Musik-, Tanz- oder Nachhilfeunterricht seien schlicht zu teuer.
Nicht selten geben Eltern mehr als die Hälfte ihres Gehalts für ihren Nachwuchs aus. Hinzu kommen tradierte Rollenbilder und die größte Gender-Paygap eines OECD-Landes: Frauen verdienen in Südkorea im gleichen Job gut 30 Prozent weniger als Männer.
Bei Krafton haben sie deshalb auch eine "Working Mum"-Gruppe gegründet. Neben der großzügigen Finanzspritze des Unternehmens sei vor allem auch der gegenseitige Austausch wichtig.
Elisabeth Schmidt ist Korrespondentin im ZDF-Auslandsstudio Ostasien in Peking.

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Analyse

Viele Menschen bekommen offenbar nicht die Zahl an Kindern, die sie sich wünschen würden: Das geht aus dem Weltbevölkerungsbericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen hervor. Dafür haben die UN-Organisation und das Meinungsforschungsinstitut YouGov mehr als 14.000 Frauen und Männer in 14 Ländern befragt, in denen zusammen über 37 Prozent der Weltbevölkerung leben.

In allen Ländern wünschten sich die meisten Befragten laut Bericht zwei Kinder. Doch in jedem Land gab es einen erheblichen Anteil an Menschen, die ihre Kinderwünsche im Lauf des Lebens angepasst hatten - sowohl nach unten als auch nach oben.

Fast ein Fünftel der Befragten im fortpflanzungsfähigen Alter (18 Prozent) sagte, sie würden vermutlich nicht die von ihnen gewünschte Kinderzahl erreichen: Elf Prozent rechneten mit weniger, sieben Prozent mit mehr Kindern als beabsichtigt. Auch Menschen über 50 Jahre wurden befragt, bei denen eine abgeschlossene Familienplanung angenommen wurde. Die tatsächliche Zahl ihrer Nachkommen wich häufig von früheren Wünschen ab: 31 Prozent sagten, sie hätten weniger Kinder bekommen als beabsichtigt; 12 Prozent gaben an, mehr Kinder bekommen zu haben.

32 Prozent der Befragten haben laut Bericht mindestens eine unbeabsichtigte Schwangerschaft erlebt. Global gilt fast jede zweite Schwangerschaft als unbeabsichtigt. 61 Prozent dieser Schwangerschaften endeten mit einem Abbruch.

23 Prozent der Befragten hatten einen unerfüllten Kinderwunsch; über 40 Prozent von ihnen mussten diesen Wunsch ganz aufgeben. Finanzielle Gründe (über 50 Prozent), gesundheitliche Probleme (24 Prozent) und Zukunftssorgen wie Klimawandel und Kriege (19 Prozent) verhindern demnach die gewünschte Kinderzahl.

Quelle: dpa

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