María Corina Machado: Friedensnobelpreis ohne Frieden?

Auszeichnung in Oslo:María Corina Machado: Friedensnobelpreis ohne Frieden?

Porträt von Christoph Röckerath, ZDF-Auslandsstudioleiter Rio de Janeiro

von Christoph Röckerath

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María Corina Machado wird als mutige Oppositionsführerin Venezuelas ausgezeichnet. Für viele ist sie Hoffnungsträgerin. Andere kritisieren ihre Nähe zu Trump und kriegerische Töne.

Demonstranten in Venezuela unterstützen Maria Corina Machado.

Weltweit haben Anhänger der venezolanischen Oppositionsführerin María Corina Machado am Wochenende ihre Unterstützung auf die Straße getragen.

07.12.2025 | 0:53 min

Dass María Corina Machado eine mutige Frau ist, vor der sich Venezuelas starker Mann, Präsident Nicolás Maduro, so sehr fürchtete, dass er sie von der Präsidentschaftswahl im letzten Jahr ausschloss, dürften die wenigsten bezweifeln.

Friedensnobelpreis: Die Welt schaut auf Venezuela

Aus dem Versteck in Venezuela leitete sie den Wahlkampf der Opposition, der in einem klaren Sieg des Ersatzkandidaten Edmundo González Urrutia mündete, der von Maduro ignoriert und ausgesessen wurde.

Ob Machados Mut und die damit verbundene Erwartung auf Veränderung den Ausschlag für den Friedensnobelpreis gaben, bleibt Spekulation.

Venezolanerin Machado widmet Friedensnobelpreis Trump

Den Friedensnobelpreis 2025 erhält die Oppositionspolitikerin Machado aus Venezuela. Das Komitee würdigte ihren Einsatz für die demokratischen Rechte des venezolanischen Volkes.

10.10.2025 | 3:05 min

In der Geschichte des Preises gab es immer wieder Fälle, in denen nicht die vollbrachte Leistung, sondern die Aussicht auf Erfolg prämiert wurde - wie beim gerade erst als US-Präsident angetretenen Barack Obama, der selbst zugab, nicht zu wissen, wofür er den Nobelpreis erhielt.

Auch diesmal scheint der Preis ein Signal zu sein: Die Welt schaut auf Venezuela.

Maria Corina Machado bei der «Freedom Week»

Die Friedensnobelpreisträgerin Maria Corina Machado kommt nicht zur Preisverleihung nach Oslo. Die venezolanische Oppositionspolitikerin lebt aus Sicherheitsgründen im Untergrund.

10.12.2025 | 0:24 min

Venezuela in der tiefen Krise

Das Land steckt in einer der schlimmsten humanitären Krisen der westlichen Hemisphäre. Eine korrupte Elite wirtschaftet eines der rohstoffreichsten Länder der Welt zugrunde, während Millionen Menschen aus purer Not fliehen. Ein Drittel der Bevölkerung lebt im Ausland, die Zurückgebliebenen kämpfen mit Hunger, Gewalt und Perspektivlosigkeit.

Dennoch hält sich das linksnationalistische Regime unter Maduro hartnäckig an der Macht: ein engmaschiges Netz aus Militär, Geheimdiensten und loyalen Eliten, in dem alle Beteiligten nur gemeinsam reich werden oder untergehen.

Schaltgespräch Wiesel-Lancé Röckerath

Die USA greifen mutmaßliche venezolanische "Drogenboote" an - und setzen den Präsidenten Maduro unter Druck. Korrespondent Christoph Röckerath ordnet ein.

03.12.2025 | 2:53 min

Machado einte kurzzeitig die Opposition in Venezuela

Die Opposition ist breit gefächert - von moderaten Kräften bis hin zu extrem rechten Gruppen - und seit Jahren zerstritten. Sie findet nur in Ausnahmesituationen zusammen: 2019 kurzzeitig unter Juan Guaidó, 2024 unter Machado. Doch auch diese Einheit scheint bereits zu bröckeln.

Denn wie so oft in Lateinamerika wird die Krise zur politischen Projektionsfläche für Aktivisten und Ideologen von links und rechts. Dadurch könnte selbst der Friedensnobelpreis einen faden Beigeschmack bekommen.

