Weg von der reinen Entwicklungshilfe:Wie Europa seine Beziehungen zu Afrika neu ordnen will
von Isabelle Schaefers, Luanda
Die Beziehungen zwischen der EU und der Afrikanischen Union sind kompliziert - und sollen künftig besser werden. Dabei geht es auch um Rohstoffe und wachsende Konkurrenz aus China.
Spitzen-Politiker aus Europa und Afrika treffen sich am Montag zu Gesprächen über bessere Zusammenarbeit in Angola. Es soll um Sicherheit, Wohlstand und Migration gehen.
24.11.2025 | 0:21 minAn einer der Hauptverkehrsadern in Angolas Hauptstadt Luanda, in einer staubigen Seitenstraße, investiert die EU. Das Start-up Narisrec hat eine Mission: Rohstoffe recyceln und einer Kreislaufwirtschaft zuzuführen.
In Angola findet der EU-Afrika-Gipfel statt. Über die Gespräche über mehr Zusammenarbeit berichtet ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers in Luanda.
24.11.2025 | 0:49 min20 junge Angolaner arbeiten hier, schrauben Drucker, PCs, Handys und anderen Elektroschrott auseinander und sortieren die Bestandteile. Kupfer und Aluminium etwa, aber auch Plastik werden zur Wiederverwertung weiterverkauft.
Kilson Contreiras von Narisrec erklärt:
Kunststoff wird als Rohstoff verkauft, zum Beispiel in Angola, wo er als Zusatzstoff für Zement dient, um diesen zu festigen.
Kilson Contreiras, Narisrec
Es sei wegen der Umwelt sehr wichtig, diese Materialien richtig zu behandeln.
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23.11.2025 | 2:52 minWeg von klassischer Entwicklungshilfe
Das Ziel der EU: die Kreislaufwirtschaft fördern, damit Rohstoffe sichern und die Umwelt schützen. Jobs sollen auch geschaffen werden. 150 Milliarden Euro will die EU im Rahmen ihrer Initiative "Global Gateway" zwischen 2021 und 2027 in Afrika investieren. Dabei will die EU weg von klassischer Entwicklungshilfe, hin zu Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe.
Der Kampf um Rohstoffe
Auf Augenhöhe bedeutet für die EU auch, die eigenen Interessen fest im Blick zu haben. Lange dienten die Investitionen in den afrikanischen Kontinent der Eindämmung von Migration nach Europa.
Die Logik war: Wenn wir in den Heimatländern Jobs und Möglichkeiten schaffen, kommen weniger Menschen zu uns. Das ist auch weiter eines der Ziele. Aber hinzugekommen ist ein anderes: Rohstoffe nach Europa holen.
Eine neue Hauptroute für Flüchtlinge aus Afrika führt von Libyen nach Kreta. Im ersten Halbjahr kamen mehr als 10.000 Menschen auf die Insel, eine Steigerung um 350 Prozent.
10.07.2025 | 1:38 minKonkurrenz aus China
Die gleiche Hauptstraße in Luanda zeigt deutlich, wer die Konkurrenz ist: Überall chinesische Schriftzeichen, Werbetafeln auf Chinesisch, chinesische Shoppingzentren. Politikwissenschaftler Osvaldo Mboco erklärt:
China stellt keine Fragen im Zusammenhang mit Menschenrechten oder Transparenz.
Osvaldo Mboco, Politikwissenschaftler von der Technischen Universität Angola
Weiter sagt er: "China möchte Zugang zu Bodenschätzen haben und eine Rendite erzielen. Ob das afrikanische Land über demokratische Institutionen verfügt oder nicht, ist China egal."
Im Großraum der Hauptstadt von Angola am Atlantik leben etwa 12 Millionen Menschen.
Quelle: dpaAufholen mit angezogener Handbremse
Die EU steuert nach. Etwa mit Projekten wie dem Lobito-Korridor, einer Bahnlinie von der Demokratischen Republik Kongo und aus Sambia - beides rohstoffreiche Länder - hin zur angolanischen Hafenstadt Lobito. Von hier sollen die Rohstoffe schneller in die Welt verteilt werden.
Die EU, aber auch die USA, haben hier investiert - in der Hoffnung, sich so auch den Zugang zu den Rohstoffen zu sichern.
Die EU ist der wichtigste Handelspartner für die Afrikanische Union (AU): In 2024 belief sich das Handelsvolumen von Waren zwischen EU und AU laut IWF auf rund 368 Milliarden Euro. Das zwischen AU und China auf rund 213 Milliarden Euro.
Im nordafrikanischen Bürgerkriegsland Sudan eskaliert der Machtkampf zwischen Armee und RSF-Miliz. Seit der Eroberung von Al-Faschir häufen sich Berichte von Gräueltaten.
07.11.2025 | 1:51 minEin Problem sei jedoch, dass die AU keine gemeinsame Linie habe, was sie von der EU fordere, kritisiert Politikwissenschaftler Mboco. "Die Afrikaner müssen vor ihrer eigenen Haustür kehren. Wir brauchen funktionierende Institutionen, keine Korruption. Wir müssen das Geschäftsumfeld verbessern, nur so können wir ausländische Investoren anziehen".
Weltpolitik als Realitätscheck
Die europäischen Staats- und Regierungschefs werden am Rande des Gipfels auch über den Friedensplan für die Ukraine sprechen. Das dürfte den afrikanischen Partnern einmal mehr vor Augen führen, wo die Priorität der Europäer liegt.
Der ‚Grand Ethiopian Renaissance Dam‘ ist mehr als ein Prestigeprojekt. Er soll Strom für Millionen Menschen liefern, sorgt aber auch für Streit mit Nachbarstaaten Äthiopiens.
09.09.2025 | 2:33 minDie Europäer würden sich gerade bei der UN mehr Unterstützung von den afrikanischen Partnern in Sachen Ukraine wünschen. Die Nähe der EU zur Ukraine sei verständlich, so Mboco. Aber "jeden Tag sterben Menschen in Afrika - Krieg, Hunger, Pandemien. Wir in Afrika haben diese Probleme", so Mboco.
Europa scheint aber nicht an diesen afrikanischen Problemen interessiert zu sein.
Osvaldo Mboco, Politikwissenschaftler von der Technischen Universität Angola
Es werden heute rund 16 europäische und mehr als 20 afrikanische Staats- und Regierungschefs erwartet - 76 waren eingeladen. Um eine echte Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen EU und AU aufzubauen, braucht es mehr als nur Geld. Es bräuchte gemeinsame Ziele.
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