Heusgen zu Iran: Konflikt "militärisch nicht lösbar"
Interview
Ex-Chef von Sicherheitskonferenz:Heusgen: Konflikt "militärisch nicht lösbar"
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Wie kann der Konflikt zwischen Iran und Israel nach dem Angriff durch die USA beigelegt werden? Der Ex-Chef der Münchner Sicherheitskonferenz setzt klar auf Diplomatie.
Diplomatischer Druck sei notwendig, so Christoph Heusgen, ehemaliger Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Man müsse "mehr Länder mit an Bord holen".23.06.2025 | 4:50 min
Der ehemalige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, geht nach den Angriffen der USA auf drei Atomanlagen in Iran nicht von einer Zerstörung des iranischen Atomprogramms aus. Er teile nicht die Hoffnung, dass das Atomprogramm geschwächt oder gar zerstört worden sei, sagte Heusgen im ZDF-Morgenmagazin.
Heusgen geht nicht von Ende des Atomprogramms aus
Er glaube nicht, dass das iranische Regime und die Anreicherung von Uran "so weit geschwächt sind, dass das nicht weitergehen kann". Die Angriffe seien "auf jeden Fall risikoreich" und aus seiner Sicht nicht notwendig gewesen, sagte Heusgen. Das Regime sei brutal, aber "sie sitzen da, wo sie sind, und wir müssen weiter mit ihnen umgehen".
Zugleich warb Heusgen weiter für diplomatische Bemühungen. Es sei "ganz wichtig, dass die diplomatischen Beziehungen weitergehen". "Militärisch ist das nicht lösbar", warnte Heusgen.
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Heusgen rechnet nicht mit größeren Gegenschlägen Irans
Die USA hatten sich in der Nacht zum Sonntag in den Krieg zwischen Israel und Iran eingeschaltet und die drei iranischen Atomanlagen Fordo, Natans und Isfahan mit B-2-Kampfjets und GBU-57-Bomben angegriffen, die auch unterirdische Ziele zerstören können.
Heusgen geht nicht davon aus, dass die US-Angriffe das iranische Regime geschwächt haben. Er erwartet eher, dass sich die iranische Bevölkerung jetzt hinter das Regime stellen wird. Selbst Nobelpreisträgerin Narges Mohammadi, die derzeit unter Hausarrest stehe, "möchte nicht, dass von außen ein Regime-Change kommt, das soll von innen passieren".
Auch eine mögliche Tötung des iranischen Religionsführers Ajatollah Ali Chamenei würde Heusgen zufolge nicht zu einem Regimewechsel führen. "Es heißt, er hat Nachfolger bestimmt. Dieses Regime möchte weiter im Amt bleiben." Deswegen glaube er nicht, dass es größere Gegenschläge geben wird, weil das Amerika noch weiter in den Krieg ziehen würde.
"Die Europäer sind bemüht, abgestimmt zu handeln", so Dorthe Ferber, Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.23.06.2025 | 5:07 min
Ex-Chef von Sicherheitskonferenz: Müssen zurück zur Diplomatie
"Eine Spirale des Chaos", wie sie UN-Generalsekretär Antonio Guterres befürchtet, sieht Heusgen nicht. Er lobte den diplomatischen Vorstoß der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas mit den drei Außenministern Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens in der vergangenen Woche.
Das Ganze ist letztlich nur diplomatisch zu lösen. Wir müssen irgendwie versuchen, zurück in die Logik zu kommen, die 2015 ja zu einem Abkommen geführt hat.
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Christoph Heusgen, Diplomat
Iran sei weiterhin bereit gewesen, weiter zu verhandeln. "Jetzt muss man sehen, wie kriegt man Iran wieder an den Tisch." Es sei normal, dass das Regime mit Gegenschlägen drohe, aber man müsse die Iraner jetzt "runterholen".
Trump drohe "mit Regimechange" und versuche "Druck aufzubauen, um Iran von Racheakten abzuhalten und zu Verhandlungen zu zwingen", so ZDF-Korrespondentin Claudia Bates zum US-Angriff auf iranische Atomanlagen.23.06.2025 | 3:10 min
Heusgen: Kreis der Verhandler erweitern
Wichtig sei es, den Kreis der Verhandler zu erweitern, über die EU-Außenbeauftragte und die drei Außenminister hinaus: "Wie kann man China mit an Bord holen, wie kann man andere Länder mit an Bord holen, damit man mehr Länder hat, die diplomatischen Druck machen." Militärisch sei das nicht lösbar.
Vom für diesen Montag geplanten Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi erwartet der Diplomat nichts. "Putin hat ein großes Interesse, mit Amerika ins Geschäft zu kommen. Er wird den Teufel tun und die Iraner unterstützen." Von Russland könne sich Iran nichts erwarten.
"Krieg ist keine Lösung, das hat gestern auch der Papst gesagt. Es macht alles nur schlimmer, es werden tiefe Wunden geschlagen. Und es dauert lange, bis wir da wieder wegkommen. Diplomatie ist die einzige Lösung", sagt Heusgen.
Das Interview führte Eva-Maria Lemke, zusammengefasst wurde es von Petra Mertens.
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