Parteitag von "Reform UK":Gelingt Farage der nächste Stunt?
Nigel Farage will britischer Premierminister werden. Mit Anti-Migrationskurs und Populismus begeistert der Vorsitzende von "Reform UK" die Anhänger beim Parteitag in Birmingham.
Die britische Partei "Reform UK" bekommt in Großbritannien immer mehr Zuwachs. Auf dem Parteitag wird deutlich, ihr Anführer, Nigel Farage, strebt nach der Macht.
06.09.2025 | 2:02 minIm Parlament hat "Reform UK" nur vier Sitze. Doch den Parteitag in Birmingham feiert sie wie eine Volkspartei: Mit Pyrotechnik und Merchandise. Parteichef Nigel Farage will den Briten vermitteln, dass er Premierminister kann.
Farage hat ein Gespür für die Stimmung im Land - und nutzt das. Vor zehn Jahren war der Brexit sein Thema - jetzt ist es die illegale Migration. Seit Wochen streitet Großbritannien über Hotels, in denen Asylbewerber untergebracht sind. Landesweit gab es dagegen zuletzt Proteste, nachdem ein Mann aus Äthiopien sexuelle Übergriffe an Frauen und Mädchen begangen hatte.
In Großbritannien liegt die rechte Partei "Reform UK" vom Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage seit Monaten vorn. Sie versucht vor allem, Stimmung gegen geflüchtete Menschen zu machen.
05.09.2025 | 1:45 minSlogans statt Lösungswege
Dass die illegale Migration, etwa mit Schlauchbooten über den Ärmelkanal, erst seit Farages Brexit richtig anstieg: ficht seine Fans dabei nicht an.
Lieber glaubt man Farage, der behauptet, nach zwei Wochen Regierung die Boote zu stoppen. Wie genau, sagt er übrigens nicht - über solche komplizierten Einzelheiten kann sich der politische Gegner zerlegen.
Nigel Farage ist es gelungen, viel Aufmerksamkeit in den Medien zu bekommen. Das ist seine politische Gabe. Und er bekommt dafür viel Unterstützung durch den konservativen und rechten Teil der britischen Medien.
Rafael Behr, Journalist "The Guardian"
Seit Großbritannien die EU verlassen hat, gibt es ein bürokratisches Visasystem, weniger Talente auf dem Arbeitsmarkt. Nun will der Premier die Kooperation mit Europa erleichtern.
31.01.2025 | 2:00 minMatthew Holehouse vom Economist fällt auf, dass sich der politische Diskurs in Großbritannien beim Thema Migration stark verändert habe: "Die Rhetorik wird immer radikaler, von der Deportation von Hunderttausenden zu sprechen, wäre früher nicht möglich gewesen."
Migration als Wut-Thema
Die Unzufriedenheit vieler Briten mit dem Zustand im Land aber auch mit ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation ist groß, meint Rafael Behr. "Das nutzte Farage schon für seinen Brexit-Feldzug. Nun sagen die meisten, der Brexit hat auch nicht funktioniert. Doch Farage gelingt es, dass ihm das keiner ankreidet."
Jetzt nutzt er dieselben Argumente schon wieder für sein politisches Comeback, sagt Behr.
"Reform UK" nicht regierungsfähig
Die Probleme bei der Gesundheitsversorgung, die Inflation, die verfallende Infrastruktur, die wirtschaftlichen Folgen des von ihm befeuerten Brexit - vieles davon berührt Farage nur oberflächlich: Vorteil - aber auch Gefahr.
Denn im Moment versammelten sich Anhänger der unterschiedlichsten Lager unter seinem Dach, mit teils gegensätzlichen Interessen, was Steuern, Gesundheitsausgaben, Nationalisierung oder Privatisierung angehe.
Wird Nigel Farage nächster britischer Premier? Zumindest liegt seine Partei Reform UK 9 Punkte vor der regierenden Labour Party. Ein Grund dürfte seine Position zum Thema illegale Migration sein.
05.09.2025 | 2:08 min"Doch sobald sie regieren, wird all das aufbrechen", prophezeit Matthew Holehouse. Die Partei sei trotz ihres Erfolgs in den Umfragen nicht bereit für eine Regierung.
Diese Partei hat drei oder vier halb kompetente Leute an der Spitze, die hauen Initiativen raus, die unausgegoren sind, wie sie insgeheim wohl auch eingestehen würden.
Matthew Holehouse, The Economist
Obwohl wahrscheinlich erst in vier Jahren das nächste Mal gewählt wird, machte Nigel Farage spätestens heute klar: Er will nach 10 Downing Street.
Wolf-Christian Ulrich ist ZDF-Korrespondent für das Vereinigte Königreich und Irland.
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