Wohn-Projekt aus Amsterdam: Günstig Mieten in der City
Projekt in den Niederlanden:Günstige City-Mieten? Eine Idee aus Amsterdam
von Annette Hoth
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Das Leben in Großstädten ist für Normalverdiener oft unbezahlbar. Mieten und Kaufpreise sind horrend. In Amsterdam packen Stadtverwaltung und Bürger nun gemeinsam an.
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Die 50 frisch gebackenen Hausbesitzer*innen haben ihrem gemeinsamen Zuhause in Amsterdam einen Spitznamen gegeben: "Kaninchenbau". Und ein bisschen erinnert die Architektur tatsächlich daran, denn alle Räume hängen mit den anderen zusammen.
"Wir haben die Haupttreppe als den Ort konzipiert, wo jeder durchkommt", sagt Kim Otten, Initiatorin des ungewöhnlichen Bauprojekts in der niederländischen Hauptstadt. "Alle Gemeinschaftsräume sind damit verbunden, etwa Büro, Bibliothek und der Ruheraum."
Die Treppe verbindet sie, so dass es die Bewohner verleitet, auf alle Stockwerke zu gehen und sich durch das ganze Gebäude zu bewegen.
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Kim Otten, Initiatorin
Kim Otten (l.) und Chandar van der Zande vor ihrem Zuhause: der innovativen Wohnkooperative "De Warren" in Amsterdam.
Quelle: Martin Kaeswurm
Vorreiter in Amsterdam
Die preisgekrönte Architektur fördert Begegnung, Austausch, Miteinander. Das nachhaltig gebaute Haus in Amsterdam ist ein Vorreiterprojekt und nicht einfach eine große WG - keine Wohn-, sondern eine Bau-Gemeinschaft. Ihr Ziel war bezahlbares Wohnen in der niederländischen Millionenmetropole, und das haben sie geschafft - dank Unterstützung der Stadt.
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Die hat der Baugruppe namens "De Warren", wie der "Kaninchenbau" eigentlich heißt, ein Grundstück in Erbpacht zur Verfügung gestellt. Damit fing alles an. Statt eines astronomischen Grundstückpreises fällt einmal im Jahr eine erschwingliche Pacht an. Es folgten acht lange Jahre Planungs- und Bauzeit. Kim und die anderen hielten durch. Die 36-Jährige erklärt: "Es war ein harter Prozess, relativ lang für ein Wohnbau-Entwicklungsprojekt. Aber wir waren ja auch die ersten in Amsterdam."
Die Kämpfe, die wir auszufechten hatten, werden nun einfacher für Gruppen, die uns nachfolgen.
Fünf Prozent Eigenkapital waren erforderlich. Das brachte die 50-köpfige Gruppe durch private Mittel und eine Crowdfunding-Kampagne zusammen. Dazu kam günstiges Startkapital von der Stadt.
Und für den Rest der Baukosten in Höhe von 5,5 Millionen Euro nahmen sie Bankkredite auf - und zwar alle gemeinsam, als Kooperative. Diese Kredite zahlen sie nun durch ihre Mieten ab. Doch die, und das ist der große Clou, liegen 30 Prozent unter dem Amsterdamer Mietspiegel, und das dauerhaft.
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Immobilien-Hotspot Amsterdam
Das ist aber eher die Ausnahme. Für viele Menschen wird Wohnraum in Amsterdam unerschwinglich. Allein 2024 sind die Mietpreise im Vergleich zum Vorjahr um über fünf Prozent gestiegen. Das "Centraal Bureau voor de Statistiek" der Niederlande veröffentlicht keine Quadratmeterpreise für Mietwohnungen, laut Immobilienportal "City Estate" liegt er bei rund 21 Euro pro Monat.
Auch die Kaufpreise für Immobilien in Amsterdam steigen rasant: Allein im Juni lagen sie bei Bestandswohnungen um neun Prozent höher als im Vorjahr. Bei Häusern beträgt der durchschnittliche Kaufpreis knapp 620.000 Euro, das ist das Sechsfache im Vergleich zu 1995.
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Es herrscht chronischer Wohnungsmangel, die Nachfrage übersteigt das Angebot, was die Preise in die Höhe treibt. Ein Grund: Die Bevölkerung wächst stetig, zwischen 2015 und 2023 um 212.000 Menschen. Die Metropole ist eine attraktive Stadt, als Wirtschaftsstandort und auch als Studienort, weshalb sie auch aus dem Ausland viele Zuzüge verzeichnet.
Wohnprojekte wie "De Warren" können diesen Trend zwar kaum aufhalten, zeigen aber auf, dass ein Ausweg möglich ist und bieten damit einen kleinen Hoffnungsschimmer.
"De Warren" macht Schule
Im Frühjahr feierte der "Kaninchenbau" seinen zweiten Geburtstag. 3.000 Quadratmeter Wohnfläche, davon rund ein Drittel gemeinschaftlicher Wohnraum, zwei Drittel privater. "De Warren ist Ausdruck unserer Träume vom Zusammenleben und gemeinsamen Schaffen", so Chandar van der Zande, einer der federführenden Bauverantwortlichen.
Und das bringt dieses kleine Extra an lebhafter Energie hervor, aus der wieder Neues entsteht. Die Party heute bringt das zum Ausdruck.
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Chandar van der Zande, Bauverantwortlicher
In den nächsten Jahren entstehen auf der künstlich angelegten Insel Centrumeiland weitere Häuser wie "De Warren". Amsterdam unterstützt die privaten Initiativen und hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: Bis 2045 sollen zehn Prozent des Wohnungsbestands in der Hand von Kooperativen sein.
So wird sozialer und erschwinglicher Wohnraum geschaffen. "Gemeinsam können wir so viel auf die Beine stellen", sagt Chandar noch und verschwindet wieder im "Kaninchenbau".
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