Von IS inspirierter Terror in Australien:Experte Schindler: "Überraschende" Versäumnisse der Behörden
Nach dem Anschlag am Bondi Beach rückt der "Islamische Staat" wieder in den Fokus. Extremismus-Experte Hans-Jakob Schindler analysiert, was bislang bekannt ist.
Die Attentäter von Sydney sollen der Terrororganisation IS nahegestanden haben, so die Behörden in Australien. Welche Netzwerke der IS weltweit hat - Analyse bei ZDFheute live.
16.12.2025 | 17:02 minNach dem tödlichen Anschlag am Bondi Beach in Sydney mit 15 Opfern verdichten sich die Hinweise auf eine IS-Motivation der Täter.
Im Interview mit ZDFheute live sieht Extremismus-Experte Hans-Jakob Schindler darin auch ein Warnsignal für westliche Sicherheitsbehörden.
Sehen Sie oben das gesamte Interview oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Schindler ...
... dazu, ob die Tat durch den Islamischen Staat motiviert war
Im Auto des Sohnes - die Täter waren Vater und Sohn - waren mehrere Sprengsätze sowie zwei selbstgefertigte Flaggen des "Islamischen Staats" (IS) gefunden worden. Für Schindler ist die ideologische Motivation der Täter daher offenkundig:
Es ist schon klar, dass zumindest die Attentäter zeigen wollten, dass sie der IS-Ideologie nahestehen, ansonsten hätten sie keine IS-Flaggen mitgenommen.
Hans-Jakob Schindler, Terrorismusexperte
"Wir reden im Minimum von einem inspirierten Anschlag des IS, wo zumindest die Propaganda und die Ideologie des IS eine wichtige Rolle spielen", so Schindler weiter. Weitere Ermittlungen müssten nun klären, ob es in der Vergangenheit auch konkrete Kontakte zum IS gegeben hat.
... ist Senior Director beim "Counter Extremism Project". CEP ist eine gemeinnützige, überparteiliche, internationale Organisation, die das Ziel verfolgt, der Bedrohung durch extremistische Ideologien entgegenzuwirken und pluralistisch-demokratische Kräfte zu stärken. Neben Büros in den Vereinigten Staaten verfügt CEP über Standorte in Berlin, Brüssel und London.
Nach dem antisemitischen Angriff in Sydney steht das Land unter Schock. Ermittler prüfen mögliche Verbindungen der Tatverdächtigen zu Extremisten.
15.12.2025 | 2:41 min... zu möglichen Fehlern der Behörden in Australien
Besonders irritiert zeigte sich der Experte über mutmaßliche Versäumnisse der australischen Behörden. Der Sohn sei bereits 2019 wegen Kontakten zu einem bekannten IS-Mitglied kurzzeitig in Haft gewesen. Darüberhinaus waren die Täter vor kurzem für rund einen Monat von Australien auf die Philippinen auf die Insel Mindanao gereist, wo IS-Gruppen aktiv sein sollen.
Und in diesem Zusammenhang dann nicht die roten Lampen angehen zu lassen (...) das ist, gelinde gesagt, überraschend.
Hans-Jakob Schindler, Terrorismusexperte
Schindler hält es zumindest für gut möglich, dass die Attentäter auf den Philippinen "eine Art Ausbildung" erhalten haben. In diesem Fall hätten sie im Dschungel Waffengebrauch und Sprengstoffhandhabung erlernen können.
Das Verhalten am Tatort deute jedenfalls "auf eine gewisse Professionalität und Ruhe" hin, die ohne Training kaum erklärbar sei. Sie seien zudem sehr gezielt vorgegangen.
Das ist eine Gelassenheit und Professionalität, die es eigentlich ohne Ausbildung nicht gibt.
Hans-Jakob Schindler, Terrorismusexperte
Ahmed Al Ahmed hat einen der beiden Angreifer von Sydney überwältigt. "Mein Sohn hat den Drang, Menschen zu beschützen", sagte sein Vater Mohamed Al Ahmed dem Sender ABC.
15.12.2025 | 1:05 min... zur Organisationsstruktur des IS
Schon 2017 habe die Terrororganisation entschieden, keine großen zentral gesteuerten Anschläge mehr im Ausland zu planen, sondern auf ein loses Netzwerk aus Ablegern zu setzen.
Dazu gehörten heute die "IS-Sahel-Provinz" in Mali und Burkina Faso, Einheiten in Somalia, Afghanistan und Südostasien. Die Lage in Afrika habe sich verschärft: "Weite Teile von Burkina Faso und Mali stehen mittlerweile unter physischer Kontrolle des IS-Ablegers", warnt Schindler. Der Rückzug internationaler Truppen und der Eingriff der russischen Wagner-Gruppe hätten die Situation verschlimmert.
... zu der Bedeutung für Europa
Auch in Europa sieht Schindler keinen sicheren Rückzugsort. Die Bedrohung für Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte oder religiöse Feste sei unverändert hoch. Der Experte betonte, dass der IS aktuell vom Nahost-Konflikt profitiere. Hinzu komme, dass soziale Medien heute weniger effektiv moderiert würden als noch vor zwei Jahren - eine Entwicklung, die Radikalisierung begünstige.
Leider muss man feststellen, dass die Qualität der Moderation terroristischer Inhalte bei allen globalen Plattformen in den letzten zwölf Monaten wirklich signifikant zurückgegangen ist.
Hans-Jakob Schindler, Terrorismusexperte
Bei einem Angriff am Bondi Beach in Sydney hat es 16 Tote gegeben, darunter ein Angreifer. Die Polizei geht von einem antisemitischen Terrorakt am Tag des Chanukka-Fests aus.
15.12.2025 | 1:38 min... dazu, was es braucht, um Anschläge zu verhindern
Um Anschläge im Vorfeld verhindern zu können, brauche es laut Schindler bessere rechtliche und technische Grundlagen. Neben Islamisten müssten sie auch Rechtsextreme, Reichsbürger und Verschwörungsideologen überwachen. Die Sicherheitsbehörden stünden damit vor einem "Ressourcenproblem", sagte er. Ohne engere Kooperation mit Social-Media-Plattformen bleibe die Prävention schwierig. Schindler fordert:
Es muss rechtlich verpflichtend sein, dass diese sozialen Medienplattformen ihre Inhalte, die sie ohnehin schon aus kommerziellen Gründen jede Millisekunde analysieren, diese Analyse zu nutzen, um Warnhinweise abzugeben, wenn sich jemand nicht nur mit Ideologien beschäftigt oder Fantasien im Internet teilt, Gewaltfantasien teilt, sondern in Richtung offline Gewalt hin radikalisiert.
Hans-Jakob Schindler, Terrorismusexperte
Das Interview hat David Metzmacher ausgewertet.
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