Lecornu und Macron unter Druck: 4 Szenarien für Frankreichs Krise

Regierungskrise:Frankreich: Vier Szenarien, wie es weitergehen könnte

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Bis zum Abend hat der zurückgetretene Premier Lecornu Zeit, einen Weg aus Frankreichs Regierungskrise zu finden. Vier Szenarien, wie es weitergehen könnte.

Der scheidende französische Premierminister Sébastien Lecornu gibt ein Statement vor dem Hotel Matignon in Paris.

Am Abend will der zurückgetretene Premierminister Lecornu Präsident Macron Auswege aus der Regierungskrise präsentieren. Eine Lösung scheint nun doch möglich zu sein.

08.10.2025 | 1:29 min

Szenario 1: Lecornu findet Kompromiss und macht weiter

Gelingt es Sébastien Lecornu, bei seinen Gesprächen mit den Parteien einen gemeinsamen Nenner zur Stabilisierung des Landes zu finden, könnte Emmanuel Macron ihn bitten, einen Neustart als Premier zu wagen.

Zwar hatte Lecornu laut Medien durchblicken lassen, er wolle nicht erneut als Premier antreten. Als enger Vertrauter des Präsidenten würde er Macrons Wunsch aber wohl nicht ablehnen. Ein Vorteil wäre, dass er als Architekt eines möglichen Kompromisses auf die Unterstützung der beteiligten Parteien bauen könnte.

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Szenario 2: Nach Kompromiss ernennt Macron linken Premier

Denkbar ist auch, dass Lecornu bei seinen Gesprächen zwar einen Ausweg aus der Krise findet, die Parteien aber auf einen Premier aus einem anderen Lager pochen - einen, der nicht als Vertreter des Präsidentenlagers wahrgenommen würde. Dagegen hat Macron sich bislang zwar kategorisch gesperrt, dies könnte aber Teil einer Lösung der verfahrenen Situation sein.

Aus den vorgezogenen Neuwahlen 2024 ist das linksgrüne Lager als stärkste Kraft hervorgegangen. Allerdings ist das linksgrüne Wahlbündnis längst zersplittert. Ein sozialistischer Premierminister hätte es äußerst schwer, in der Nationalversammlung eine Mehrheit zu bekommen. Die Sozialisten beharren darauf, dass die seit 2023 geltende Rentenreform ausgesetzt wird. Das lehnen die Mitte-Rechts-Parteien und die Rechtspopulisten bisher entschieden ab.

Der scheidende französische Premierminister Sebastien Lecornu während einer Erklärung, nachdem er heute Morgen im Innenhof des Hôtel Matignon in Paris, Frankreich, dem französischen Präsidenten den Rücktritt seiner Regierung vorgelegt hatte. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am 6. Oktober 2025 den Rücktritt von Premierminister Sebastien Lecornu angenommen.

Nach dem Rücktritt des dritten Premierministers in zwölf Monaten steht Frankreichs Präsident Macron enorm unter Druck. Die Stimmen für eine Auflösung des Parlaments werden lauter.

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Szenario 3: Macron ruft Neuwahlen aus

Macron hatte sein Umfeld verkünden lassen, er werde sich im Fall des Scheiterns der Lecornu-Verhandlungen "seiner Verantwortung stellen". Es scheint ausgeschlossen, dass er dann nach einem weiteren Premier Ausschau hält. Vielmehr wird die Aussage so ausgelegt, als könne Macron die Nationalversammlung auflösen und erneut vorgezogene Parlamentswahlen ausrufen.

Dabei besteht allerdings das Risiko, dass die Mehrheitsverhältnisse in Frankreich weiterhin kompliziert bleiben. Möglich ist auch, dass die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) bei einer Neuwahl ihr Ergebnis deutlich verbessern kann. Falls der RN als klarer Sieger aus den Neuwahlen hervorginge, würde die Partei massiv fordern, dass Macron Parteichef Jordan Bardella zum Premierminister ernennt.

Prof. Hélène Miard-Delacroix von der Sorbonne Université im Interview im Videocall vor einem gefüllten Buchregal.

Nur einen Monat nach seiner Ernennung ist Frankreichs Premierminister Lecornu zurückgetreten. Was das für Präsident Macron bedeutet – Analyse bei ZDFheute live.

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Szenario 4: Rücktritt von Präsident Macron

Ein Rücktritt ist durchaus möglich, auch wenn Macron dies bislang immer entschieden ausgeschlossen hat. Der Präsident hatte kürzlich betont, er sei direkt vom Volk gewählt worden und werde sein Amt bis zum regulären Ende im Frühjahr 2027 ausüben.

Im Fall eines Rücktritts des Präsidenten muss nach spätestens 35 Tagen neu gewählt werden. Derzeit bringen sich zahlreiche Politiker für eine Präsidentschaftskandidatur in Stellung. In Umfragen liegen die Rechtspopulisten, der 30 Jahre alte Parteichef Jordan Bardella und Fraktionschefin Marine Le Pen, vorn. Le Pen darf derzeit nach einer Verurteilung wegen Veruntreuung von EU-Geldern nicht kandidieren. Das Urteil hat sie angefochten.

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Luis Jachmann, Paris
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