Der Traum von Glück:Model-Casting im Flüchtlingslager
Es gibt nicht viele Wege hinaus aus dem Flüchtlingslager Kakuma in Kenia, an der Grenze zum Südsudan. Viele junge Frauen und Männer träumen davon, als Fotomodel entdeckt zu werden.
Im Flüchtlingslager Kakuma in Kenia träumen junge Frauen von einer Model-Karriere. Bei Scouts von Agenturen stehen Jungs und Mädchen aus Sudsudan hoch im Kurs.
24.09.2025 | 6:32 minJalal legt das Maßband an. "Ein Meter achtzig. Die Größe ist optimal," sagt er. "Letztlich hängt es von der Agentur ab, die sie mal unter Vertrag nehmen wird. Aber sie ist genau der richtige Typ." Gemeint ist Roda Daniel Kongor, 19 Jahre alt, schlank, groß und mit sehr dunkler Haut - Schönheitsmerkmale für Model-Scouts wie Jalal. Die junge Frau ist Südsudanesin, geboren und aufgewachsen in einem der größten Flüchtlingslager der Welt. Kakuma, Heimat für 330.000 Menschen, gelegen in der Halbwüste Kenias nahe der Grenze zum Südsudan, weitab von den nächsten größeren Stadt.
Alle träumen denselben Traum
Neben Roda stehen noch 20 andere junge Frauen und Männer in dem neonbeleuchteten Raum eines kleinen Hotels am Rande des Lagers. Sie alle träumen denselben Traum. Dass sie dieses Casting überstehen, ausgewählt werden von der Modelagentur "Isis Models Africa" für einen Trainingslehrgang, der ihnen den Weg bereiten könnte - hinaus auf die Laufstege der Modewelt, heraus aus diesem Lager. Viele leben seit über 30 Jahren hier. Junge Frauen wie Roda sind die zweite Generation, die dritte wächst gerade heran. Viele haben eine gute Schulausbildung, doch kaum eine Chance auf eine kenianische Staatsbürgerschaft oder eine Arbeitserlaubnis außerhalb des Camps. Kakuma ist für die meisten eine Sackgasse.
Brillian und Mary leben im größten Armenviertel Nairobis, dennoch setzen die beiden Modedesignerinnen auf Nachhaltigkeit. Ihre Abendkleider werden auch aus Sackleinen gefertigt.
09.01.2024 | 1:25 minJalal heißt eigentlich Nikonikazi Melia, ist 23 Jahre alt und wie Roda in Kakuma aufgewachsen. Auch er hat es als Model versucht, doch die Karriere entwickelte sich nicht so wie geplant. Heute arbeitet er für die Agentur "Isis Models Africa" als Scout, zieht durch Kakuma auf der Suche nach den nächsten Topmodels, die mit lukrativen Engagements in Europa oder den USA Geld in die Kassen der Agentur spülen und damit auch sein Honorar finanzieren. Dass es funktionieren kann, haben Models wie Alek Wek oder Adut Akech gezeigt. Beide kommen ebenfalls aus Kakuma und haben es ganz nach oben geschafft, verdienen heute Top-Gagen.
Models wie Naomi Campbell waren eine Ausnahme
In Kenias Hauptstadt Nairobi hat die Agentur "Isis Models Africa" ihr Ostafrika-Büro. Firmenchefin Joan Okorodudu empfängt uns in traditioneller nigerianischer Tracht. Die 67-Jährige war selbst einmal Miss Nigeria Kaduna, war Leistungssportlerin, arbeitete als Model, bis sie 2007 ihre eigene Agentur gründete. Ostafrikanerinnen aus Äthiopien, Somalia und dem Südsudan seien seit einigen Jahren sehr begehrt, sagt Okorududu. In den Achtzigern seien schwarze Models wie Iman oder Naomi Campbell noch Ausnahmen gewesen.
Aber dann haben die Designer gemerkt, dass ihre Kleider viel besser rauskommen, wenn sie auf schwarzer Haut getragen werden. Und plötzlich waren wir ganz groß im Geschäft.
An den Wänden ihres Büros hängen die gerahmten Titelseiten zahlreicher Modemagazine mit den Portraits einiger ihrer Models. Die, die es auf das Cover der "Vogue" und auf die Laufstege in Paris, Mailand und New York geschafft haben, verdienen viele tausend Dollar pro Auftrag. Doch die meisten anderen hätten es schwer, sich in dem harten Geschäft zu behaupten, sagt Okorodudu. Die Konkurrenz sei groß. Deshalb bestehe sie bei ihren Models darauf, dass sie eine vernünftige Ausbildung machten. Es brauche einen Plan B, sagt sie.
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Erst Schule, dann Laufsteg
Die 19-jährige Roda versprach ihrer Mutter, die Schule zu Ende zu machen. Sonst hätte Akon Dau ihrer Tochter nicht erlaubt, zum Casting zu gehen. Man höre oft davon, dass Mädchen mit großen Versprechen in die Prostitution gelockt werden, sagt Dau. Sie wolle, dass ihre Tochter eine bessere Zukunft habe und nicht so ende wie sie. Als arbeitsloser Flüchtling ohne Perspektive. Roda wurde tatsächlich ausgewählt, wird ein Modeltraining machen und an der Show "Africa's Next Supermodel" im November in Nairobi teilnehmen. Es ist ihre große Chance. Das wissen Roda und ihre Mutter. Solche Chancen bieten sich nicht oft in Kakuma.
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