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Tour de France:Eine ganze Region im Fahrrad-Fieber
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Im ländlichen Frankreich stehen hunderte Dörfer Kopf: Die Tour de France macht bei ihnen Station. Sie erhoffen sich kurzen Ruhm und langfristige Effekte.
Gefühlt eine ganze Nation steht in diesem Juli am Streckenrand. In den Pyrenäen jubeln Kinder, Eltern, Rentnerinnen und Rentner den besten Radsportlern der Welt bei der Tour de France zu. An kaum einem anderen Ort ist die Begeisterung so eindrücklich wie am Fuße der Pyrenäen.
Auf den Bergpässen richten sich Touristinnen und Touristen aus ganz Europa mit ihren Campingwagen an den besten Stellen entlang der Strecke schon am Vortag ein.
Denn wenn sich die rund 180 Fahrer die steilen Hänge hochschleppen, gilt es den besten Blick auf Triumphe und Tragödien zu erhaschen.
Tour de France: Fans aus aller Welt kommen
Bianca Lopergolo und Olaf Schnee aus dem Rheingau haben sich eine Woche freigenommen, um bei der Tour hautnah dabei zu sein. Am Vorabend der 12. Etappe in dieser Woche haben es sich die beiden Deutschen im gepunkteten Bergtrikot mit Campingkocher und französischer Salami an der Strecke gemütlich gemacht. Österreicher, Holländer, Franzosen stehen hier dicht an dicht am Straßenrand.
Man ist hier so ein bisschen eine Familie.
Bianca Lopergolo
Man kenne sich vorher nicht, so Bianca Lopergolo. Aber man lerne sich schnell kennen. Die Deutsche schätzt die Leidenschaft für den Radsport, den Fans aus unterschiedlichen Ländern teilen.
Amateur-Radler eifern Tadej Pogačar und Co. nach
Unten im Tal bereiten sich die Bewohnerinnen und Bewohner von Bénéjacq schon seit Wochen auf den großen Tag vor. Erstmals in der 123-jährigen Geschichte der Tour de France findet auf der langen Geraden des 2.000-Seelen-Dorfes eine Sprintwertung statt. Der Amateur-Radclub kennt diese Strecke bereits in- und auswendig. Auf den kilometerlangen Wochenendtouren erkunden die 80 Vereinsmitglieder hier die ruhigen Ortschaften, fahren über Hügel und Täler.
Vor den immensen Strapazen und den Leistungen der Spitzenfahrer bei der Tour de France haben sie großen Respekt. Bastien Serrut ist beim Spektakel jedes Jahr dabei: "Die Fahrer sind so stark und unglaublich schnell. Das motiviert mich. Ich möchte eines Tages auch so gut sein wie sie." Der 13-Jährige eifert seinen Idolen Tadej Pogačar und Jonas Vingegaard nach.
Radsportevent als Teil der Kultur Frankreichs
Mit 50 Jahren mehr auf dem Buckel hat Jean-Luc Michonnet schon viele Touren am Streckenrand miterlebt. Bastiens Vereinskollege schwärmt von der einzigartigen Atmosphäre im Juli in ganz Frankreich. Die ganze Welt schaue zu, sagt er:
Und für uns in Frankreich ist es Teil unserer Kultur.
Jean-Luc Michonnet, Hobbyradfahrer
Die Tour de France stehe für Sommer, Kindheitserinnerungen, Spektakel, so Michonnet.
Bürgermeisterin von Bénéjacq hofft auf Werbeeffekt
Er hofft, dass die Tour ihren volksnahen Charme behält. Die Bürgermeisterin seines Ortes ist glücklich, dass Bénéjacq einmal ganz groß im Rampenlicht steht. "Das ist eine große Freude, wir sind stolz. Und wir bekommen Aufmerksamkeit. Vielleicht kommen so Menschen in unsere Gegend", sagt Marie-Ange Cazala-Croutzet.
Im Pyrenäen-Ort haben sie vor der Tour de France den Straßenbelag und die Bürgersteige erneuert. Das Spektakel am Tag der Tour dauert nur wenige Minuten. Dann sind alle Fahrer durch den Ort gedüst.
Nur einmal im Jahr kommen so viele Menschen in Bénéjacq zusammen, feiern bei Entenbrust und Bier noch bis in die Abendstunden auf dem zentralen Dorfplatz. Der Sprint hat Werbung für die Gegend gemacht. Gut möglich, dass sich hier bald neue Touristinnen und Touristen blicken lassen.
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