Putin stärkt Einfluss in Afrika: Russlands Macht in Sahel

Putins Griff nach Afrika:Moskaus Einfluss in der Sahelzone

von Sira Thierij
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Russland baut seine Präsenz in der Sahelzone strategisch aus. Die Region: Spielball globaler Machtinteressen, internationale Reporter sind nicht willkommen.

Wladimir Putin steht neben Burkina Fasos Staatschef Ibrahim Traoré

Während der Westen auf die Ukraine blickt, festigt Putin Russlands Einfluss in Afrika. Durch Militärhilfe, Rohstoffdeals und Propaganda gewinnt er neue Verbündete.

04.09.2025 | 29:31 min

Ein Radrennen im Herzen von Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos: Sportler aus aller Welt treten bei der mehrtägigen "Tour de Faso" gegeneinander an. Auch das russische Militär ist mit einem Team vertreten, angefeuert von der burkinischen Bevölkerung. "Russland, hurra!", ruft ein Mann im Putin-T-Shirt, während er Selfies mit einem Fahrer macht.

Über die Veranstaltung wachen Soldaten mit russischer Flagge auf ihrer Uniform. In voller Montur patrouillieren sie durch die Menge. Einer von ihnen steht dicht hinter Ibrahim Traoré, dem jungen Militärführer, der seit dem Staatsstreich 2022 an der Macht ist. Es geht bergauf in seinem Land, so zumindest die Nachricht ans jubelnde Volk.

Eine Landkarte der Sahel-Zone
Quelle: ZDF

Die Sahelzone beginnt am südlichen Rand der Sahara und bildet einen 400 bis 800 Kilometer breiten Übergang von Nord- zu Zentralafrika. Die Ost-West-Ausdehnung, von der Atlantikküste bis an den Nil, beträgt mehr als 5000 km. Die Region ist von Armut geprägt, gewaltsame Konflikte nehmen zu. Außerdem verschärft der Klimawandel die Lage der Menschen, immer häufiger leiden sie unter Extremwetterereignissen.


Burkina Faso: Wo russische Fahnen wehen

Tatsächlich ist in Burkina Faso nichts mehr wie früher. Die Franzosen hat der Militärführer aus dem Land gejagt: Damals verbrannten Demonstranten französische Flaggen, trugen Särge mit der Aufschrift "Macron" durch die Menge und opferten Hühner als Symbol für den Niedergang Frankreichs. Heute hängen russische Fahnen an den Kreisverkehren der Stadt. Russische Ärzte geben Erste-Hilfe-Kurse, Kinder lernen im "Freundschaftsunterricht" über Putin und russische Helden, bei Kulturfesten posieren Besucher mit Pappfiguren des Kremlchefs.

Entwicklungsministerin Schulze in Westafrika

Die Bundesentwicklungsministerin möchte das Land vom Westen überzeugen. Denn: Burkina Faso wendet sich zusehends Russland zu und gegen die einstige Kolonialmacht Frankreich.

06.03.2024 | 2:26 min

Russland füllt das Machtvakuum

Diese Szenen sind kein Zufall. Russland baut seinen Einfluss in der Sahelzone seit Jahren systematisch aus. Nachdem auch in Mali und Niger Militärregierungen die Macht übernommen haben und westliche Truppen und Unternehmen die Region verlassen mussten, entstand ein Machtvakuum, das Russland ausnutzt - als neuer Partner zur Machtsicherung der Junta mit einem gemeinsamen Gegner: dem Westen.

Die Sahelzone ist zu einem modernen Kalten Krieg zwischen Russland und dem Westen geworden.

Beverly Ochieng, Analystin CSIS /Center for Strategic and International Studies

Denn Moskau entsendet nicht nur Sportler und Fahnen, sondern auch Waffen, Ausbilder und Söldner. Wo vor Kurzem noch europäische Truppen stationiert waren, kämpfen in Mali jetzt hunderte Russen an der Seite der Armee gegen Dschihadisten. Doch die Sicherheitslage hat sich nicht verbessert.

