Fakten zur "Stadtbild"-Debatte:Wann und wo Frauen tatsächlich unsicher sind
Mit seiner "Stadtbild"-Aussage polarisiert Kanzler Merz. Unstrittig ist, dass Frauen öfter Opfer von Gewalt werden als Männer. Doch die Täter finden sich häufig im engsten Umfeld.
Bundeskanzler Merz wird nach seiner "Stadtbild"-Aussage weiter kritisiert: Die Türkische Gemeinde warf ihm vor, zu polarisieren, die Grünen sprechen von "rechter Stimmungsmache".
22.10.2025 | 0:28 minMit seiner umstrittenen "Stadtbild"-Äußerung hat Bundeskanzler Friedrich Merz Migration, Abschiebungen und die Sicherheit von Frauen in einen Zusammenhang gestellt. Der CDU-Chef selbst hat seine Äußerung, es gebe Probleme im Stadtbild, zwar nicht genau erläutert.
Mit Blick auf die Sicherheit von Frauen sprechen aber zumindest die Statistiken eine deutliche Sprache: Die Täter sind meistens Männer - und zwar Ausländer und Deutsche.
Wie sicher fühlen sich Frauen in der Öffentlichkeit?
Dass sich Frauen im öffentlichen Raum häufiger unsicher fühlen als Männer, belegt eine 2022 erstmals veröffentlichte Dunkelfeldstudie des Bundeskriminalamts (BKA) zu "Sicherheit und Kriminalität in Deutschland". Demnach fühlte sich nur jede dritte Frau (33,3 Prozent) nachts in öffentlichen Verkehrsmitteln "sehr sicher" oder "eher sicher". Für die Männer lag der Wert bei knapp 60 Prozent.
Wie reagieren junge Frauen auf Friedrich Merz? Was sagen Menschen mit Migrationshintergrund zur Stadtbild-Debatte? ZDFheute hat in Schwerin und Köln gefragt und ist auf Angst und Kritik gestoßen.
21.10.2025 | 1:15 minRund 61 Prozent der Frauen gaben an, sich in der eigenen Wohngegend nachts ohne Begleitung sicher zu fühlen. Von den männlichen Befragten sagten das rund 83 Prozent.
Wo passieren schwere Sexualdelikte?
Die rund 45.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Untersuchung des BKA waren auch gefragt worden, ob und wo sie körperliche sexuelle Belästigung erlebt haben. Rund 28 Prozent der Betroffenen nannten als Tatorte Diskotheken, Clubs oder Bars. Danach folgte der öffentliche Raum mit rund 23 Prozent. Häufig genannt wurden auch private Wohnungen und der Arbeitsplatz.
Fälle von sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung ereigneten sich laut der Befragung mit rund 71 Prozent am häufigsten in privaten Wohnungen. Rund 21 Prozent der Betroffenen gaben an, sie seien im öffentlichen Raum Opfer einer solchen Straftat geworden.
Kritiker werfen Merz vor, Vorurteile zu schüren. Die CDU hält aber zu ihm. Bei ZDFheute live diskutiert die stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union mit einer Merz-Kritikerin.
21.10.2025 | 19:03 minWie groß ist die Dunkelziffer bei Sexualstraftaten?
Laut der Dunkelfeldstudie wird nur etwa ein Prozent der Sexualdelikte angezeigt. Gründe dafür seien vor allem "fehlende Beweise sowie der Wunsch, die Tat zu vergessen".
Bekannt ist der Polizei, dass im Jahr 2023 rund 52.000 Frauen Opfer von Sexualstraftaten wurden. 86,7 Prozent der Opfer waren damit weiblich. Bei Straftaten wie Vergewaltigung, sexueller Belästigung sowie Missbrauch von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen waren mehr als 95 Prozent der Tatverdächtigen Männer.
