Ukraine, Wirtschaft, Agenten: Putins PK-Aussagen im Faktencheck

Faktencheck

Ukraine, Wirtschaft, Auslands-Agenten:Drei Aussagen von Putins Pressekonferenz im Faktencheck

von Katja Belousova und Oliver Klein

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Mehr als vier Stunden Redezeit, große Behauptungen: Bei Putins Jahres-Pressekonferenz ging es um Wirtschaft, Krieg und Innenpolitik. Doch wie haltbar sind seine Aussagen?

Der russische Präsident Wladimir Putin hält seine jährliche Pressekonferenz zum Jahresende am 19. Dezember 2025 in Moskau ab.

Bei seiner jährlichen Pressekonferenz kurz vor Weihnachten beantwortete Russlands Präsident Putin Fragen von Journalisten und Bürgern.

19.12.2025 | 2:04 min

Knapp viereinhalb Stunden lang dauerte die Jahres-Pressekonferenz von Russlands Präsident Wladimir Putin. Zahlreiche Themen standen auf der Agenda - von der Wirtschaftspolitik über das russische Vorgehen gegen Organisationen im eigenen Land bis hin zum Krieg in der Ukraine. ZDFheute hat drei Aussagen Putins unter die Lupe genommen.

Putin lobt sinkende Inflation - aber wie geht es Russlands Wirtschaft?

Russlands Wirtschaft war ein zentrales Thema der Pressekonferenz. Putin sprach davon, dass Russland in diesem Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von etwa einem Prozent erwarte. In den vergangenen drei Jahren seien es zusammengerechnet sogar 9,7 Prozent gewesen. Auch Russlands sinkende Inflation lobte Putin.

Errechnet man aus den BIP-Wachstumsraten der Jahre 2023 (4,1 Prozent) und 2024 (4,3 Prozent) sowie der Prognose für 2025 von etwa 1 Prozent das Gesamtwachstum, kommt man tatsächlich auf Putins Wert von rund 9,7 Prozent Wachstum. Aber die Zahlen offenbaren auch: Russlands Wirtschaft wächst in diesem Jahr erheblich langsamer. Bereits im Sommer warnte der russische Wirtschaftsminister vor einer Rezession.

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Diese sagt auch die Weltbank in einer Analyse aus dem Oktober voraus: "Mittelfristig wird ein weiterer Rückgang des Wachstums prognostiziert", heißt es darin. Die Verlangsamung der Wirtschaft würde sich auch in einer sinkenden Gesamtnachfrage widerspiegeln.

Infolgedessen begann die Inflation zu sinken, liegt jedoch weiterhin deutlich über dem Zielwert der Zentralbank.

Weltbank über Inflation in Russland

Die Zielmarke der russischen Zentralbank liegt bei vier Prozent - aktuell verzeichnet Russland eine Inflation von etwa 6,6 Prozent.

Putin: "Nicht wir haben diesen Krieg angefangen"

Putin gibt dem "Regime in Kiew" die Schuld für seinen Krieg gegen die Ukraine. Wörtlich sagte er:

Wir waren gezwungen, Streitkräfte einzusetzen, um den Krieg zu beenden, der vom Regime in Kiew begonnen worden war.

Wladimir Putin, Russlands Präsident

"Wir fühlen uns nicht verantwortlich für den Tod von Menschen, denn nicht wir haben den Krieg begonnen", behauptete Putin. Schuld seien die "Kampfhandlungen durch die Anführer des Kiewer Regimes" gegen die eigenen Bürger im Südosten der Ukraine.

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Die Vereinten Nationen sehen jedoch Russland völkerrechtlich als Aggressor und bewerten den Angriff als Verletzung der territorialen Integrität und der Souveränität der Ukraine. Er verstößt gegen die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen.

Zudem werfen unabhängige UN-Berichte Russland gezielte Angriffe auf Zivilisten und zahlreiche Kriegsverbrechen vor. 2023 wurden Haftbefehle gegen Putin und seinen ehemaligen Verteidigungsminister Sergej Schoigu erlassen.

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Keine Repressionen gegen politische Organisationen?

Auf eine Frage des BBC-Korrespondenten Steve Rosenberg zu einem umstrittenen russischen Gesetz zur Einstufung von Organisationen als "ausländische Agenten" antwortete Putin: "Unser Gesetz verlangt nur eines: Wenn Sie politisch aktiv sind, müssen Sie Ihre Finanzierungsquellen offenlegen. Wir üben keine Repressionen aus und leiten keine Strafverfolgung ein."

Hintergrund: In Russland gilt seit 2012 das sogenannte "Ausländische-Agenten-Gesetz". Wer aus Sicht russischer Behörden aus dem Ausland finanziert oder beeinflusst wird, landet schnell auf einer vom Justizministerium geführten Liste und wird als "ausländischer Agent" gebrandmarkt.

Re: Russland - Bürger als Staatsfeinde

Rund 1.000 Russinnen und Russen wurden vom Regime als sogenannte "ausländische Agenten" gebrandmarkt. Es reicht schon, sich gegen den Krieg auszusprechen, für die Meinungsfreiheit zu kämpfen oder Wahlbetrug zu entlarven. Woraus schöpfen die Menschen die Kraft, weiterzumachen?

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Das betrifft derzeit fast 1.000 Organisationen oder Personen in Russland. Das Gesetz wurde mehrfach verschärft, inzwischen können die Betroffenen in Russland kaum noch Geld verdienen, auch das passive Wahlrecht wird ihnen entzogen, was Oppositionsarbeit lahmlegt.

Putins Aussage, dass keine Repressionen drohen, deckt sich nicht mit den Erfahrungen dieser Menschen und Organisationen. Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist die Menschenrechtsorganisation Memorial. Sie sah die sich jahrelang dem Druck von Behörden, Durchsuchungen und willkürlicher Justiz ausgesetzt, bis sie 2021 zwangsaufgelöst wurde. Viele ihrer Mitglieder flohen ins ausländische Exil.

Büroschild der Menschenrechtsorganisation

Memorial war die älteste Menschenrechtsorganisation Russlands. Das ZDF berichtete 2021 über das damals noch nicht vollzogene Verbot.

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Auch Oppositionelle oder bekannte Menschen, die gegen den Krieg protestieren, werden mithilfe dieses Gesetzes verfolgt und als ausländische Agenten gebrandmarkt - und zum Teil auch ins Gefängnis gesteckt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bewertete das Gesetz als einen Verstoß gegen Menschenrechte. Mit ihm werde demnach nicht, wie von Moskau behauptet, die nationale Sicherheit geschützt; stattdessen diene es der Einschüchterung und Bestrafung. Geklagt hatten über 100 Nichtregierungsorganisationen (NGOs), darunter auch Memorial.

Quelle: mit Material von dpa
Über dieses Thema berichtete das gemeinsame Mittagsmagazin von ARD und ZDF am 19.12.2025 ab 12:00 Uhr.

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