Kongos Coltan: Um diesen Rohstoff mischt Donald Trump mit
Machtpoker mit Donald Trump:Kongos Coltan - das Erz, das alle wollen
von Katja Belousova und Jörg Brase
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Unter Einsatz ihres Lebens fördern Bergarbeiter in der Demokratischen Republik Kongo Coltan. Um den seltenen Rohstoff entbrennt ein weltweiter Machtpoker - Donald Trump mischt mit.
Die Rebellengruppe M23 kontrolliert im Osten des Kongo die Provinz Kivu und damit den Zugang zu seltenen Erden. An diesen Rohstoffen sind auch Europa und die USA interessiert.30.07.2025 | 6:26 min
Ausgerüstet mit Spitzhacke und Jutebeutel sorgt Elisha Gabriel in den Minen der Demokratischen Republik Kongo dafür, dass die weltweite Nachfrage nach Smartphones, Laptops und Tablets bedient werden kann. Denn der junge Mann baut Coltan ab - ein seltenes Erz, das die IT-Branche für ihre Geräte braucht. Das weltweit größte Coltan-Vorkommen steckt in der Erde seiner Heimat.
"An manchen Tagen holen wir viele Kilos raus. Am nächsten Tag schon machst du gar nichts. Ich habe heute drei Kilo produziert", erzählt Gabriel gegenüber ZDFheute.
Das gibt gutes Geld. Damit kann ich meine Familie erst mal ernähren.
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Elisha Gabriel, Bergarbeiter
Er zeigt seine Ausbeute: dunkle Erzpartikel, die ein wenig aussehen wie Teer.
Kampf um Land und Bodenschätze: Kongos Regierung ist im Osten des Landes im Dauerkonflikt mit Rebellen - die teils von Ruanda unterstützt werden. Den Preis zahlt die Bevölkerung.22.03.2025 | 2:48 min
Coltan-Minen in Rubaya: Lebensgefahr und Kinderarbeit
Gabriels Arbeitsort ist die Bergarbeiterstadt Rubaya auf 2.000 Metern Höhe in den Bergen im Osten des von Kriegen und Konflikten geplagten Landes - ein lauter, überfüllter Ort und ein Sammelbecken für zehntausende Glücksritter, Arme und Kriegsflüchtlinge.
Sie alle wollen vom Coltan-Abbau profitieren und arbeiten dafür unter lebensgefährlichen Bedingungen unter Tage. Dutzende Minenarbeiter zwängen sich in die engen Schächte, zuletzt kamen 20 von ihnen bei einem Erdrutsch ums Leben. Auch Kinder arbeiten rund um die Minen. Offiziell ist Kinderarbeit in der Coltan-Förderung verboten. Doch hoch oben in Rubaya schaut niemand so genau hin.
Die meisten Länder auf der Welt verbieten Kinderarbeit eigentlich.24.09.2024 | 2:10 min
Miliz M23 kontrolliert Abbaugebiet
Während Elisha auf einen Tagesverdienst von umgerechnet rund 100 Euro hoffen kann, machen andere das große Geschäft, etwa das Nachbarland Ruanda, das Coltan aus Kongo nach Europa weiterverkaufen soll. Obwohl Ruanda es bestreitet, lieferte ein UN-Expertenbericht Belege für den Rohstoffschmuggel aus dem von der M23-Miliz kontrollierten Gebiet im Osten des Landes nach Ruanda. Die Rebellen bauen einen Staat im Staat auf, stellen die Sicherheitstruppen und die Polizei.
Konflikt zwischen Ruanda und DR Kongo
Seit Jahrzehnten befinden sich die Demokratische Republik Kongo und Ruanda in einem offenen Konflikt. Im Zentrum steht die Entwaffnung einer Miliz, die am Völkermord in Ruanda vor über 40 Jahren beteiligt war, und der der Kongo Schutz gewährt. Am Ende geht es dabei - wie so oft - auch um Geld, Macht und die Frage, wer von Kongos Bodenschätzen profitiert.
Laut UN flüchteten allein seit Jahresbeginn 400.000 Menschen vor Kämpfen im Osten der Demokratischen Republik Kongo, einige sogar mehrfach. Insgesamt werden in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu 4,6 Millionen Binnenvertriebene gezählt.
Die Ursprünge des Konflikts zwischen Ruanda und der DR Kongo gehen bis in die Zeit der Grenzziehung aus der Kolonialzeit zurück. Er verschärfte sich 1994 mit dem Völkermord in Ruanda. Binnen weniger Monate wurden damals eine Million Menschen, die überwiegend der Ethnie der Tutsi angehörten, sowie gemäßigte Hutu, ermordet.
Als die Rebellenarmee Ruandische Patriotische Front, die vom heutigen ruandischen Präsidenten Paul Kagame angeführt wurde, jedoch die Machtübernahme gelang, flüchteten Hutu aus Angst vor Rache über die Grenze in die DR Kongo, um sich neu aufzustellen. Darauf folgten mehrere Kriege, die Vertreibung und Flucht, Auflösungen und Neugründungen von Rebellengruppen sowie im Jahr 1999 die weitgehend erfolglose Entsendung der UN-Friedenstruppe Monusco.
