Feinstaub und Stickoxide:Wie sauber ist die Luft in Deutschland?
Die Luft in Deutschland ist sauberer geworden. Grund genug, mancherorts die Umweltzone wieder abzuschaffen. Doch Feinstaub und Co. bleiben weiter eine Gefahr für die Gesundheit.
Die Luftqualität in Deutschland ist in den letzten Jahren messbar besser geworden – auch durch die Einführung von Umweltzonen in den Städten. Trotzdem werden diese immer öfter abgeschafft.
05.09.2025 | 3:18 minMit jedem Atemzug nehmen wir Schadstoffe wie Feinstaub (PM10/PM2.5), Stickstoffdioxid (NO2) oder Ozon auf - oft unsichtbar, aber mit nachgewiesenen Folgen für unsere Gesundheit. Am Internationalen Tag der sauberen Luft wird weltweit darauf aufmerksam gemacht, dass saubere Atemluft keine Selbstverständlichkeit ist - auch nicht in Deutschland. Trotz messbarer Verbesserung bleibt die Belastung durch Schadstoffe ein Problem.
Seit 2020 gibt es den "Internationalen Tag der sauberen Luft für einen blauen Himmel". Er soll jedes Jahr am 7. September das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Gefahren durch Luftverschmutzung schärfen. Der etwas merkwürdig anmutende Zusatz "für einen blauen Himmel" steht für das Ziel, das angestrebt werden soll. Laut UN sei Luftverschmutzung "einer der größten vermeidbaren Gründe für Tod und Krankheit weltweit". Die Schadstoffe verursachten etwa ein Drittel aller Todesfälle durch Schlaganfälle, chronische Atemwegserkrankungen und Lungenkrebs.
Ist die Luft besser als früher?
Ja! Die Luft hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert: 2024 war das erste Jahr, in dem alle Grenzwerte der europäischen Luftqualitätsrichtlinie laut Umweltbundesamt eingehalten wurden. Die Stickstoffdioxid-Werte lagen demnach an allen rund 600 Messstationen unter dem von der EU festgelegten Jahresmittelgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Auch die Feinstaub-Werte blieben im erlaubten Bereich - sogar schon im siebten Jahr in Folge.
Zum Tag der sauberen Luft wird ein Blick auf den aktuellen deutschen Luftzustand geworfen. Welche Rolle spielen E-Autos und der Klimawandel dabei? Mark Hugo, ZDF-Umweltredaktion, im Gespräch.
05.09.2025 | 6:00 min"Dass wir im vergangenen Jahr alle Grenzwerte einhalten konnten, ist kein Selbstläufer", erklärte Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts (UBA). Maßnahmen wie schärfere Abgasnormen, Partikelfilter und Tempo-30-Zonen sowie die Elektrifizierung von Bussen im öffentlichen Nahverkehr hätten entscheidend dazu beigetragen.
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07.09.2025 | 43:31 minGibt es regionale Unterschiede?
Ja, die Luftqualität variiert laut Umweltbundesamt je nach Region. In städtischen Ballungszentren sind Werte für Feinstaub und Stickstoffdioxid besonders hoch. Hauptverursacher sind Verkehr, Industrieanlagen und Heizungen.
Ländliche Gebiete haben zwar eine geringere Verkehrsbelastung, stehen jedoch vor anderen Herausforderungen: Landwirtschaftliche Emissionen wie Ammoniak tragen erheblich zur Bildung von Feinstaubpartikeln bei. Auch dort würden häufig Richtwerte überschritten.
Schadstoffe in der Luft
Unter Feinstaub versteht man mikroskopisch kleine Partikel aus Verkehr, Industrie und Heizungen. Sie können in die Atemwege gelangen und gesundheitliche Schäden verursachen.
Stickstoffdioxid ist ein Luftschadstoff, der hauptsächlich durch Verbrennungsmotoren freigesetzt wird. NO2 steht im Verdacht, Atemwegsprobleme zu verstärken.
Ozon ist ein reaktives Gas, das bei starker Sonneneinstrahlung aus anderen Schadstoffen entsteht. Es kann Schleimhäute reizen und die Lunge belasten.
Ammoniak wird vor allem in der Landwirtschaft freigesetzt. In der Atmosphäre reagiert der Stoff mit anderen Substanzen und fördert die Feinstaubbildung.
Eine Rolle spielt immer auch das Wetter. Im Winter kann es zum Beispiel bei Hochdruckwetterlagen zu steigenden Feinstaub-Konzentrationen kommen.
In Niedersachsen startet die erste Produktionsstätte für CO2-neutrales Kerosin. Auf der Technik liegt große Hoffnung, das Unternehmen kann jedoch nur kleine Mengen produzieren: die Jahresmenge reicht nur für einen Flug von Frankfurt nach Singapur.
04.10.2021 | 2:29 minWarum bleibt Luftverschmutzung trotz der Fortschritte ein Problem?
Trotz der Einhaltung aller aktuellen Grenzwerte wird die Luft weiter durch Schadstoffe wie Feinstaub belastet. Laut Studien beeinträchtigen auch geringe Mengen die Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft etwa Feinstaub als "erhebliche Gefahr" ein: Die Schadstoffe fördern Herz-Kreislauf-Probleme, verschlimmern Atemwegserkrankungen und können die Lebenserwartung verkürzen.
Reichen die geltenden Grenzwerte also aus?
Das Umweltbundesamt kritisiert die geltenden EU-Grenzwerte. Sie basierten auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus den frühen 2000er-Jahren und gelten heute als unzureichend zum Schutz vor gesundheitlichen Risiken. Auch die WHO empfiehlt deutlich strengere Richtlinien: Für NO2 liegt ihr empfohlener Jahresmittelwert bei nur noch zehn Mikrogramm pro Kubikmeter, aktuell sind bis zu 40 Mikrogramm pro Kubikmeter erlaubt.
Im Dezember 2024 wurde aber eine neue europäische Richtlinie zur Luftqualität erlassen: Bis 2030 soll der NO2-Grenzwert halbiert werden (20 Mikrogramm pro Kubikmeter), der Feinstaubwert PM2.5 wird auf maximal zehn Mikrogramm pro Kubikmeter begrenzt wird. Bisher beträgt er 25 Mikrogramm pro Kubikmeter.
"Auch wenn sich die neuen europäischen Grenzwerte nur schrittweise an die deutlich niedrigeren WHO-Empfehlungen annähern werden," sagt Dirk Messner vom UBA, "führt jede Verbesserung der Luftqualität zu einer Reduktion des Gesundheitsrisikos."
Haben die Umweltzonen in den Städten nun ausgedient?
Im April gab es laut UBA noch 36 Umweltzonen in Deutschland. Tatsächlich werden aber immer mehr Zonen abgeschafft und die Pflicht zur Umweltplakette dort entfällt. Ab Oktober wird das zum Beispiel in Mainz so sein. Begründet wird das mit den deutlich besseren Messwerten und - im Fall von Mainz - mit dem Entfall der rechtlichen Grundlage.
Kritiker halten die Abschaffung für falsch. Auch das Umweltbundesamt spricht von einem "etablierten Instrument". Derzeit allerdings hätten fast alle Autos die grüne Plakette. Die Wirkung sei sehr begrenzt. Dr. Marcel Langner vom Umweltbundesamt spricht sich daher gegen solche "ganz spezifischen Maßnahmen" alleine aus.
„Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz", sagt er. Der müsse etwa auch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs umfassen und auch andere Quellen wie Heizungen und die Landwirtschaft mit einbeziehen.
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