Die neue Kreml-Kommunikation:Warum Putin kommunikativ in die Offensive geht
von Sebastian Ehm
Fast überschwänglich loben russische Politiker die Zusammenarbeit mit den USA und auch Wladimir Putin ist dieser Tage omnipräsent. Zum Leidwesen Europas und der Ukraine.
Die Ukraine-Gespräche zwischen Russlands Präsidenten Putin und US-Vertretern Anfang Dezember haben offenbar keinen Durchbruch gebracht. Trotzdem offenbaren sie einen Kursänderung: Putin sucht die Nähe zur USA - und findet sie.
03.12.2025 | 3:37 minRussland befindet sich nicht nur auf den Schlachtfeldern in der Ukraine in der Offensive, sondern auch in den Kommunikationskammern der internationalen Politik. Auffällig viel und oft äußern sich derzeit relevante russische Akteure auf allen verfügbaren Kanälen.
Da ist beispielsweise Kirill Dmitriew. Bis ins Jahr 2025 ein unauffälliger Mann im System Putin. Ein Investment-Banker, der in den USA ausgebildet wurde und dort in führenden Geldhäusern gearbeitet hatte. Eigentlich leitet Dmitriew den russischen Staatsfonds und hat mit internationaler Diplomatie nicht viel am Hut.
Doch in den sogenannten Friedensverhandlungen tritt er nun als Verhandler auf - und bildet damit den Gegenpart zum ebenfalls nicht in der Diplomatie ausgebildeten Duo Kushner/Witkoff.
Erst ließ Kreml-Chef Putin die US-Delegation Stunden warten, dann zogen sich die Gespräche in Moskau bis spät in die Nacht. Am Ende reisten Witkoff und Kushner vergangene Woche ohne Ergebnisse ab.
05.12.2025 | 2:25 minDmitriew und Uschakow schmeicheln USA
Seit Anfang Oktober veröffentlicht Dmitriew auf der Plattform X jeden Tag mehrere Beiträge, die die Zusammenarbeit der USA und Russland loben. Auch die von X-Chef Elon Musk verbreitete Wut auf die Europäische Union teilt Dmitriew genüsslich und wird nicht müde, bei jeder sich bietenden Gelegenheit Richtung Brüssel zu schießen.
Kirill Dmitriew teilte den Post von Musk: "Schafft die EU ab"
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Auch der außenpolitische Berater Wladimir Putins, Juri Uschakow, meldet sich vergleichsweise häufig zu Wort, um die USA zu loben. Für Margarete Klein von der Stiftung Wissenschaft und Politik kommt dieses Vorgehen nicht überraschend:
Die Inszenierung der Nähe zwischen Dmitriew, Uschakow auf der einen und Kushner, Witkoff und Musk auf deren Seite dient dazu, die Europäer massiv einzuschüchtern und sie auf diese Weise dazu zu bringen, russischen Maximalforderungen zuzustimmen.
Margarete Klein, Stiftung Wissenschaft und Politik
Russische Strategie scheint aufzugehen
Es gehe auch darum, ideologische Anknüpfungspunkte mit Tech-Oligarchen wie Musk zu festigen, die der Trump-Administration nahestehen, um auf diese Weise Entscheidungen mitzuprägen. Schaut man sich an, wie die amerikanische Seite derzeit gegen die EU schießt, liegt der Verdacht nahe, dass die russische Strategie aufgeht.
Mit ihrer neuen Sicherheitsstrategie erhöhen die USA den Druck auf Europa. Migrationsforscher Gerald Knaus sieht darin eine Gefahr für die Stabilität der Demokratien.
08.12.2025 | 6:09 minMoskau lobt neue US-Sicherheitsstrategie
Als in Washington die neue Sicherheitsstrategie veröffentlicht wurde, in der zu lesen war, dass die Nato nicht mehr erweitert werden solle, konnte man in Moskau sein Glück vermutlich kaum fassen. Zwar ist auch im Westen seit einiger Zeit klar, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine in naher Zukunft höchst unrealistisch ist.
Aber dass die militärische Führungsmacht des Westens eines der wichtigsten Ziele des Kreml schwarz auf weiß als Faktum veröffentlicht, ist in der jüngeren Geschichte beispiellos. Putins Sprecher Dmitri Peskow erklärte wenig später:
Die Anpassungen, die wir sehen, entsprechen weitgehend unserer Vision.
Dmitri Peskow, Pressesprecher von Putin
Ein Satz, der zu Zeiten der Biden-Administration und zu Beginn des Ukraine-Kriegs vollkommen undenkbar gewesen wäre.
Putin allgegenwärtig
Während die USA und Russland Europa in die Zange nehmen, jagt Wladimir Putin von einem Auftritt zum nächsten und gibt dazwischen zahlreiche Interviews. Der Kreml-Herrscher dürfte sich dieser Tage seiner Sache so sicher sein wie selten zuvor. Er will sich den gesamten Donbass einverleiben. Mindestens.
Wird die umkämpfte Stadt Pokrowsk wirklich von den Russen kontrolliert? Welche Rolle spielen Drohnen im Krieg? Der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj exklusiv im Interview.
04.12.2025 | 18:26 minKurz vor dem Treffen mit Witkoff gerierte er sich als erfolgreicher Feldherr in Uniform und ließ sich die Einnahme der lange umkämpften Stadt Pokrowsk verkünden. Gleichzeitig betonte er aber auch, dass der von ihm begonnene Krieg eine Tragödie für die ukrainische Bevölkerung sei. Für Putin kein Paradoxon.
Putin: "Europa ist Kriegstreiber"
Er folgt seinem Narrativ seit mittlerweile fast vier Jahren. Die Staaten Europas seien Kriegstreiber, die man notfalls auch bekämpfen werde. Russland verteidige sich bloß gegen die Feinde von außen. Es sehe keinen Grund, klein beizugeben.
Die Beendigung des Krieges entlang der russischen Maximalforderungen soll als einzige rationale Entscheidung erscheinen, die die Ukraine vor noch Schlimmeren bewahrt.
Margarete Klein, Stiftung Wissenschaft und Politik
Bislang stellen sich Europa und Kiew noch gegen Moskau und Washington. Doch die alles entscheidende Frage ist, wie lange noch.
Sebastian Ehm ist ZDF-Korrespondent für Russland, Zentralasien und den Kaukasus.
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