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50 Prozent:Warum Trump Brasilien mit Rekordzöllen belegt
von Eva Riedmann, Rio de Janeiro
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Die Folgen für die Wirtschaft dürften drastisch sein: US-Präsident Trump belegt Produkte aus Brasilien mit Zöllen von 50 Prozent - weniger aus wirtschaftlichen Gründen.
Protest gegen Trumps Zollpläne in São Paulo im Juli
Quelle: dpa
Die Mangobäume hängen voller Früchte auf den zahlreichen Plantagen im Nordosten Brasiliens. Eigentlich sollten sie jetzt geerntet und in die USA exportiert werden. Doch viele der Bestellungen wurden gestrichen. Es ist ein Geschäft, das sich nicht mehr lohnt. Denn Mangos sollen, wie viele andere brasilianische Produkte, mit Zöllen von 50 Prozent belegt werden - einer der Spitzensätze in der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump.
"Es ist eine Tragödie", sagt Jailson Lira de Paiva vom Verband der Landwirte Petrolina. "Die Bauern wissen nicht mehr weiter." Sollten die Zölle tatsächlich kommen, seien tausende Arbeitsplätze in der Region gefährdet.
Trump: "Hexenjagd" gegen Bolsonaro
Bereits Anfang Juli hatte Trump die Zölle angekündigt, am siebten August sollen sie nun in Kraft treten. Die Liste der Ausnahmen ist jedoch lang: 700 Produkte, darunter Flugzeugteile, Orangensaft oder Erdöl sind von den Abgaben befreit. Kaffee, Rindfleisch und Früchte stehen aber weiterhin auf der Liste.
Als Gründe für die hohen Zölle nannte Trump unter anderem Brasiliens Gesetzgebung zur Regulierung sozialer Medien und die, in Trumps Worten, "Hexenjagd" gegen den brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro.
Donald Trump veröffentlichte die Zollankündigung auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social. Er schrieb:
"Die Art und Weise, wie Brasilien den ehemaligen Präsidenten Bolsonaro behandelt hat, einen hoch angesehenen Führer in der ganzen Welt, auch in den Vereinigten Staaten, ist eine internationale Schande. Dieser Prozess sollte nicht stattfinden. Es ist eine Hexenjagd, die SOFORT beendet werden sollte.
Unter anderem aufgrund der heimtückischen Angriffe Brasiliens auf die freien Wahlen und auf die grundlegenden Rechte der Amerikaner auf freie Meinungsäußerung werden wir einen Zollsatz von 50 Prozent auf alle brasilianischen Produkte erheben, die in die Vereinigten Staaten eingeführt werden."
"Die Art und Weise, wie Brasilien den ehemaligen Präsidenten Bolsonaro behandelt hat, einen hoch angesehenen Führer in der ganzen Welt, auch in den Vereinigten Staaten, ist eine internationale Schande. Dieser Prozess sollte nicht stattfinden. Es ist eine Hexenjagd, die SOFORT beendet werden sollte.
Unter anderem aufgrund der heimtückischen Angriffe Brasiliens auf die freien Wahlen und auf die grundlegenden Rechte der Amerikaner auf freie Meinungsäußerung werden wir einen Zollsatz von 50 Prozent auf alle brasilianischen Produkte erheben, die in die Vereinigten Staaten eingeführt werden."
Ein ungewöhnlicher und grober Angriff gegen Brasilien sei das, so Politologe Guilherme Casarões von der Getúlio-Vargas-Stiftung. "Die Maßnahmen heben den Zollstreit auf ein neues Level."
Die Motivation hat nichts mit Handel und Wirtschaft zu tun, sie ist politisch und ideologisch.
Guilherme Casarões, Getúlio-Vargas-Stiftung
Sanktionen auch gegen obersten Richter
Bolsonaro wartet aktuell mit Fußfessel und in einer Art Hausarrest auf das Urteil in einem Prozess gegen ihm am obersten Gerichtshof. Er ist wegen eines vermeintlichen Putschversuchs angeklagt. Ähnlich wie Trump erkannte auch Bolsonaro seine Wahlniederlage nicht an, seine Anhänger stürmten wenig später den Kongress in Brasilia.
Auch gegen den für den Prozess zuständigen obersten Richter Alexandre de Moraes verhängt Trump nun Sanktionen, auf Basis des sogenannten Magnitsky-Gesetzes, das unter Experten den Spitznamen "finanzielle Todesstrafe" trägt. Moraes darf demnach keine Reisen in die USA unternehmen, keine Dienstleistungen von US-Unternehmen in Anspruch nehmen und keine amerikanischen Kreditkarten mehr nutzen.
"Das Magnitsky-Gesetz wurde eingeführt, um Sanktionen gegen schwere Menschenrechtsverletzer zu verhängen", sagte der Vater des Gesetzes Bill Browder der BBC. "Es wurde nicht geschaffen, um für politische Racheakte genutzt zu werden."
Präsident da Silva: Werden als souveränes Land verhandeln
Richter Moraes reagiert gelassen auf die Ankündigung. In einer Rede am Obersten Gerichtshof betonte er, dass er Trumps Sanktionen ignorieren werde und dass sich das Gericht nicht von Drohungen einschüchtern lasse. Auch Brasiliens Präsident Lula da Silva reagiert entschieden. In einem Interview mit der New York Times sagte er:
Brasilien wird zu keinem Zeitpunkt so verhandeln, als wäre es ein kleines Land, das sich einem großen Land gegenübersieht.
Lula da Silva, Präsident Brasiliens
"Brasilien wird als souveränes Land verhandeln", so da Silva. Die brasilianische Regierung sei bereit mit Trump zu sprechen, alle Kontaktversuche seien jedoch bisher abgeblockt worden.
Experten: Nach alternativen Handelspartnern suchen
Wirtschaftsexperten sehen Verhandlungen als einzige Lösung. Die Suche nach alternativen Handelspartnern könne den Schaden der Zölle für die brasilianische Wirtschaft allenfalls langfristig abmildern. "Wenn wir uns auf diesen Kampf einlassen, werden wir wahrscheinlich nicht mit einem positiven Ergebnis herauskommen. Wir brauchen die Vereinigten Staaten mehr als sie uns brauchen", warnt Wirtschaftsprofessor José Ronaldo Souza Junior von der Universität Ibmec.
Das sehen auch die Mango-Produzenten im Nordosten Brasilien so. Sie hoffen, dass die Zölle zumindest noch ein paar Monate aufgeschoben werden, damit sie die Mangos dieser Erntesaison noch in die USA exportieren können.
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