Putschversuch in Brasilien:Warum Bolsonaro eine Gefängnisstrafe droht
Ex-Präsident Jair Bolsonaro ist wegen eines Putschversuchs angeklagt. Ihm drohen 40 Jahre Haft. Die Beweislast ist erdrückend, doch für seine Anhänger ist er ein Opfer der Justiz.
Jair Bolsonaro muss wegen erhöhter Fluchtgefahr im Hausarrest bleiben. Ihm drohen bis zu 40 Jahre Haft.
Quelle: APZuerst erkannte er seine Wahlniederlage nicht an. Wenig später stürmten die radikalsten unter seinen Anhängern das Parlament. Ist hier die Rede von Donald Trump oder Jair Bolsonaro? Der Beginn der Geschichte passt zu beiden. Doch während Donald Trump wieder US-Präsident ist, erwartet den "Trump der Tropen", wie Ex-Präsident Bolsonaro auch genannt wird, eine Verurteilung vor dem Obersten Gerichtshof in Brasilien. Davon gehen selbst enge Verbündete Bolsonaros aus - die Beweislast sei erdrückend.
Bolsonaro soll Putsch geplant haben
Bolsonaro soll mit sieben weiteren Angeklagten einen Putsch geplant haben, um zu verhindern, dass Wahlsieger Lula da Silva das Präsidentenamt übernimmt. Sogar die Ermordung Lulas, dessen Vizepräsidenten Alckmin und des obersten Richters Moraes soll zu den Umsturzplänen gehört haben. Dem Obersten Gerichtshof liegen schriftliche Ausarbeitungen des Putschvorhabens vor.
Der Anklageschrift der brasilianischen Bundesstaatsanwaltschaft zufolge gehören Bolsonaro und sieben weitere Angeklagte, darunter Ex-Minister des Kabinetts, Bolsonaro und hochrangige Militärs, zu den wichtigsten Drahtziehern und Entscheidungsträgern des Putschversuchs. Zunächst wurden Zweifel an der Sicherheit der elektronischen Wahlurnen gestreut und das Ergebnis der Wahl in Frage gestellt.
Wenige Monate später soll die Operation “gelb-grüner Dolch”, die auch die Ermordung von Präsident Lula da Silva beinhaltete, ausgearbeitet worden sein, von der, laut Anklage, auch Bolsonaro gewusst haben soll. Auch wenn Bolsonaro am 8. Januar 2023, als seine aufgepeitschten Anhänger schließlich das Regierungsviertel stürmten, in den USA und damit nicht direkt beteiligt war, könnte die Randale laut Bundesstaatsanwaltschaft nicht von Bolsonaro getrennt werden. Die Anklagepunkte lauten also unter anderem: Gründung einer bewaffneten kriminellen Vereinigung, Staatsstreich und Beschädigung von denkmalgeschütztem Kulturgut.
In Brasilien hat die Staatsanwaltschaft Ex-Präsident Bolsonaro wegen eines mutmaßlichen Putschversuchs angeklagt. Nach seiner Wahlniederlage kam es zu schweren Ausschreitungen.
19.02.2025 | 0:24 minAb heute wird dort über das Urteil gegen Bolsonaro beraten. Die Urteilsverkündung wird für Mitte September erwartet. Ihm droht eine maximale Haftstrafe von über 40 Jahren.
Die Bedeutung dieses Urteils geht weit über Bolsonaro hinaus.
Oliver Stünkel, Politikwissenschaftler
"Unter den Richtern herrscht die Überzeugung, dass dies ein entscheidender Moment ist, um all jenen, die in Zukunft einen Angriff auf das demokratische System planen, einen starken Abschreckungsimpuls zu geben", sagt Politikwissenschaftler Oliver Stünkel. Eine Gefängnisstrafe für Bolsonaro könne die lange Geschichte der Straflosigkeit in Brasilien beenden.
Ex-Präsident streitet Vorwürfe ab
Wegen möglicher Fluchtgefahr schickte der für den Putschprozess zuständige oberste Richter Bolsonaro schon Anfang August in den Hausarrest mit elektronischer Fußfessel. Sein Haus in einem Nobelviertel der Hauptstadt Brasilia wird rund um die Uhr von Polizisten bewacht.
Bolsonaro streitet alle Vorwürfe gegen ihn ab. In der Öffentlichkeit darf er sich nicht äußern. Er darf keine Interviews geben und keine sozialen Medien nutzen. Denn ihm wird vorgeworfen, immer wieder versucht zu haben, in den laufenden Prozess einzugreifen. Gegen ihn und seinen Sohn Eduardo wird deshalb nun auch wegen Behinderung der Justiz ermittelt.
Der brasilianische Ex-Präsident Bolsonaro soll eine Flucht nach Argentinien geplant haben, um dort Asyl zu beantragen. Das geht aus Ermittlungsunterlagen der Polizei hervor.
21.08.2025 | 0:22 minSohn wollte Amnestie für Bolsonaro erzwingen
Eduardo Bolsonaro, beurlaubter Kongressabgeordneter und in die USA geflohen, warb bei der US-Regierung für Maßnahmen gegen die brasilianischen Behörden, um eine Amnestie für seinen Vater zu erzwingen. Wenig später kündigte Donald Trump Rekordzölle von 50 Prozent auf brasilianische Importe an und begründete die Entscheidung mit einer "Hexenjagd" gegen Bolsonaro. Genutzt hat Trumps Zollpolitik Bolsonaro kaum, sie hat vielmehr dessen Erzfeind Präsident Lula da Silva in die Karten gespielt, der sich nun als Verteidiger der brasilianischen Souveränität präsentieren kann.
Donald Trump will auf Importe aus Brasilien Zölle in Höhe von 50 Prozent erheben. Trump begründet das mit dem Vorgehen der brasilianischen Justiz gegen Ex-Präsident Bolsonaro.
10.07.2025 | 0:27 minGroße Zustimmung trotz Prozess
Trotzdem: Bolsonaro ist nach wie vor der stärkste Oppositionspolitiker des Landes. Aktuellen Umfragen zufolge halten ihn fast 40 Prozent der Brasilianer für ein Opfer der Justiz.
Die brasilianische Gesellschaft ist extrem polarisiert. Das macht diesen Fall so schwierig.
Oliver Stünkel, Politikwissenschaftler
In Brasilien haben Tausende für Ex-Präsident Bolsonaro demonstriert. Bolsonaro wird beschuldigt nach seiner Wahlniederlage 2022 einen Staatsstreich angezettelt zu haben.
30.06.2025 | 0:23 min"Bolsonaro genießt nach wie vor große Unterstützung, auch auf der Straße. Der Bolsonarismus ist gekommen, um zu bleiben, und hat sich bereits fest in der brasilianischen Politik etabliert", erklärt Oliver Stünkel.
Wie stark die Unterstützung für Bolsonaro tatsächlich ist, wird sich am Wochenende zeigen. Für den brasilianischen Unabhängigkeitstag am 7. September kündigen Bolsonaros Anhänger Demonstrationen in mehreren großen Städten des Landes an. Sie fordern eine Amnestie für Bolsonaro und alle weiteren Angeklagten. Für sie gefährde nicht Bolsonaro die brasilianische Demokratie, sondern der Oberste Gerichtshof. Der wurde bereits weiträumig abgesperrt, auch um Szenen wie die vom Sturm auf das Regierungsviertel im Januar 2023 zu vermeiden.
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