125 Jahre Wetterwarte:Was die Zugspitze über den Klimawandel verrät
Am 19. Juli 1900 war es so weit: Die Wetterwarte auf der Zugspitze wurde eröffnet. Seitdem erfasst sie meteorologische Daten - und liefert eindeutige Belege für den Klimawandel.
Vor 125 Jahren hat der Deutsche Wetterdienst seine Station auf der Zugspitze errichtet: am höchsten Ort Deutschlands, 2.962 Metern über dem Meeresspiegel.
19.07.2025 | 1:30 minWer schon mal in den Alpen war, weiß, dass das Wetter in den Bergen extrem schnell umschlagen kann. Um 1900 stieg das Interesse am Bergsteigen und damit am Bergwetter - ein zentraler Grund für die Eröffnung der Wetterwarte an der Zugspitze am 19. Juli 1900.
Zusätzlich sollte die Warte Erkenntnisse zum Klima im Hochgebirge liefern. Hier zeigt sich: Das Klima hat sich in den letzten 125 Jahren eindeutig verändert - genauso wie die Ausstattung der Warte.
Wetterwarte erfasst Bergwetter und Klima im Hochgebirge
Damals verband ein 5,5 Kilometer langes Telefonkabel die Wetterwarte mit dem Höllental. So gab es eine "Direktverbindung" zur Königlich Bayerischen Meteorologischen Centralstation München. Die bestand schon seit 1879.
Bergobservatorien in den Alpen gab es zuvor schon einige, so auf dem Säntis in der Schweiz und 370 Kilometer davon entfernt auf dem Hohen Sonnblick in Österreich. Da bildet(e) die Wetterwarte Zugspitze wegen ihrer geografischen Lage etwa in der Mitte zwischen beiden eine gute Ergänzung.
Zugspitze: Klimaveränderungen in 125 Jahren
Die Messungen wurden umfangreicher, genauer, zunehmend automatisiert, auch Spurenstoffe, Pollen sowie Saharastaub werden inzwischen nachgewiesen. Die Datenübermittlung erfolgt längst kabellos. Meteorologisch interessant sind die nachweisbaren Klimaveränderungen im Hochgebirge.
Deutschlands höchster Berg hat ein zweites Gipfelkreuz. Das soll der Sicherheit dienen, denn am eigentlichen Kreuz kam es durch großen Andrang und Selfie-Jäger immer wieder zu gefährlichen Situationen.
04.07.2025 | 1:43 minAuf der Zugspitze auf fast 3.000 Meter Höhe liegt die Jahresdurchschnittstemperatur im Frost - Anfang des 20. Jahrhunderts waren es im Klimamittel minus 5 °C, jetzt sind es im Klimamittel minus 3,5 °C. Damit ist die Zugspitze nicht wirklich repräsentativ für den Alpenraum, der sich ähnlich wie Deutschland bereits um 2 bis 3 Grad erwärmt hat.
Die Alpen sind nicht nur ein beliebtes Urlaubsziel, sondern auch ein wichtiger Trinkwasserspeicher. Durch Tourismus und Klimawandel sind sie bedroht.
05.12.2024 | 29:45 minAugust 2024: Erster frostfreier Monat seit Beginn der Messungen
Rekorde auf der Zugspitze gibt es dennoch. Im August 2024 wurde erstmals ein ganzer Monat ohne einen einzigen Frosttag registriert. Ein Frosttag ist ein Tag, an dem die Temperatur unter den Gefrierpunkt sinkt.
Der Juni 2025 war auf der Zugspitze viel wärmer als üblich, er war mit 5,4 °C der drittwärmste seit 1901, auch viel trockener (38 Prozent des Klimamittels) und viel sonniger (176 Prozent des Klimamittels).
Katja Horneffer erklärt das Gletschersterben am Zugspitzplatt. Weniger Frost, trockenere Winter und wärmere Sommer beschleunigen den Rückgang.
18.07.2025 | 0:48 minJetzt Anfang Juli 2025 kam ein weiterer Rekord dazu: An der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus kurz unterhalb der Wetterwarte Zugspitze sprengte der Sonnenschein die UV-Skala. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat am 1. Juli 2025 einen UV-Index von 12 gemessen. Den gab es bislang in Deutschland noch nie, er wurde klimatisch ausgeschlossen.
Permafrost auf Deutschlands höchstem Berg verschwindet
Der Permafrost, der dauerhaft gefrorene Bereich im Innern der Zugspitze, wird immer kleiner. Forschungsergebnisse legen nahe, dass der Frost bis zum Ende des Jahrhunderts verschwunden sein wird - wie auch der letzte Rest des Nördlichen Schneeferners an der Zugspitze, nachdem der Südliche Schneeferner schon 2022 seinen Status als Gletscher verloren hat. Die Schmelzperiode hat sich seit 1900 um etwa einen Monat pro Jahr verlängert.
Die Gefahr durch Bergstürze nimmt zu. Denn der Permafrost, der die Berge zusammenhält, schmilzt durch den Treibhauseffekt. Die Sorge vor lebensbedrohlichen Murenabgängen wächst.
29.10.2023 | 28:44 minVerschwindet der Permafrost im Hochgebirge, drohen Steinschlag und Felsstürze, weil der Fels instabil wird. Wanderwege und Kletterrouten müssen aus Sicherheitsgründen gesperrt werden. Das ließe sich als Luxusproblem für Alpinisten abtun, gleichwohl trifft die Temperaturerhöhung jede und jeden von uns unmittelbar - auch fernab der Alpen.
Klimaveränderung kostet Menschenleben
Die extrem heißen Tage Anfang Juli 2025 haben Menschenleben gefordert. Laut einer aktuellen Attributionsstudie, in der zwölf europäische Städte untersucht wurden, sind 2.300 Menschen vorzeitig aufgrund der Hitze verstorben. Ohne menschengemachten Klimawandel wäre die Hitze weniger extrem gewesen.
Starkregen, Hochwasser, Hitzerekorde - gerade Städte trifft der Klimawandel besonders heftig, mit teils gravierenden Auswirkungen auf die Bewohner.
17.07.2025 | 29:45 minSo lässt sich der anthropogene Klimawandel herausrechnen, genau das macht die Attributionsforschung und stellt fest, dann wären nur 800 Menschen vorzeitig gestorben. 1.500 Menschen mehr also sind vorzeitig gestorben als ohne den Klimawandel: in Mailand 317, in London 171 und in Frankfurt am Main 21.
Katja Horneffer ist Leiterin des ZDF-Wetterteams.
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