Jahres-Pressekonferenz im Kreml:Putins Botschaften an die Welt
von Sebastian Ehm
Putin nutzt seine traditionelle Pressekonferenz zum Jahresende, um Botschaften nach innen und nach außen zu senden. Der Ukraine schiebt der Präsident dabei die Schuld am Krieg zu.
Einmal im Jahr beantwortet Wladimir Putin im russischen Fernsehen Fragen der Zuschauer. In der Propaganda-Show lobte sich der russische Präsident selbst und kritisiert die Europäer.
19.12.2025 | 1:45 minModeratorin Jekaterina Beresowskaja kündigt ihn an wie einen Zaren. Hier ist er, auf den alle gewartet haben: Wladimir Wladimirowitsch Putin. Betont entspannt gibt sich der Präsident bei seiner Ankunft auf der großen Bühne.
Auf einem gigantischen Bildschirm im Hintergrund sind die Umrisse Russlands zu erkennen. Inklusive Krim und der vier ukrainischen Oblaste Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson, die Russland völkerrechtswidrig annektiert hat.
Es ist Putins 22. Jahres-Pressekonferenz. Traditionell findet sie am Ende des Jahres statt und traditionell dauert sie mehr als vier Stunden. Stolz präsentiert die Regie des perfekt inszenierten Events die Zahl 2,7 Millionen. So viele Fragen sollen von den Bürgern Russlands an den Präsidenten geschickt worden sein. Doch es geht bei dem Ganzen weniger um die Belange der Russen als vielmehr um den Präsidenten selbst und seine Botschaften für die Welt.
"Insgesamt ist es eine Inszenierung der Selbstsicherheit", so ZDF-Korrespondent Armin Coerper über Putins Pressekonferenz.
19.12.2025 | 1:30 minHauptthema ist der Krieg in der Ukraine
Detailliert und länglich antwortet Putin auf einige Themenkomplexe. Vergangenes Jahr nahm er sich gleich am Anfang viel Zeit für Wirtschaftsfragen, um dem Vorwurf zu begegnen, Russlands Wirtschaft schlittere in eine schwere Krise.
Dieses Jahr spricht der Präsident gleich zu Beginn über den Krieg in der Ukraine und wirft Kiew sofort vor, für den Beginn des Krieges verantwortlich zu sein.
Und jetzt verweigern sie de facto, den Konflikt auf friedliche Weise zu beenden. Wir sind dafür bereit - wenn die Grundursachen des Konflikts beseitigt werden.
Wladimir Putin, russischer Präsident
Von konkreter Kompromissbereitschaft aber keine Spur. Detailliert beschreibt Putin die Lage an der Front und gibt sich als informierter Feldherr, der sogar über den Zustand einzelner Bataillone Bescheid weiß.
Der Ukraine gelingt es punktuell, Erfolge zu erzielen, wie bei Kupjansk. Die Befestigungsanlagen der Ukraine sind aber nicht mehr gut ausgebaut, analysiert Oberst Markus Reisner bei ZDFheute live.
18.12.2025 | 19:12 minPutin zufrieden mit Lage an der Front
Er will dem Vorwurf entgegentreten, der ihm nach Selenskyjs Video in Kupjansk gemacht wurde: Putin werde von seiner Armee nur unzureichend informiert und wisse nicht, dass die Stadt von der Ukraine zurückerobert wurde.
Putins Botschaft: Er hat alles unter Kontrolle und seine Streitkräfte können noch sehr lange kämpfen: "Unsere Streitkräfte sind im Vormarsch. Mal geschieht es langsamer, mal schneller - aber: der Feind zieht sich in allen Frontbereichen zurück."
Auch das ist eine Botschaft Richtung Westen. Es gebe keine andere Alternative als Russlands Maximalforderungen im sogenannten Friedensprozess zu akzeptieren. Hier geht es Putin vor allem um den Donbass.
Botschaften nach innen
Bemerkenswert ist auch ein Gespräch Putins und der Moderatoren mit einem Soldaten aus der autonomen Republik Kalmückien. Dieser habe als LKW-Fahrer in diesem Krieg angefangen und befehlige jetzt 150 Männer. Putin gibt sich beeindruckt.
Russland braucht Soldaten. Es ist deshalb die bis dato größte jährliche Herbsteinberufung: In Russland haben 135.000 junge Männer ihren Wehrdienst antreten müssen.
03.10.2025 | 2:23 minEs ist eine Botschaft nach innen: Es lohnt sich, in der Ukraine zu kämpfen. Hier könne man Karriere machen und gutes Geld verdienen. In den vergangenen Wochen wurde immer wieder über Mobilisierungsprobleme Russlands berichtet.
Putin sieht sich nicht für den Krieg verantwortlich
Im Hinblick auf einen möglichen Frieden erteilt Putin jeder Forderung eine Absage, dass Russland Zugeständnisse bei Reparationszahlungen oder der Schuldfrage machen solle. Russland sei weder verantwortlich für Zerstörungen in der Ukraine noch für die vielen tausend Toten.
Nicht wir haben den Krieg begonnen. Dieser Krieg ist nach dem Staatsstreich in der Ukraine, nach dem verfassungsfeindlichen Umsturz 2014 und nach Beginn der Kampfhandlungen durch die Anführer des Kiewer Regimes gegen die eigenen Bürger im Südosten der Ukraine begonnen worden.
Wladimir Putin, russischer Präsident
Europa als Hauptgegner identifiziert
Europa rüste sich für einen Krieg gegen Russland, so Putin. Schon Ende des Jahrzehnts könne es soweit sein. Der russische Präsident nimmt die europäische Sorge vor einem russischen Angriff und dreht sie um. Um 180 Grad.
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben der Ukraine für die Jahre 2026 und 2027 eine Finanzierung über 90 Milliarden Euro zugesagt. "Das war ein langer Kampf der EU", so ZDF-Korrespondent Ulf Röller.
19.12.2025 | 1:24 minEr hat Europa als Hauptgegner ausgemacht. Man könne zusammen eigentlich viel erreichen, mahnt Putin. Doch Europa wolle die Fehler der Vergangenheit vertuschen und agiere deshalb aggressiv.
Häme für Brüssel
Mit Häme reagiert er darauf, dass das russische, in Europa lagernde Vermögen vorerst doch nicht für die Ukraine eingesetzt wird. Ein Raub wäre das gewesen, so Putin. "Warum hat der Raub nicht geklappt? Weil die Konsequenzen für die Räuber so groß gewesen wären."
Von den großen Problemen der russischen Wirtschaft ist kaum die Rede. Der Präsident genießt ganz offensichtlich die große Bühne - nach einem Jahr, das, so sieht er es wohl, für Russland ziemlich gut gelaufen ist. Nach vier Stunden und 21 Minuten ist die Show vorbei.
Sebastian Ehm berichtet als Korrespondent über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.
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