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Interview
Ex-Sicherheitsberater von Trump:Treffen für Putin "schon jetzt Propagandaerfolg"
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Trumps Treffen mit Putin sei ein Erfolg - allerdings für Russland, sagt John Bolton. Im Interview übt der frühere Sicherheitsberater des US-Präsidenten scharfe Kritik.
ZDFheute: Herr Bolton, US-Präsident Donald Trump inszeniert sich gerade als weltweiter Friedensstifter. Aserbaidschan und Armenien, Pakistan und Indien, Kongo und Ruanda und einige mehr - was treibt ihn an?
John Bolton: Schon in seiner ersten Amtszeit hat er oft darüber geklagt, dass Obama den Friedensnobelpreis bekommen, aber eigentlich nicht verdient habe. Trump ging leer aus. Aber das ist typisch Trump - er sieht, dass ein anderer etwas hat und dann will er es auch haben. Und irgendwie ist der Nobelpreis auf seinem Radar erschienen.
Trump will den Friedensnobelpreis.
John Bolton, früherer Sicherheitsberater von Donald Trump (2018 - 2019)
John Bolton war in Trumps erster Amstzeit dessen Sicherheitsberater. Heute ist der frühere US-Botschafter einer der schärfsten Kritiker des Präsidenten.
Quelle: imago images
ZDFheute: Und jetzt glaubt er tatsächlich, er könne Putin zu einem Friedensschluss bewegen?
Bolton: Ja, das glaubt er. Denn er ist überzeugt, dass zwischenstaatliche Beziehungen von den persönlichen Beziehungen ihrer Anführer abhängen. Er denkt, wenn er einen guten Draht zu Putin hat, dann haben auch die Vereinigten Staaten und Russland gute Beziehungen. Klar sind persönliche Beziehungen wichtig, aber wichtiger sind nationale Interessen. Und die wiederum verfolgt Putin, der das russische Reich wieder errichten will. Es ist jetzt schon ziemlich klar, dass er keine Zugeständnisse machen will.
ZDFheute: Wem nützt also dieser Gipfel?
Bolton: Schon jetzt hat Putin einen bedeutenden Propagandaerfolg erzielt. Ich meine, er ist der Chef eines Schurkenstaates, der die Ukraine ohne Provokation überfallen hat. Und der betritt nun amerikanischen Boden. Noch dazu amerikanischen Boden, der bis 1867 russisch war, als die USA Alaska kauften. Putin steht im Rampenlicht der Welt neben dem US-Präsidenten. Das ist eine erstaunliche Aufwertung, die ihn aus der weltweiten politischen Verbannung holen kann.
Trumps loyaler Freund und Milliardär Witkoff hat das Treffen vorbereitet
ZDFheute: Dieses Treffen wurde eingefädelt von Trumps Sondergesandtem Steven Witkoff, einem weiteren Immobilienkönig aus New York ohne Erfahrung in diplomatischen Dingen, der auch Gaza und Iran betreut. Wie kam der an diesen wichtigen Job?
Bolton: Erstens ist Witkoff ein enger persönlicher Freund von Trump, also kann er sich seiner Loyalität absolut sicher sein. Und Trump glaubt nun mal, dass man keine besonderen Kenntnisse haben muss, um international etwas zu bewirken. Er liest keine Unterlagen, er hört nicht zu, wenn man ihm etwas erklärt. Für ihn ist entscheidend, ob die Chemie stimmt. Wenn sie gut ist, dann erwartet er gute Resultate.
ZDFheute: Witkoff und Trump sind Milliardäre und seit 40 Jahren befreundet. Sie haben zusammen mit ihren Söhnen ein Kryptounternehmen gegründet, das Geschäfte macht, die beiden Familien zu enormen Gewinnen verhelfen - auch mit Staaten, mit denen der Präsident und sein Chefunterhändler beruflich zu tun haben.
Bolton: Trump ist mit einer Menge unbehelligt davongekommen. In seiner ersten Amtszeit habe ich keine Anzeichen von persönlicher Bereicherung, Vorteilsnahme, Ethikverstöße erkennen können. Ich glaube, ich hätte sowas bemerkt. Aber jetzt, in der zweiten Amtsperiode, da ist es offensichtlich und schamlos. Aber es scheint ihm bei seinen Wählern nicht zu schaden. Und auch der Kongress blieb weitgehend stumm. Man wird sehen, wie es weitergeht.
ZDFheute: Nochmal zurück zum Treffen in Alaska - glauben Sie daran, dass es einen Durchbruch für die Ukraine bringen könnte?
Bolton: Vor allem glaube ich, dass weder die Ukraine noch Russland bereit für einen Waffenstillstand sind. Ganz zu schweigen von einer Übereinkunft, die die Invasion beenden könnte. Trump hat gesagt, er könne in zwei Minuten erkennen, ob ein Deal möglich ist. Wenn er in diesen zwei Minuten eine Chance erkennt, die ihm den Nobelpreis einbringen könnte, dann wird er dranbleiben. Wenn nicht, dann wird er die ganze Sache wohl eher nicht weiter verfolgen.
Das Interview führte Gert Anhalt.
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