Norbert Röttgen: Keine deutschen Bodentruppen im Ukraine-Krieg

Interview

Debatte über Europas Rolle:Röttgen: Deutsche Bodentruppen in Ukraine nicht realistisch

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Außenpolitiker Norbert Röttgen erkennt im "Friedensplan" Donald Trumps eine Abkehr von den europäischen Partnern. Es brauche Mut, endlich notwendige Entscheidungen zu treffen.

US-Außenminister Marco Rubio (links) spricht während eines Treffens mit ukrainischen Beamten unter der Leitung des Sekretärs des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Rustem Umerov.

Die USA führen Friedensgespräche mit der Ukraine. Demnächst soll es auch Gespräche in Moskau geben. Ines Trams über Europas Einfluss bei den Verhandlungen.

01.12.2025 | 4:50 min

Der Außenpolitiker Norbert Röttgen (CDU) warnt vor einer Zäsur: Der US-"Friedensplan", den viele als Kapitulation für die Ukraine und als Deal für Donald Trumps Geschäftspartner sehen, zeige, wie weit die USA sich abwenden würden. Das Interview im Wortlaut:

ZDFheute: Inwiefern erlebt Europa gerade einen Schicksalsmoment? Sie haben es "zweite Zeitenwende" genannt.

Norbert Röttgen: Die Zeitenwende I ist die, als Russland den Krieg nach Europa zurückbrachte. Die Zeitenwende II besteht darin, dass unser alter Verbündeter seit 80 Jahren, engster, wichtigster Verbündeter USA, sich nun in der andauernden Zeit des Krieges auf die Seite des russischen Aggressors und Kriegsführers Wladimir Putin gestellt hat, gegen die Sicherheit und Souveränität nicht nur der Ukraine, sondern auch Europas.

US-Außenminister Marco Rubio (Mitte links), flankiert von Steve Witkoff und Jared Kushner, Sonderbeauftragte des Weißen Hauses, spricht während eines Treffens mit ukrainischen Beamten unter der Leitung von Rustem Umerov (Mitte rechts) in Hallandale Beach, Florida, am 30. November 2025.

Russland fliegt weiter heftige Angriffe auf die Ukraine. Währenddessen beraten in Florida eine ukrainische und amerikanische Verhandlungsdelegation. Wie nah ist der Frieden?

30.11.2025 | 2:02 min

ZDFheute: Wussten wir das nicht bereits zuvor?

Röttgen: Es ist noch mal ein ganz neuer Schritt, sich jetzt dann auf die Seite des Kriegsführers zu schlagen, praktisch alle Forderungen zu erfüllen, weitere Gebietsabgaben, völlige Unabhängigkeit vom Völkerrecht, völlige Straflosigkeit für jedes Verbrechen. Und dann auch noch selber daran verdienen wollen, indem die russischen Staatsvermögen nun für amerikanische Investoren bereitstehen sollen mit 50-prozentiger Profitgarantie.

Und da geht es nicht um den amerikanischen Staat, sondern Trump hat ganz konkrete Personen im Blick, die daran verdienen sollen. (…) Sichtbar wird seine Bereitschaft, nicht nur die Ukraine, sondern auch Europa für die eigenen Finanzinteressen zu verkaufen.

Schaltgespräch mit ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen

In Florida wird weiterhin um den Friedensplan für die Ukraine gerungen. Was ist von dem Gespräch zu erwarten? ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen analysiert.

30.11.2025 | 1:19 min

ZDFheute: Deutschland und Europa sind in diese Gespräche kaum eingebunden, wie groß ist unser Bedeutungsverlust?

Röttgen: Wir entscheiden ganz wesentlich am 18. und 19. Dezember im Europäischen Rat: Wenn die Europäer dort das eingefrorene russische Staatsvermögen nicht nutzen, um es als Kredit an die Ukraine zu geben, wenn wir das nicht täten, dann würden wir uns tatsächlich bedeutungslos machen. Ich wüsste nicht, was wir dann noch wirklich einzubringen hätten. Wenn wir das aber täten, würden wir demonstrieren, unseren Willen und uns selbst zu behaupten.

Sonderbeauftragter Steve Witkoff (links), Außenminister Marco Rubio (Mitte) und Jared Kushner nehmen am Sonntag an einem Treffen mit ukrainischen Beamten teil.

Die USA beraten in Florida mit der Ukraine über den umstrittenen Friedensplan. US-Vertreter reisen kommende Woche nach Moskau.

30.11.2025 | 1:21 min

ZDFheute: Was hat uns bislang davon abgehalten, "erwachsen" zu werden, beispielsweise Taurus zu liefern oder die russischen Vermögen früher zu nutzen?

Röttgen: Bequemlichkeit. Das erfordert Courage. Wir sind auch gar nicht daran gewöhnt, Risikoentscheidungen zu treffen. Wir haben immer ganz schnell Angst. Einer, der diese Angst auf Hunderte von Kilometern, Tausende von Kilometern riecht, ist Putin.

Und es gibt ganz viele deutsche Politiker, die sich dann auch noch benutzen lassen als Vehikel von russischen Angstkampagnen.

Ein Bagger beseitigt Trümmer nach einem russischen Angriff auf ein neunstöckiges Wohngebäude in der Stadt Wyschhorod in der Region Kiew

Der US-Plan für die Ukraine bleibt strittig. Vertreter beider Länder verhandeln in Florida weiter, während Russland mit neuen Angriffen jede Annäherung erschwert.

30.11.2025 | 1:21 min

ZDFheute: Sie sagen, die Sicherheitsgarantien der USA für die Ukraine sind nichts mehr wert. Zu was sind wir denn bereit - Bodentruppen?

Röttgen: Erwachsen sein heißt, realistisch zu sein und zu wissen, was man kann, was ein Land kann, was eine Gesellschaft kann und will, und nicht Träumen nachzujagen und zu glauben, wir Europäer, etwa wir Deutschen, unsere Bundeswehr könnten für die Sicherheit des flächenmäßig zweitgrößten Landes Europas einstehen und würden in einem nächsten Krieg dann in den Krieg ziehen.

Da ist meine Auffassung, dass das nicht realistisch ist. Und wir sollten realistisch sein, denn leere Versprechungen hat die Ukraine genug gehabt.

Norbert Röttgen

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US-Außenminister Rubio steht "möglicherweise als einziger an der Seite der Ukraine", sagt ZDF-Korrespondent Theveßen zu den Gesprächen zwischen den USA und der Ukraine in Florida.

30.11.2025 | 2:55 min

ZDFheute: Bislang haben die Europäer viel Energie darauf verwendet, Trump im Boot, an der Seite zu halten. Trägt das noch ?

Röttgen: Wir haben bislang richtigerweise versucht, Trump so nah an den europäischen Interessen, am oder im europäischen Boot zu halten, wie nur möglich. Und das war richtig. Wir sehen nur jetzt eine Entscheidung der USA, die in dieser entscheidenden Frage das europäische Boot verlassen haben und sich gegen unsere Interessen gewandt haben.

Und darum ist dieser bisherige Ansatz aus meiner Sicht gescheitert. Und wir sollten ihn nicht weiter verfolgen, weil er unrealistisch ist.

Das Interview führte Ines Trams, Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.

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Über dieses Thema berichtete Berlin direkt am 30.11.2025 ab 19:10 Uhr.   

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