2012 entstand schließlich die M23, wie die Abkürzung für die Bewegung 23. März lautet. Sie besteht überwiegend aus Tutsi und wirft gemeinsam mit Ruanda der Regierung in der knapp 1.600 Kilometer entfernten kongolesischen Hauptstadt Kinshasa vor, die Ethnie auslöschen zu wollen. Bereits im November 2012 eroberte sie Goma schon einmal, trotz der Blauhelm-Soldaten. 2024 Jahr nahm die M23 die Bergbaustadt Rubaya ein.
Kongos Streitkräfte setzen dem nichts entgegen. Der zweitgrößte Flächenstaat Afrikas ist mehr als sechsmal so groß wie Deutschland, die Infrastruktur ist miserabel, die Armee schlecht ausgestattet und ausgebildet.
Quelle: KNA
Ruanda gilt als Vorzeigestaat in Ostafrika: sauber, sicher, gut organisiert. Doch hinter der Fassade steht ein diktatorisches Regime, das politische Gegner gnadenlos verfolgt.28.05.2024 | 8:10 min
Donald Trump vermittelt Friedensvertrag
Und wo es um Geld und Macht geht, ist ein Akteur nicht weit: US-Präsident Donald Trump. Erst im Juni vermittelte der selbst ernannte "Dealmaker" einen Friedensvertrag zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo.
Die Rolle der M23-Miliz bleibt jedoch trotz Vertrags ungeklärt, kritisieren Experten wie Bram Verelst vom Institut für Sicherheitsstudien im südafrikanischen Pretoria. "Der Vertrag muss gut überwacht werden. Auch, weil sich über viele Jahrzehnte gezeigt hat, wie schwer es ist, die Rebellengruppen in der Region zu entwaffnen und zu neutralisieren", erklärt der Sicherheitsexperte.
Es bedarf eines nationalen Prozesses, um die größeren Konfliktursachen anzugehen. Hier greifen die Verhandlungen zu kurz.
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Bram Verelst, Institut für Sicherheitsstudien in Pretoria
Im kriegsgeplagten Kongo rücken die vom Nachbarland Ruanda unterstützte Rebellen vor. Es gibt tausende Tote. Leidtragende sind vor allem die Zivilisten im Land. 19.03.2025 | 5:49 min
Wettstreit mit China: Trump mischt um Coltan mit
Im Hintergrund geht es Trump dabei um mehr als nur Frieden: Die USA und China konkurrieren um Coltan aus Rubaya. Zurzeit gehen die größten Teile der kongolesischen Kobalt- und Coltan-Produktion nach China und in die Vereinigten Arabischen Emirate.
Auch um sich seinen Anteil am Geschäft mit den begehrten seltenen Erden zu sichern, vermittelte die Trump-Administration den Friedensvertrag zwischen den Konfliktparteien.
Coltan ist der Rohstoff, um den ein internationaler Machtpoker herrscht.
Quelle: AP
Deal mit US-Investoren vorgesehen
Der Vertrag sieht offenbar auch einen Deal mit US-amerikanischen Investoren bei der Ausbeutung der Rohstoffvorkommen in den Kivu-Provinzen im Ostkongo vor. Nach einem Bericht der "Financial Times" möchte ein Trump-Vertrauter Zugriff auf die Bodenschätze bekommen. Die Investmentfirma "America First Global" des Texaners Gentry Beach will als Mitglied eines Konsortiums in die Minen von Rubaya investieren. Im Gegenzug soll das Coltan über Firmen in Ruanda weiterverarbeitet und vermarktet werden.
Und noch ein internationaler Player mischt im Coltan-Geschäft mit: Katar. Das Land hat Verhandlungen zwischen den Milizen der M23 und der Regierung der Demokratischen Republik Kongo vermittelt. Im Juli unterzeichneten die Konfliktparteien in Doha eine Grundsatzerklärung, die den Weg zu einem Friedensabkommen bereiten soll.
Die Demokratische Republik Kongo und Ruanda haben in der US-Hauptstadt Washington ein Friedensabkommen unterzeichnet. Der Konflikt im Ost-Kongo war Anfang des Jahres eskaliert.28.06.2025 | 0:21 min
Arbeiter zwischen Überleben und großer Politik
Am Rande des internationalen Machtspiels um Macht und Einfluss in Ost- und Zentralafrika stehen Menschen wie Elisha Gabriel. Unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit graben sie in den Minen von Rubaya weiter nach Coltan.
Die, die reich werden, sind nur die Landbesitzer.
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Elisha Gabriel, Bergarbeiter
"Wem dort oben in der Minengegend Land gehört, der wird reich. Aber nicht wir", sagt Gabriel. "Wir kommen von weit her. Für uns ist es schwer, hier zu überleben."
Das Coltan-Geschäft sei große Politik, sagt er. Davon verstehe er nichts. Er denke nur daran, dass er und seine Familie am Abend wieder genug zu essen haben.
Seltene Erden sind in vielen Produkten, wie Magneten oder Elektronik, enthalten. Seit China Ausfuhrbeschränkungen angeordnet hat, wird der Nachschub knapp. Die Industrie befürchtet den Ausfall von Lieferketten.19.06.2025 | 1:32 min