Ohne Vorwarnung: Wie Assad Syrien heimlich verließ

Täuschung und ein stiller Abgang:Assads heimliche Flucht aus Syrien

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Assads letzte Stunden: Verzweifelt suchte er Hilfe von Russland und Iran, während das Land fiel. Seine Berater, Familie und Armee ließ er teils ahnungslos zurück.

Baschar al-Assad, aufgenommen am 15.03.2023

Nach Rebellen-Durchbruch: Assad scheitert mit Hilfegesuchen. (Archivfoto)

Quelle: Imago

Baschar al-Assad hielt seine Fluchtpläne geheim. Berater, Beamte und Verwandte blieben ahnungslos, berichteten Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Noch Stunden vor seiner Flucht nach Moskau versicherte Assad in einer Besprechung mit Militärchefs, dass russische Unterstützung unterwegs sei, und forderte die Armee auf, durchzuhalten. Selbst seinem Büroleiter sagte er nur, er gehe nach Hause.

Stattdessen fuhr er zum Flughafen, wie ein Berater aus seinem engsten Kreis erzählt. Nadim Houri, Geschäftsführer des regionalen Think-Tanks Arab Reform Initiative sagte:

Assad hat sich einfach aus dem Staub gemacht. Er hat seine Anhänger ihrem Schicksal überlassen.

Nadim Houri, Geschäftsführer Think-Tanks Arab Reform Initiative

Interviews mit 14 Insidern zeigen, wie er vergeblich Hilfe suchte, um seine 24-jährige Herrschaft zu verlängern. Als das scheiterte, plante er seine Flucht insgeheim und setzte auf Täuschung und Verschleierung.

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Assads Flucht nach Moskau

Die meisten Quellen, darunter Assads Berater, Diplomaten und Sicherheitsbeamte, baten um Anonymität. Laut Insidern informierte Assad nicht einmal seinen Bruder Maher über seinen Fluchtplan. Maher floh per Hubschrauber nach Russland.

Assads Cousins, Ehab und Ijad Machluf, blieben zurück, als Damaskus fiel. Auf ihrer Flucht in den Libanon wurden sie von Rebellen gestoppt: Ehab soll erschossen, Ijad verwundet worden sein. Eine Bestätigung fehlt und konnte nicht unabhängig geprüft werden.

Assad floh am vergangenen Sonntag per Flugzeug aus Damaskus. Laut Diplomaten flog er unter dem Radar mit ausgeschaltetem Transponder zur russischen Luftwaffenbasis Hmeimim und weiter nach Moskau. Dort warteten bereits seine Frau Asma und die Kinder. Videos in sozialen Medien zeigen Assads hastige Flucht: Gekochtes Essen auf dem Herd und persönliche Gegenstände wie Fotoalben blieben in seinem Haus zurück.

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Assad erhält keine Unterstützung

Russland und der Iran halfen Assad dieses Mal nicht. Laut Insidern suchte Assad vergeblich um Hilfe, während seine Armee kaum Widerstand leisten konnte.

Assad besuchte Moskau am 28. November, einen Tag nach dem Durchbruch der Rebellen in der Provinz Aleppo. Seine Bitten um militärische Hilfe blieben jedoch unbeantwortet. Laut Hadi al-Bahra, Chef der syrischen Opposition im Ausland, habe Assad seinen Beratern fälschlicherweise gesagt, dass Unterstützung unterwegs sei:

Er log sie an. Die Nachricht, die er aus Moskau erhielt, war negativ.

Hadi al-Bahra, Chef der syrischen Opposition im Ausland

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte, Russlands Priorität liege nun auf dem Ukraine-Konflikt. Vier Tage später, am 2. Dezember, traf Assads sich mit dem iranischen Außenminister Abbas Araqchi in Damaskus.

Assad habe nie um iranische Truppen gebeten

Zu diesem Zeitpunkt hatte die islamistische Gruppe Haiat Tahrir al-Sham HTS die Kontrolle über Aleppo übernommen und rückte Richtung Damaskus vor. Assad sei verzweifelt gewesen und habe eingeräumt, dass seine Armee zu geschwächt sei, um Widerstand zu leisten, sagte ein iranischer Diplomat.

Zwei iranische Beamte betonten, Assad habe nie um iranische Truppen gebeten, da Israel dies als Vorwand für Angriffe auf Syrien oder den Iran nutzen könnte. Der Kreml lehnte eine Stellungnahme ab, das iranische Außenministerium war nicht erreichbar.

Militärexperte Gustav Gressel bei ZDFheute live.

Wenn man im Westen erkennt, dass Russland auch verlieren kann, könnte sich psychologisch und politisch was für die Ukraine ändern, sagt Militärexperte Gustav Gressel.

12.12.2024 | 25:20 min

VAE verweigern Zuflucht aus Angst vor Reaktionen

Nachdem alle Optionen ausgeschöpft waren, beschloss Assad schließlich, das Land zu verlassen. Damit endete die Herrschaft seiner Familie in Syrien seit 1971. Laut drei Vertrauten wollte er zunächst Zuflucht in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) suchen, wurde dort aber abgewiesen.

Die VAE fürchteten eine internationale Gegenreaktion, da Assad wegen des mutmaßlichen Einsatzes von Chemiewaffen unter US- und EU-Sanktionen steht - Vorwürfe, die er zurückweist. Die Regierung der VAE reagierte nicht sofort auf eine Anfrage nach einem Kommentar.

Volker Perthes, Politikwissenschaftler

Eine Kettenreaktion nennt es Volker Perthes von der Stiftung SWP. Russland und Iran seien mit eigenen Kämpfen beschäftigt und das Regime wie ein Kartenhaus zusammengebrochen.

08.12.2024 | 3:40 min

Russland half Assad bei seiner Flucht

Aber obwohl die Regierung in Moskau Assad in Syrien nicht helfen wollte, ließ sie ihn nicht gänzlich im Stich. Außenminister Sergei Lawrow leitete die Bemühungen, Assads sichere Flucht nach Russland zu gewährleisten. Er nutzte Verbindungen der Türkei und Katars zur HTS, um Assads Abgang zu ermöglichen, so ein westlicher Insider.

Offiziell bestritten beide Länder Kontakte zur HTS, die als Terrororganisation gilt. Moskau koordinierte zudem mit Nachbarstaaten, um sicherzustellen, dass Assads Flugzeug nicht abgefangen oder angegriffen wurde.

Assads letzter Ministerpräsident Mohammed Dschalali berichtete, er habe Samstagabend zuletzt mit Assad telefoniert. Er schilderte die Panik auf den Straßen, worauf Assad nur sagte: "Morgen werden wir sehen." Am Sonntagmorgen war Assad nicht mehr erreichbar.

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In Syrien haben Rebellengruppen Machthaber Assad gestürzt. Nun will die EU die Bevölkerung über eine "Luftbrücke" mit Hilfsgütern unterstützen. Alle Entwicklungen im Liveblog.
A masked opposition fighter carries a flag of Hayat Tahrir al-Sham (HTS) in the courtyard of the Umayyad Mosque in the old walled city of Damascus, Syria, on Tuesday, Dec. 10, 2024. HTS is the largest rebel faction within the opposition that toppled Bashar Assad's regime last Sunday. (AP Photo/Hussein Malla)
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Quelle: Reuters
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