Das Hilfe-Telefon ist unter 0800 22 55 530 montags, mittwochs und freitags von 9 bis 14 Uhr und dienstags und donnerstags von 15 bis 20 Uhr erreichbar. Es berät anonym, kostenfrei, mehrsprachig und in Gebärdensprache. Es kann auch eine Nachricht geschrieben werden.
Wo und durch wen erleben Frauen Gewalt?
180.715 Frauen wurden 2023 Opfer von häuslicher Gewalt, wie ein Lagebild des BKA zeigt, das auf Daten der Polizei beruht. Bei Gewalt in früheren oder aktuellen Partnerschaften sind demzufolge rund 79 Prozent der Opfer Frauen und mehr als 94 Prozent der Tatverdächtigen Männer.
Weltweit steigt die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt. Die Bundesregierung will Frauen in Deutschland besser schützen.
27.11.2024 | 1:33 minBei Gewalt in Familien sind die Opfer zu 54 Prozent weiblich. Hier gehören Frauen häufiger zu den Tatverdächtigen, je nach Delikt können sie sogar die Mehrheit ausmachen - zum Beispiel bei der Förderung weiblicher Genitalverstümmelung oder der Entziehung Minderjähriger.
Gewalt im Internet erlebten 17.193 Frauen und Mädchen und waren damit etwa von Nötigung, Stalking oder Bedrohungen betroffen. Die Tatverdächtigen waren zu 79,8 Prozent männlich.
Knapp 600 Frauen wurden 2023 Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung - darunter fallen auch Zuhälterei und Zwangsprostitution. Betroffen waren mit 94,3 Prozent fast nur Frauen und Mädchen. Je nach Delikt waren die mutmaßlichen Täter zu 78,5 Prozent (Menschenhandel) oder einem noch höheren Anteil Männer.
Wie häufig sind Femizide?
Mit Femiziden sind Morde an Frauen gemeint, weil sie Frauen sind. Die Polizeistatistik kann das nicht trennscharf erfassen, weil sie Taten abbildet, aber nicht Motive. Klar ist nur: 938 Frauen wurden der Statistik zufolge 2023 getötet. Die Tatverdächtigen waren zu 84,6 Prozent Männer.
Sozialwissenschaftlerin Julia Habermann sagt, dass Frauen häufig im Zusammenhang mit Trennungen getötet werden. Zur Bekämpfung bräuchte es auch ein stärkeres Beratungsangebot.
17.03.2025 | 8:41 minWie aussagekräftig sind Angaben zur Nationalität der Täter?
Die Nationalität der Tatverdächtigen wird im Lagebild des BKA zwar je nach Delikt prozentual ausgewiesen. Der Anteil ausländischer Täter liegt bei den genannten Kategorien zwischen 31,8 und 36,8 Prozent. Ausreißer ist der Menschenhandel mit 62,9 Prozent.
Diese Prozentzahlen lassen sich aber nicht ohne Weiteres ins Verhältnis zum Ausländeranteil in Deutschland von etwa 15 Prozent setzen. Denn in der Statistik werden zum Beispiel auch Täter erfasst, die nicht in Deutschland wohnen.
Hilfetelefon:
- "Gewalt gegen Frauen": 0 800 00/116 016
Chat oder Mailkontakt unter:
Frauenhäuser:
- frauenhaus-suche.de
- Achtung: Die Übersicht umfasst nicht alle Frauenhäuser in Deutschland - die Bundesländer haben zum Teil eigene Seiten, z. B.: Hessen (frauenhaeuser-hessen.de), Nordrhein-Westfalen (frauen-info-netz.de), Rheinland-Pfalz (frauenhaeuser-rheinlandpfalz.de
Hilfs- und Beratungsstellen:
Hilfetelefon:
- Gewalt an Männern: 0 800/123 99 00
Chat und Mailkontakt unter:
Hilfe vor Ort:
- Regionale Hilfsstellen finden Sie unter maennergewaltschutz.de
Beratungsstellen
- Hilfe vor Ort finden Sie unter www.bag-taeterarbeit.de/beratungsstellen/
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