Mehr Hunger auf der Welt: In Afrika ist die Lage dramatisch

UN-Welternährungstag in Afrika:Zurück ins Kriegsgebiet - um dem Hunger zu entgehen

Susann von Lojewski, Studioleiterin ZDF-Studio Nairobi

von Susann von Lojewski, Nairobi

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673 Millionen Menschen leiden an Hunger, so der aktuelle Welthunger-Index. Besonders in Afrika spüren sie die drastische Kürzung von Hilfsmitteln.

Am 16.10. ist Welternährungstag. Der Welternährungstag soll an die Aufgabe aller Staaten erinnern, den Hunger zu bekämpfen.

Der heutige Welternährungstag soll auf die 673 Millionen unterernährten Menschen aufmerksam machen. Besonders dramatisch ist die Lage in afrikanischen Ländern wie Kenia.

16.10.2025 | 1:45 min

Eine Haltestelle mitten in der nordkenianischen Steppe. Menschen warten mit ihrer letzten Habe: Kochgeschirr, eine Matratze, ein Stuhl, Plastikeimer. Immer wieder fahren Autos vor. Die Fahrer laden das Gepäck auf das Dach, die Passagiere zwängen sich auf die Sitze, dann geht die Fahrt los.

"Alles ist besser als das Flüchtlingscamp"

Die Menschen sind Flüchtlinge, überwiegend aus dem Südsudan. Vor Jahren kamen sie hierher nach Kakuma, einem der größten Flüchtlingscamps Ostafrikas. Sie flohen vor dem Krieg in ihrem Heimatland, wähnten sich in Sicherheit.

Nun ist wieder Krieg im Südsudan, und trotzdem fahren sie zurück in ihre zerbombten Dörfer, denn alles, wirklich alles, so sagen sie, sei besser als das Camp Kakuma.

Flüchtlinge aus dem Südsudan sitzen verteilt

Der Südsudan, selbst bettelarm, hat rund 900.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Sudan aufgenommen, wo sich eine der schlimmsten humanitären Katastrophen der Welt abspielt.

15.01.2025 | 10:07 min

"Kinder schreien vor Hunger"

"Die UN teilt die Lebensmittel jetzt zu, wir bekommen nichts mehr," sagt Lillian Nadai Matthews. "Wir haben nichts mehr zu essen. Die Kinder schreien den ganzen Tag. Selbst wenn sie aus der Schule kommen, schreien sie vor Hunger. Meine Familie bleibt da. Aber ich und meine zwei Kinder verlassen das Camp Kakuma. Jeder muss seine eigenen Entscheidungen treffen."

UN schränkt Lebensmittelverteilung ein

Seit August hat das Welternährungsprogramm in Kakuma und dem benachbarten Camp Kalobeyei ein neues Lebensmittelverteilungsprogramm eingeführt. Die über 300.000 Geflüchteten - überwiegend aus dem Südsudan, aber auch aus Somalia, Äthiopien, Burundi und dem Kongo - werden jetzt in Kategorien eingeteilt.

Eine ältere äthiopische Frau sitzt neben einem Sack mit Weizen, nachdem dieser von der Relief Society of Tigray in der Region Tigray im Norden Äthiopiens verteilt wurde.

1985 sammelten die größten Musiker dieser Zeit wegen einer Hungerkrise Spenden für Äthiopien. 40 Jahre später ist das Geld wieder knapp und der Hunger noch immer nicht besiegt.

13.07.2025 | 2:46 min

Felix Okech ist der Leiter des Flüchtlingsprogramms des UN-Welternährungsprogramms: "Wir haben eine Priorisierung eingeführt, so dass wir nur noch zwei Kategorien von Flüchtlingshaushalten unterstützen. Eine Kategorie erhält vierzig Prozent der Mindestnahrung, die nächste Kategorie nur noch zwanzig Prozent. Das sind die am stärksten gefährdeten Kategorien von Flüchtlingshaushalten."

USA kürzen internationale Hilfen

40 Prozent der Mindestnahrung, das bedeutet 173 Gramm Reis und 50 Gramm Linsen pro Person am Tag. Mehr gibt es nicht, seit die internationale Gemeinschaft, vor allem die USA, ihre Hilfe massiv gekürzt haben.

Gaza-Stadt, Palästinensische Gebiete: Menschen warten mit Eimern und Töpfen auf Essen.

Die Zahl der Menschen, die hungern, hat sich 2024 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Fast 140 Millionen Menschen waren betroffen.

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Lillian Nadai Matthews, die Mutter, die nun zurück in den Südsudan geht, ist Kategorie vier, so wie fast die Hälfte aller Geflüchteten. Sie bekommt nichts. Seit Monaten hat sie sich und ihre Familie nur über Wasser gehalten, weil Freunde ihre Vorräte geteilt haben. Für die 24-Jährige ist das kein Leben.

Im Flüchtlingscamp bleiben - mangels Alternative

Ihre Schwester Cecilia Elaine Matthew dagegen will bleiben. Auch sie ist Kategorie vier. Ab und zu bringt ihre Nachbarin ihr etwas Essen vorbei. Eine Zwiebel, ein paar schrumpelige Kartoffeln, Linsen.

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Cecilia hat schon das Wellblech rund um ihre Latrine verkauft - doch bald ist nichts mehr da, was sie zu Geld machen kann. "Manchmal haben wir tageweise nichts zu essen," erzählt die 20-Jährige.

Wir leben einfach ohne Essen. Wir vertrauen darauf, dass Gott derjenige ist, der uns beschützt. Auf diese Weise. Es ist sein Wille. Wir haben also keine andere Wahl.

Cecilia Elaine Matthew, Flüchtling im UN-Camp Kakuma, Kenia

Proteste gegen ungleiche Nahrungsverteilung

Vor einigen Wochen haben die Geflüchteten demonstriert - gegen die Ungerechtigkeit. Denn niemand hat ihnen bisher erklärt, warum manche Essen und Hilfe bekommen, und andere wiederum nicht. "Aber als sie die Polizei geholt haben," sagt Cecilia Elaine Matthews, "da haben wir alle Angst gehabt, dass wir sterben werden."

 Palästinensische Gebiete, Gaza: Palästinenser kämpfen um gespendete Lebensmittel in einer Gemeinschaftsküche im nördlichen Gazastreifen.

Die Vereinten Nationen haben für das Gebiet in und um Gaza-Stadt offiziell eine Hungersnot ausgerufen. Immer mehr Kinder seien von akuter schwerer Mangelernährung betroffen.

22.08.2025 | 2:46 min

Wasserhähne hinter Stacheldraht

Der Alltag Hunderttausender in Kakuma ist vom Kampf um Lebensmittel bestimmt. Sie wachen morgens mit leerem Magen auf und gehen abends mit leerem Magen zu Bett. Tausende von Kindern gehen nicht in die Schulen, weil sie zu entkräftet sind und die Eltern das Schulgeld nicht aufbringen können.

Selbst sauberes Wasser ist ein Problem. Aus Angst vor Diebstählen sind selbst Wasserhähne mit Stacheldraht geschützt.

So warten die Menschen in der prallen Sonne darauf, dass irgendetwas passiert. Andere packen ihre Sachen und fliehen aus dem Flüchtlingscamp - denn alles, so glauben sie, ist besser als Kakuma.

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