Die lauteste Stimme ist US-Präsident Donald Trump, der sowohl Venezuela als auch den Friedensnobelpreis zu seiner Angelegenheit erklärt hat.

US-VENEZUELA-POLITICS-PROTEST

Venezuelas autoritärer Präsident Nicolás Maduro hat den USA vorgeworfen, es mit der verstärkten Militärpräsenz in der Karibik auf die Ölvorkommen seines Landes abgesehen zu haben.

02.12.2025 | 2:08 min

Machado sucht Nähe zu Donald Trump

Prompt widmete Machado ihm die Auszeichnung - je nach Sichtweise ein kluger Schachzug, um den für Schmeicheleien empfänglichen Präsidenten einzubinden, oder Ausdruck echter Sympathie. Letzteres belastet die Opposition zusätzlich, je mehr die USA den militärischen Druck erhöhen.

Mit ihrer aufrichtigen oder taktischen Nähe zu Trump bietet Machado Angriffsfläche. Sie begrüßte etwa den US-Aufmarsch als notwendiges Mittel gegen Maduro.

Bei der Frage nach einem Angriff auf venezolanisches Territorium bleibt sie vage, was manche als Zustimmung werten. Der internationale Druck sei wichtig, Maduro müsse zurücktreten, sagte sie kürzlich im norwegischen Fernsehen.

Venezuela - Maduros Machtkampf

Präsident Maduro regiert Venezuela seit elf Jahren mit harter Hand. Trotz Unruhen und Wirtschaftssanktionen der USA hält er an der Macht fest.

19.08.2025 | 51:58 min

Friedensaktivisten kritisieren Machado

Friedensaktivisten reagieren empört: "Inakzeptabel, dass der Nobelpreis Gewalt rechtfertigt", schreibt die Latin-Amerikagruppene aus Norwegen. Auch das Peace Research Institute Oslo sieht die Auszeichnung als Hindernis für einen friedlichen Dialog.

Hinzu kommt, dass mehrere rechtskonservative Präsidenten, darunter Argentiniens ultraliberaler Javier Milei, nach Oslo reisen, um, wie sie sagen, Machado den Rücken zu stärken - und die Bühne für sich selbst zu nutzen. Machado selbst werde an der Verleihung nicht teilnehmen, hieß es am Morgen vor der Verleihung aus dem norwegischen Nobelinstitut.

Dabei tut sich die traditionelle Linke auch ohne Trump, Milei und Co. schon schwer, eine klare Linie gegenüber Venezuela zu finden: Brasiliens Arbeiterpartei etwa pflegte lange gute Beziehungen zu Venezuelas Sozialisten und kommentierte die Entscheidung für Machado auffallend distanziert.

Eine geeinte demokratische Front gegen die Diktatur in Venezuela ist kaum zu erkennen.

Drei Männer mit vermummten Gesichtern blicken in die Kamera. Sie haben Schusswaffen in der Hand, die sich an Mund und Schläfe halten.

Im Jahr 2016 befindet sich Venezuela im Ausnahmezustand. Sebastian Perez Pezzani und Didier Barral dokumentieren die schwere Energie- und Wirtschaftskrise, unter der die Bevölkerung leidet.

12.12.2024 | 44:06 min

Hilft der Friedensnobelpreis den Menschen in Venezuela?

Hinter all dem politischen Lärm droht das Schicksal der leidenden Venezolaner in den Hintergrund zu geraten. Unpolitisch war der Nobelpreis nie; ein gewisser Aktivismus liegt in seinem Kern.

Doch so aktuell und umstritten wie diesmal war eine Entscheidung lange nicht. Die Frage bleibt: Ob und wann dieser Preis den Menschen in Venezuela hilft.

Christoph Röckerath ist Leiter des ZDF-Südamerika-Studios in Rio de Janeiro.

Über dieses Thema berichtete ZDFheute in dem Beitrag "Demos für María Corina Machado" am 07.12.2025 um 18.53 Uhr sowie das heute journal update vom 10. Dezember 2025 ab 00:30 Uhr und ZDFheute Xpress ab 08:00 Uhr.

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