Der Sahel ist heute das Epizentrum des globalen Terrorismus: Mehr als die Hälfte aller weltweiten Terroropfer stammen aus dieser Region. Millionen Menschen sind auf der Flucht - vor den Islamisten, den Folgen des Klimawandels und auch vor russischen Kämpfern. Geflüchtete in Mauretanien und Menschenrechtsorganisationen berichten immer wieder von getöteten Zivilisten durch russische Söldner.

Schulze möchte Burkina Faso vom Westen überzeugen

Da, wo sich westliche Staaten zurückzögen, gehe Russland rein, sagt Bundesentwicklungsministerin Schulze in Burkina Faso. Deutschland müsse zeigen, dass es der bessere Partner sei.

06.03.2024 | 4:23 min

Recherche unter gefährlichen Bedingungen

Als Journalistin lebe ich seit mehreren Jahren in Westafrika und wusste, wie riskant die Recherchen zur Doku "Putins Griff nach Afrika" sein würden. In Mali, Burkina Faso und Niger sind internationale Reporter nicht mehr willkommen.

Kritische Stimmen werden verhaftet oder an die Front geschickt. Seit Langem war kein internationales Filmteam mehr vor Ort. Deshalb bin ich alleine in den Sahel gereist, um möglichst unauffällig zu bleiben. Doch auch ich bekam die Repressionen zu spüren.

Eine Gruppe von Männern steht auf einer Straße. Zwei von ihnen halten Russland-Flaggen in den Händen.

Seit Jahren setzen die berüchtigten Wagner-Söldner russische Machtinteressen in Afrika durch. Mit der Zentralafrikanischen Republik hat die Gruppe bereits einen ganzen Staat gekapert.

26.11.2024 | 43:37 min

Am zweiten Tag meiner Recherche in Ouagadougou wurde ich von drei bewaffneten Männern in Zivil in ein Auto gezwungen. Stundenlang hielten sie mich fest, verhörten mich auf einem Feld und bedrohten mich mit einer Waffe. Niemand wusste, wo ich war. Erst nach Stunden kam ich frei.

Die Versuchung war riesig, sofort zurückzufliegen. Doch die Bedrohung für die Menschen vor Ort ist größer. Und sie haben dennoch den Mut, in unserer Doku zu erzählen, was in ihrem Land tatsächlich passiert. Sie riskieren ihr Leben, um hinter die Propaganda blicken zu lassen - und haben damit auch mir den Mut gegeben, weiterzumachen.

Sira Thierij sitzt auf dem Beifahrersitz und hält eine Kamera in der Hand.
Ein Auto fährt durch die Wüste.
Eine Gruppe junger Männer jubelt neben einer Russlandflagge.
Verkehr auf einer staubigen Straße.
Soldaten stehen vor einem Denkmal.
Ein Mann auf einem Motorrad hält eine Russlandflagge in der Hand.
Eine Frau posiert neben einer Figur von Wladimir Putin.
Eine Gruppe von Menschen sitzt auf der Ladefläche eines Autos.
Ein Soldat mit russicher Flagge auf dem Arm patroulliert.
Eine Person im Putin-Tshirt macht ein Selfie mit einem russischen Radfahrer.

Sira Thierij

Für Journalistinnen und Journalisten wie Sira Thierij ist die Arbeit in Burkina Faso hochgefährlich.

Quelle: ZDF

Ein Brennpunkt internationaler Interessen

Der Sahel mag weit entfernt erscheinen. Doch er ist ein geopolitischer Brennpunkt, an dem regionale Krisen und internationale Interessen aufeinandertreffen: Sicherheit, Migration, Rohstoffe, Klimakrise. Was hier geschieht, betrifft auch Europa unmittelbar.

Neue Partner gesucht
:Macron empört: Frankreichs Abzug aus Afrika

Jahrzehntelang war Frankreich in Westafrika militärisch präsent. Nun sollen die Truppen abziehen. Was bedeutet das für die Region und die internationale Ordnung?
von Veronica Habela, Nairobi
Ein kleiner Junge beobachtet einen französischen Soldaten auf Patrouille in Faya-Largeau im nördlichen Tschad.
mit Video

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