Wie die AfD beim Thema Wehrpflicht laviert

Analyse

Antrag der Partei ist tot:Wie die AfD beim Thema Wehrpflicht laviert

Nicole Diekmann
von Nicole Diekmann
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Eigentlich will die AfD die Wehrpflicht wieder einführen. Doch ein Antrag der Partei, der das fordert, ist tot. Die AfD tut sich schwer damit, eine Position zu finden.

AfD Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla stehen bei einem Pressestatement zur Besetzung der Ausschüsse im Bundestag

AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel und Tino Chrupalla (Archivbild)

Quelle: dpa

Unmissverständlicher geht es nicht: Sie trete "dafür ein, für alle männlichen deutschen Staatsbürger im Alter zwischen 18 und 25 Jahren den Grundwehrdienst wieder einzusetzen", schreibt die AfD in ihrem Grundsatzprogramm von 2022.

Auch Bernd Baumann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Bundestag, formuliert es an diesem Dienstag frei von jeglichen Spurenelementen eines Fragezeichens:

Wir sind für die Wehrpflicht, ganz grundsätzlich. Wir sind die einzige Partei, die für die Wehrpflicht ist.

Bernd Baumann, AfD

Reservistinnen und Reservisten marschieren im Rahmen des Nationalen Veteranentags für einen Reservistenappell mit Schwurbekräftigung in der Zitadelle Vechta.

In der schwarz-roten Koalition gehen die Meinungen auseinander, ob das Prinzip Freiwilligkeit beim Wehrdienst ausreicht.

06.10.2025 | 1:39 min

AfD beim Thema Wehrpflicht uneinig

Nur die AfD will die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht? Steile These. Fast genauso steil ist allen Beteuerungen zum Trotz allerdings auch die These, die AfD sei ganz grundsätzlich dafür.

In der Realität nämlich eiert die Partei bei diesem Thema seit geraumer Zeit erstaunlich orientierungslos herum. Und ein Ende der Suche nach einer Position, die sich mit der im Grundsatzprogramm deckt, scheint weiterhin nicht in Sicht. Ein seit längerer Zeit angekündigter und in der Bundestagsfraktion kursierender Antragsentwurf soll nun gar nicht erst in den Bundestag eingebracht werden.

Dirk Wiese im Gespräch

Dirk Wiese, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, mahnt, die aktuelle Bedrohungslage ernst zu nehmen. Das Wehrdienstgesetz sei eine gute Grundlage, um für mehr Sicherheit zu sorgen.

06.10.2025 | 4:17 min

Antrag sollte eigentlich nach dem Sommer kommen

Maßgeblich treibende Kraft hinter dem Antrag ist Rüdiger Lucassen, Oberst a.D. und verteidigungspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. Lucassen und andere fordern darin exakt das, was angeblich Parteilinie ist: die Reaktivierung der seit 2011 ruhenden Wehrpflicht.

Noch im Juli zeigte sich einer der Initiatoren des Antrags im Gespräch mit dem ZDF äußerst optimistisch: Nach der parlamentarischen Sommerpause werde seine Fraktion diesen Antrag in den Bundestag einbringen, allen schon zuvor geführten innerparteilichen Kontroversen zum Trotz.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius spricht auf einer Pressekonferenzüber die Planung und Beschaffung der Bundeswehr.

Das Bundeskabinett hat ein Beschaffungsbeschleunigungsgesetz beschlossen. Damit soll die Bundeswehr schneller an neue Ausrüstung und Rüstungsgüter kommen.

23.07.2025 | 1:41 min

AfD-Antrag zum Thema ist tot

Nun ist die Sommerpause schon seit mehreren Wochen vorbei, der Antrag aber tot. So tief sind die Gräben in der AfD, dass man nicht einmal einen Antrag einbringen kann, den die anderen Bundestagsparteien ohnehin nicht mittragen würden, weil er von der in Teilen rechtsextremistischen AfD kommt. Und der dem erklärten Ziel der AfD, die Regierungskoalition zu spalten, durchaus dienen könnte.

Aber: Nichts zu machen. Als der geplante Antrag publik wurde, setzten die mächtigen Ost-Verbände der AfD eine Resolution mit dem Titel "Keine Wehrpflicht für fremde Kriege" auf. Mit dem Thema, so die Ansicht, kann man keine Wahlen gewinnen. Besonders Thüringens Co-Landeschef und AfD-Zugpferd Björn Höcke setzte im Landtagswahlkampf auf das Thema Frieden.

Bundeswehrmänner- und Frauen

Verteidigungsminister Pistorius plant einen freiwilligen Wehrdienst, innerhalb der Koalition herrscht jedoch Uneinigkeit. Die Union kritisiert das geplante Modell und auch Bundeskanzler Merz äußert Zweifel.

06.10.2025 | 1:43 min

Friedens- oder "Soldatenpartei"?

Friedenspartei auf der einen Seite, das angestrebte Image als "Soldatenpartei" auf der anderen Seite - ein Spagat, der nicht gelingen kann und eine klare Position zur Wehrpflicht sehr schwierig macht.

Deshalb verschanzt man sich jetzt hinter Scheinbehautungen. Man wolle die Wehrpflicht, beteuert Baumann, "nur der Zeitpunkt ist bei uns in der Diskussion." Deutsche Soldaten, so die aus der Luft gegriffene Behauptung, würden ja womöglich in der Ukraine eingesetzt. Nun ist der Einsatz von Wehrpflichtigen im Ausland zwar sowieso nur unter engen Bedingungen erlaubt und bedarf der Freiwilligkeit.

In der Hoffnung, den Antrag noch zu retten, erwog man nach ZDF-Informationen gar, einen Passus einzufügen mit der Forderung, auch die freiwillige Teilnahme von Wehrdienstleistenden an Auslandseinsätzen zu verbieten.

Marietta Slomka und Boris Pistorius sprechen im Schaltgespräch über Putin

"Wir haben reagiert. Entschlossen, aber eben auch besonnen", sagt Verteidigungsminister Pistorius. Man dürfe sich von Putin aber nicht "provozieren lassen".

29.09.2025 | 6:52 min

Weidel: Antrag erst in "Friedenszeiten"

Das waren dann doch vielleicht ein paar offensichtliche Widersprüche zu viel, sodass man jetzt einfach gar keinen Antrag einbringt. Das werde man erst in Friedenszeiten tun und wenn die AfD an einer Regierung beteiligt sei, so heute AfD-Co-Chefin Alice Weidel.

Andere Partei-Insider drücken es jenseits der Kamera anders aus. Lieber auf einen PR-wirksamen Antrag verzichten, als öffentlich in der Partei über ein Thema zu streiten, das angeblich zur AfD-DNA gehört. “Die Koalition zerlegt sich doch sowieso gerade in der Frage. Da müssen wir ja gar nichts tun. Da gucken wir lieber zu”, so das Fazit eines Parteioberen.

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