Pflegekräfte aus den Philippinen: Probleme durch die Abwanderung
Philippinische Fachkräfte:Pflege-Exodus: Von Manila nach Deutschland
von Elisabeth Schmidt
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Seit Jahren klagen deutsche Kliniken und Altersheime über Personalmangel. Immer mehr Pflegekräfte werden aktiv in den Philippinen angeworben.
Viele philippinische Pflegekräfte sind nach Deutschland ausgewandert. Hier verdienen sie oft das Zehnfache – und fehlen nun in ihrer Heimat.21.05.2025 | 6:46 min
Im Fabella-Krankenhaus in Manila kommen täglich an die hundert Kinder zur Welt. Es ist die größte Geburtsklinik der Philippinen. Dutzende Mütter und ihre Neugeborenen werden in einem großen Schlafsaal auf engstem Raum versorgt. Es ist laut, eine Katze schmiegt sich an ein Krankenhausbett, die Hygiene ist - vorsichtig gesagt - mitunter deutlich anders als in deutschen Kliniken.
Mittendrin: Sienna Uy. Sie ist eine der wenigen Pflegekräfte, die noch geblieben sind. "Auf unserer Station bräuchten wir vier Krankenschwestern, aber heute sind wir nur drei", erzählt die 47-Jährige. Weil die Pflegekräfte so erschöpft und müde seien, könne es leicht passieren, dass sie vergessen, einer Patientin ihre Medizin zu geben.
Die nächste Schicht fehlt komplett - fünf Schwestern abwesend. Ich muss jetzt 16 Stunden am Stück arbeiten.
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Sienna Uy, Krankenschwester Fabella-Klinik Manila
Deutschland hat einen Fachkräftemangel. Kliniken und Logistiker werben weltweit Personal an. 23.07.2024 | 28:39 min
Hälfte der philippinischen Pflegekräfte arbeitet im Ausland
Auf den Philippinen lebt jeder Siebte unterhalb der Armutsgrenze. Die Hälfte aller Pflegekräfte arbeitet bereits im Ausland. Auch Sienna Uy will ihre Heimat verlassen. Sie ist alleinerziehend, hat drei Kinder, denen sie ein gutes Leben ermöglichen will. Ihre Hoffnung: In Ländern wie Deutschland verdienen Krankenschwestern oft das Zehnfache.
Seit 2013 wirbt die deutsche Bundesagentur für Arbeit gezielt Pflegekräfte auf den Philippinen an, um sie nach Deutschland zu holen, wo sie bitter benötigt werden. Sie gelten als einfühlsam, fleißig und gut ausgebildet. Zurzeit arbeiten bereits knapp 13.000 philippinische Pflegekräfte in deutschen Krankenhäusern.
Personal ist in der klinischen Pflege knapp, Zeit sowieso. In einer Bonner Klinik zeigt sich: Was auf einer Station investiert wird, muss auf der anderen gespart werden.16.04.2025 | 2:45 min
Nötige Fähigkeiten werden vorab unterrichtet
Um das Anerkennungsverfahren kümmern sich deutsche Organisationen wie die "Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit" (GIZ), die mit den Universitäten im Ausland zusammenarbeiten. "Die deutschen Ausbilder fliegen auf die Philippinen, unterrichten Theorie und Praxis wie in Deutschland", erklärt Gian Galsim. Er leitet das Projekt "Triple Win" der GIZ. Hinzu kämen Deutschkurse, etwa am Goethe-Institut in Manila.
Wenn die Pflegekräfte dann in Deutschland ankommen, haben sie im Wesentlichen alle nötigen Fähigkeiten gelernt, die sie in den Kliniken dort brauchen.
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Gian Galsim, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
In einem Pflegeheim im niedersächsischen Wilstedt arbeiten mehrere Kolumbianer. Einigen von ihnen droht die Abschiebung. Das hätte aber auch Konsequenzen für das Pflegeheim, möglicherweise sogar die Schließung.25.11.2024 | 1:53 min
In den Philippinen fehlen Arbeitskräfte
Länder wie Deutschland werben im großen Stil ab. Die Folge: ein regelrechter Pflege-Exodus aus den Philippinen. In den Kliniken vor Ort fehlen die Arbeitskräfte. Elizabeth Rojas, Rektorin des College of Nursing der Baliuag Universität erinnert sich, dass es vor ein paar Jahren noch an die 20 Bewerber*innen auf eine Pflegestelle gab. Jetzt fehle es an Nachwuchskräften.
Sie müssen hier endlich die Anreize für den Pflegeberuf erhöhen, um ihn attraktiver zu machen. Damit sie in unseren Kliniken bleiben, damit sie hier auf den Philippinen bleiben.
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Elizabeth Rojas, Rektorin des College of Nursing der Baliuag Universität
Philippinische Wirtschaft wächst kräftig
Doch der Pflege-Exodus bringt auch Vorteile: Die philippinische Wirtschaft sei dieses Jahr kräftig gewachsen, sagt Rojas, weil philippinische Expats Geld zurück ins Land überweisen. Sie helfen damit ihren Verwandten - Geschwister könnten so zur Schule gehen, Familien hätten eine bessere Einkommensgrundlage.
Doch den Pflegemangel auf den Philippinen löst der Geldsegen nicht. Für die Pflegekräfte vor Ort heißt es weiter: lange Arbeitszeiten, Doppelschichten, schlechte Bezahlung. Dass es so nicht weitergeht, ist auch für Sienna Uy klar. Auch sie will auswandern, am liebsten in den USA.
Gott hat mich als Filipina zur Welt kommen lassen. Aber ich habe die Wahl, ob ich hier bleibe oder gehe.
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Sienna Uy, Krankenschwester
Deshalb arbeitet Sienna Uy weiter an ihrem großen Traum, als philippinische Krankenschwester im Ausland bald ein ganz neues Leben zu beginnen.
Elisabeth Schmidt ist ZDF-Ostasienkorrespondentin.
Deutschland hat ein Pflege-Problem. Die gute Nachricht: Es gibt Lösungen. Wie man Personal gewinnen und gute Versorgung statt Überversorgung schaffen könnte.