Experte zu Gas-Importstopp:"Schlüssel für russisches Gas liegt in Brüssel"
Kein Gas mehr aus Russland: Das hat die EU beschlossen. Die Kontrolle liegt damit in Brüssel und nicht mehr bei einzelnen Ländern. Ein Experte bei ZDFheute live über die Folgen.
Die EU will bis 2027 kein Gas mehr aus Russland beziehen. Brüssel will damit unabhängig werden. Aber es gibt Ausnahmen. ZDFheute live analysiert die Folgen der EU-Entscheidung.
03.12.2025 | 17:21 minDie Europäische Union hat einen schrittweisen Ausstieg aus russischen Erdgas-Importen bis Ende 2027 beschlossen. Die EU will damit knapp vier Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bei der Energieversorgung unabhängig von Russland werden.
Bei ZDFheute live spricht Energieexperte Georg Zachmann über die Folgen - für die EU und für Russland.
Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Energieexperte Georg Zachmann auf die Frage …
… warum die Umsetzung noch bis 2027 dauern wird
Technisch und wirtschaftlich wäre es möglich gewesen, diesen Ausstieg schneller zu bewältigen, sagt der Energieexperte. Der Markt werde in den nächsten Jahren gut versorgt sein, auch weil die Amerikaner neue Gasterminals in Betrieb genommen haben.
Die Einigung heute sieht Zachmann als politischen Kompromiss an. Bislang sei es nicht möglich gewesen, in der Europäischen Union eine Einigkeit darüber zu erzielen. Denn die EU-Länder sind unterschiedlich stark von russischem Gas abhängig. Auch Deutschland habe sich lange "quergestellt", Sanktionen gegen russisches Gas einzuführen.
Vertreter der EU-Regierungen und des Europaparlaments haben sich darauf geeinigt, auf russisches Gas zu verzichten. Bis spätestens Ende 2027 soll kein russisches Gas mehr fließen.
03.12.2025 | 1:01 minDas Wichtigste sei, dass mit der Entscheidung auch klare Regeln für einen Ausstieg bis 2027 gefunden worden seien.
Da hat man sich schon viel Mühe gegeben, jede Art von Schlupfloch zu verhindern.
Georg Zachmann, Energieexperte
Dass so verhindert werden könne, die Europäische Union zu spalten, sei der wichtigste Erfolg.
... welche Folgen die Regelung für Deutschland und für Russland hat
Der Gaspreis auf dem europäischen Markt werde seit mehr als einem Jahr fast nur noch durch den Preis von LNG, also verflüssigtem Erdgas, gesetzt. Steige da der globale Preis, steige auch der deutsche.
Wenn die über LNG-Terminals importierten Mengen nun etwas größer werden, weil sie auch die Slowakei und Ungarn versorgen, werde das auf dem Weltmarkt keine großen Verwerfungen auslösen. "Das heißt, die Preise in Deutschland werden sich damit eigentlich kaum oder eigentlich nicht bewegen", so Zachmann.
Während die Gespräche zwischen US-Delegation und Russland laut Kreml stagnieren, sucht die EU nach Finanzquellen für die Ukraine-Unterstützung. Isabelle Schaefers berichtet.
03.12.2025 | 1:04 minDagegen dürften die Preise in der Slowakei und in Ungarn leicht steigen. Das liege an den Transitgebühren, die beide Länder in der Vergangenheit kaum zahlen mussten und die nun aber anfielen - für die langen Strecken von Deutschland in die Slowakei beziehungsweise nach Ungarn.
Russland verdiene aktuell - grob geschätzt - zehn Milliarden Euro durch den Verkauf von Gas an europäische Länder. Das sei weniger als ein Prozent des russischen Bruttosozialprodukts.
Dennoch seien zehn Milliarden Euro nicht unbedeutend für den Krieg gegen die Ukraine. Man könne dafür eine ganze Reihe von Söldnern anwerben und Waffen produzieren oder importieren. Die russische Wirtschaft sei fast vollständig auf Kriegswirtschaft umgestellt. Russlands Präsident Wladimir Putin setze alles eingenommene Geld direkt oder indirekt für den Krieg ein.
... welche Ausnahmen es geben wird
Die größte Gefahr sei, dass Russland anfange, einzelne Mitgliedsstaaten in der EU mit billigem Gas zu kaufen und diese aus der europäischen Einigkeit herauszubrechen.
Deshalb sei es umso wichtiger, dass durch diesen Beschluss der Schlüssel für russisches Gas auch in der Zukunft in Brüssel liege und nicht einzelne Mitgliedsstaaten gegen den Willen der anderen Geschäfte mit Russland betreiben könnten.
Um den Druck auf Russland zu erhöhen, kündigen Deutschland und andere NATO-Länder den Kauf weiterer US-Waffen an. Die EU sucht weitere Geldquellen, um die Ukraine zu unterstützen.
03.12.2025 | 1:53 minBislang sei es der Europäischen Union nicht gelungen, eine gemeinsame Linie beim Ausstieg aus russischem Gas zu finden. Manche Länder würden weiterhin deutlich mehr russisches Gas beziehen.
Vor allem die Pipeline-abhängigen Staaten Ungarn und die Slowakei befürchten, dass sie den Wegfall des russischen Gases nur schwer ersetzen könnten. "Und deswegen können sie sich einer europäischen Einigung widersetzen, die zu einem Ausstieg aus russischem Gas geführt hat", so der Experte.
Das Interview führte Carsten Rüger bei ZDFheute live, zusammengefasst haben es Ziyad Farman und Thomas Gonsior.
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