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Analyse
China, Japan, Südkorea:Wie Trump alte Feinde ungewollt versöhnen könnte
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Trump verursacht globales Chaos. Peking wittert seine Chance und hofft auf neue Verbündete, die eigentlich nichts mit der Volksrepublik zu tun haben wollen.
Sie nähern sich wieder an: Die Handelsminister von Japan, Südkorea und China.
Quelle: Lee Jung-hoon
Gelbe Krawatte, braune Krawatte, blaue Krawatte. Drei Männer in dunklen Anzügen. Der in der Mitte überkreuzt die Arme für einen simultanen Handshake mit seinen beiden Nachbarn. Das Foto dieses politischen Treffens sieht unspektakulär aus, doch ist es nicht.
So sollen Verhandlungen über ein trilaterales Freihandelsabkommen wieder aufgenommen werden, ein Abkommen, das Japans Präzision, Südkoreas Chips und Chinas Logistik bündeln könnte, hieß es. Das Vorhaben gibt es schon lange: Seit 2012 gab es immer wieder Gespräche dazu, doch bisher ist es nur ein Vorhaben.
Japan und Südkorea: Historische Streitigkeiten mit China
Denn die drei Länder sind zwar wirtschaftlich eng verbunden, doch historisch zerstritten. Sie stehen außerdem in einem Systemwettbewerb: Südkorea und Japan haben traditionell ein enges Verhältnis zu Amerika und sehen die USA als Partner im Kampf gegen die kommunistische Bedrohung aus China. Doch das Vorgehen von Trump setzt hinter jahrzehntelang gültige Vereinbarungen ein Fragezeichen.
Auch territoriale Streitigkeiten standen einem Abkommen immer wieder im Weg: China streitet mit Japan zum Beispiel um die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer. Diaoyu, so nennt China die unbewohnte Inselgruppe, die strategisch wichtig ist zur Kontrolle der Seewege, beansprucht sie für sich und fördert Japan-Hass oder zumindest -Ablehnung sogar staatlich.
Die diplomatischen Beziehungen zwischen China und Südkorea sind geprägt von Pekings Unterstützung für Nordkorea, die zumindest so weit reicht, dass das Land als Pufferzone weiterhin Pekings Interessen dienen kann. Und auch 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Wunden des japanischen Imperialismus in Südkorea und China nicht verheilt - auch, weil Japan sich mit Aufarbeitung oder gar Schuldeingeständnis schwertut.
Vorsichtige Annäherung ist fragil
Doch all diese Probleme erscheinen plötzlich kleiner - im Angesicht des Chaos, das Trump von den USA aus über den Globus schickt. Pekings Kalkül: Wenn sich die USA aus ihrer Rolle als Weltpolizist zurückziehen, kann China an Einfluss gewinnen.
Wie brüchig die vorsichtige Annäherung zwischen den drei Krawatten-Männern ist, zeigte sich schnell im Anschluss an das Treffen in Seoul: Ein Social-Media-Account von Chinas staatlich kontrolliertem Fernsehsender CCTV veröffentlichte die Ankündigung, dass China, Japan und Südkorea sich darauf geeinigt hätten, gemeinsam auf Trumps Zollerhöhungen zu reagieren.
Doch Japan und Südkorea sahen das anders: "Etwas übertrieben" sei diese Ankündigung, hieß es von der südkoreanischen Regierung. Der japanische Handelsminister antwortete, es hätte zwar das Treffen, aber keine derartigen Diskussionen gegeben.
Aus ziemlich besten Feinden werden also nicht von heute auf morgen ziemlich beste Freunde. Doch Trumps Handelskrieg und sein unkalkulierbares Verhalten könnten neue, überraschende Allianzen möglich und nötig machen.
Miriam Steimer ist Korrespondentin für Ostasien und leitet das ZDF-Studio in Peking.
Quelle: dpa
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