Labour-Partei im Tief:Britischer Premier Starmer kämpft um Neustart
Erst vor 15 Monaten hatte Labour-Mann Keir Starmer einen erdrutschartigen Wahlsieg gefeiert. Seine Umfragewerte sind seither kollabiert - das muss er auf dem Parteitag erklären.
Eigentlich wollte er Erfolge verkünden, doch Keir Starmer kämpft gegen ein Umfragetief und die Konkurrenz um die Partei Reform UK von Nigel Farage. Eine Partei im Dauerkrisenmodus.
30.09.2025 | 2:05 minWirtschaftswachstum und Change, Wandel - das hatte der britische Premierminister Keir Starmer versprochen. Vielleicht aber haben seine Strategen nicht einkalkuliert, dass die Ungeduld der Wähler in den nervösen Zuckungen des politischen Geschäfts zu den großen Risiken zählt.
Wandel kommt viel zu langsam
Starmers Change jedenfalls geht vielen im leidenden Königreich viel zu langsam: Den Wählern und den eigenen Leuten. Die haben pünktlich zum Parteitag denn auch orchestriert, dass ein Ersatzmann sich durch die Blume und in vielen Medien bereit erklärt, anstelle von Starmer den Labour-Anführer-Posten übernehmen zu können: Andy Burnham ist der Bürgermeister von Manchester.
Ob das Manöver nur als Weckruf gemeint war oder gar ernst, bleibt offen im Parteitagsgetümmel. Wo Burnhams Chef-Ambitionen auch schnell wieder versickerten. Alles wie ein Spuk. Und ein Zeichen der Schwäche der Partei.
In London haben im Sommer Tausende gegen die Labour-Regierung um Premier Starmer protestiert. Der Grund sind massive Einschnitte bei den Sozialleistungen.
07.06.2025 | 1:44 minPolitischer Druck von rechts
Starmer aber hat andere Probleme, die nicht einfach wieder weggehen. Die Rechtspopulisten der Partei Reform UK von Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage führen seit Monaten in den Umfragen. Derzeit sitzen sie mit einer Handvoll von Abgeordneten im House of Commons.
Doch würde jetzt gewählt, könnten sie laut einer Umfrage 311 Sitze gewinnen. Die Zahl der Labour-Mandate hingegen würden von 411 auf 144 schrumpfen. Das wäre das mieseste Ergebnis in der Geschichte.
In Großbritannien liegt die rechte Partei Reform UK von Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage seit Monaten vorn.
05.09.2025 | 1:45 minRechtspopulisten auf Erfolgskurs
Reform UK ist aus mehreren Gründen so groß, wenn auch bisher nur in den Umfragen. Die Rechtspopulisten führt Nigel Farage an, das Kampagnen-Talent, das schon 2016 das Brexit-Votum möglich machte. Außerdem beackert Farage das Thema Einwanderung. Und quer durch alle Gesellschaftsschichten fühlen sich die Briten bedroht von Migranten, besonders denen, die in Booten über den Ärmelkanal kommen.
Führt Großbritannien einen irregulär eingereisten Migranten nach Frankreich zurück, nehmen sie dafür einen anderen auf, der sich zuvor online beworben und Familie im Königreich hat.
21.08.2025 | 3:01 minAuch Starmers Regierung kämpft, um den Schleppern das Geschäft mit den gefährlichen Bootstouren zu zerstören und Großbritannien für Flüchtlinge nicht so attraktiv erscheinen zu lassen von der französischen Küste aus.
Unter dem Druck steigender Asylbewerberzahlen verkündet Labour eine Maßnahme nach der anderen: Lahme Asylverfahren sollen beschleunigt, die Menschen schneller als ursprünglich geplant aus der umstrittenen Unterbringung in Hotels geholt werden. Digitale Ausweise sollen Schwarzarbeit verhindern. Mit Frankreich läuft ein Austausch von irregulär nach Großbritannien Eingewanderten. Doch erst eine winzige Anzahl von Menschen reiste bisher nach Frankreich zurück. Alles eher klein-klein als ein Ruck, der durchs Land ginge.
Die Reform UK Partei von Farage setzte den konservativen Tories bei den Kommunalwahlen zu. Nun will sie auch an die Wähler der Labour Partei. Umfragewerte sehen die großen Parteien unter Druck.
23.05.2025 | 1:58 minDer Populismus von Nigel Farage
Farage dagegen hat es leicht, in Think-Big-Attitüde - also in großen Dimensionen- vorzurechnen, dass er sofort 600.000 Migranten abschieben werde, wenn er erst Premierminister sei. Das könne schon 2027 sein, meint er, denn Labour halte wohl kaum durch zum regulären Wahltermin 2029. Währenddessen arbeitet Starmers Regierungsapparat in den Mühen der Ebene, um Boote zu stoppen. Am Rand der politischen Arena stehen zahllose Briten, die nach enttäuschender Brexit-Realität und 14 Jahren Tory-Regierung mit ihrer Geduld am Ende sind.
Anand Menon von der Denkfabrik "UK in a changing Europe" sagt: "Bis zur nächsten Wahl ist es noch ein langer Weg. Daher halte ich es für viel zu früh, um mit Sicherheit zu sagen, dass Nigel Farage der nächste Premierminister wird."
Die Labour-Partei muss zeigen, dass sie mit ihrer Politik Ergebnisse erzielt. Und wenn sie Wirtschaftswachstum erreicht, wird dies die Chancen von Reform UK schmälern.
Anand Menon, Denkfabrik "UK in a Changing Europe"
Verdrossenheit in Runcorn: "Parteien haben alles vermasselt"
Fährt man nach Runcorn, eine gute halbe Stunde von der Parteitagshalle in Liverpool entfernt, landet man bei denen, die ungehalten und politikverdrossen sind. Und vielen, die nicht noch mehr Fremde auf ihrer Insel wollen. In Runcorn, traditionell eine Labour-Hochburg, hat im vergangenen Mai bei Nachwahlen eine Abgeordnete der rechtspopulistischen Reform UK knapp gewonnen.
Schon lange kämpft die Stadt mit dem Niedergang: im Zentrum viele Rollläden unten, Geschäfte geschlossen. So wie das Hotel am Stadtrand, in dem jahrelang Flüchtlinge wohnten. Die Stimmung auf der Straße: Reform UK solle es halt mal probieren, vielleicht hielten die ja ihre Versprechen. Ansonsten ist man hier frustriert und desillusioniert von den beiden üblichen Regierungsparteien in Großbritannien, Labour und Konservativen. Asa Mills ist erklärter Nichtwähler:
Beide Parteien haben alles vermasselt. Und das ganze Land verkauft. Und die Gemeinden sind in einer schwierigen Lage, weil sie nicht genug Geld bekommen.
Asa Mills, Einwohner von Runcorn
Es scheint, als ginge es für Starmer nicht nur darum, im Umfragetief zu bestehen, und gegen solche Parteifreunde, die gleich seinen Job wollen. Sondern zugleich arbeiten zu müssen gegen den übermächtigen Reputationsverlust der politischen Klasse in Großbritannien insgesamt.
Mehr Nachrichten aus dem Vereinigten Königreich
Mitteilungen der Premiers:Briten, Kanadier und Australier erkennen Palästina an
mit VideoMann auf Kaution frei:Flugstörungen nach Cyberangriff: Festnahme in England
mit VideoUS-Amerikaner in Großbritannien:Malerische Cotswolds sind Top-Urlaubsziel
Marlene Jacobsen, Londonmit VideoStaatsbesuch in Großbritannien:Trump bei Charles: Zwischen Prunk und Protest
mit Video