Deutsche Bahn: EVG will gegen Schnieders neue Spitze stimmen

Widerstand im Aufsichtsrat:EVG will gegen Schnieders neue Bahnspitze stimmen

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Die Deutsche Bahn will mit neuer Führung in die Zukunft starten, doch die EVG stellt sich quer. Vor allem ein Kandidat steht wegen des maroden Schienennetzes in der Kritik.

Berlin: Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) und die designierte neue Bahnchefin Evelyn Palla stellen zusammen die neue Bahn-Strategie vor.

Evelyn Palla soll die neue Chefin bei der Deutschen Bahn werden. Die ehemalige Geschäftsführerin der Konzerntochter DB Regio wird voraussichtlich Nachfolgerin von Richard Lutz.

22.09.2025 | 2:04 min

Bei der Deutschen Bahn gerät die Neubesetzung des Chefpostens zum Streitthema. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will in den zuständigen Aufsichtsräten gegen die beiden Wunsch-Personalien von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) stimmen. Das sagte EVG-Boss Martin Burkert in Berlin. Palla war kurz zuvor von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) als Wunschkandidatin für den Bahn-Chefposten vorgestellt worden.

Der Ärger der Gewerkschaft richtet sich dabei nicht gegen Palla, sondern vor allem gegen die zweite Wunsch-Personalie des Ministers: Die EVG will nicht, dass Dirk Rompf neuer Chef der Infrastrukturgesellschaft DB InfraGo wird. Der 56-Jährige saß bereits von 2014 bis 2019 im Vorstand der Infrago, die damals noch DB Netz hieß. Die Auswahl von Rompf "ist grundfalsch", sagte Burkert.

Der Weg nach vorne kann niemals durch die Vergangenheit führen. Professor Rompf war sechs Jahre lang Vorstandsvorsitzender der DB Netz und ist mit seinem Sparwahn mit Schuld an der heutigen Situation.

Martin Burkert, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)

"Jeder Fahrgast spürt heute noch die Auswirkungen seiner schlechten Bilanz. Das ist kein Neustart." Die Personalie Rompf habe bis weit in den Bahnkonzern hinein für große Ablehnung gesorgt.

Schaltgespräch Gellinek mit Schnieder

Heute sei für die Bahn der Startschuss gegeben worden, "dass sich die Verhältnisse bessern", so Verkehrsminister Patrick Schnieder. Doch es gebe viel Nachholbedarf.

22.09.2025 | 5:28 min

Rompf droht im Aufsichtsrat das Scheitern

Die Sitzung des Konzernaufsichtsrats beginnt morgen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die ebenfalls einen Sitz im Aufsichtsrat hält, äußerte sich zunächst nicht, wie sie sich bei der Berufung der neuen Bahnchefin verhalten wird. Während Palla vom Konzernaufsichtsrat berufen werden muss, muss Rompf vom Aufsichtsrat der DB InfraGo berufen werden.

Ein Schaltgespräch mit ZDF-Korrespondentin Andrea Maurer.

Evelyn Palla soll die neue Chefin der Deutschen Bahn werden. Die EVG will nicht für die Neubesetzung stimmen. Über mögliche Folgen informiert ZDF-Korrespondentin Andrea Maurer.

22.09.2025 | 1:36 min

Der Konzernaufsichtsrat der Deutschen Bahn ist paritätisch mit Vertretern des Bundes als Bahn-Eigentümer und der Arbeitnehmerseite besetzt. Beide Seiten stellen jeweils neun Mitglieder. Daneben gibt es noch den Aufsichtsratsvorsitzenden, Werner Gatzer, und seinen Stellvertreter Burkert.

Es werde gerade rechtlich geprüft, ob für die Berufung Pallas eine Zwei-Drittel- oder eine einfache Mehrheit benötigt werde. Sollte die nötige Mehrheit nicht zustande kommen, tritt Burkert zufolge der Vermittlungsausschuss zusammen - erstmals in der Geschichte der Deutschen Bahn. Zur Entscheidung der EVG sagte Burkert:

Ich darf zum Ausdruck bringen, dass wir als Arbeitnehmervertreter der EVG das Personalkonzept in Gänze ablehnen. Dabei geht es nicht primär um die Personalie Frau Palla.

Martin Burkert, EVG

Bundespressekonferenz Eckpunkte zur Reform der Deutschen Bahn in Berlin

Sie soll die erste Frau an der Spitze der Deutschen Bahn werden: Eveyln Palla. Was zeichnet die 52-Jährige aus Südtirol aus? Ein Porträt.

22.09.2025 | 1:09 min

Über Palla könne er "nichts Negatives sagen". Sie habe "Teamplayer-Eigenschaften, sie hat DB Regio nach vorne gebracht, das muss man ihr attestieren." Minister Schnieder wolle einen Neustart. Doch indem er Palla den neuen InfraGo-Vorstand Rompf aufdrücke, sorge er für einen Fehlstart der neuen Chefin. Burkert geht davon aus, dass Rompf im Aufsichtsrat der DB InfraGo auch an einer einfachen Mehrheit scheitern wird.

Da kann ich Ihnen aus meinem Wissen sagen, für den Herrn Rompf wird es selbst bei einer einfachen Mehrheit keine Mehrheit geben.

Martin Burkert, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)

Evelyn Palla war zwar eine interne Bewerberin - ist anders als Vorgänger Richard Lutz jedoch kein klassisches Eigengewächs der Bahn. Die gebürtige Italienerin aus Südtirol studierte in Wien Betriebswirtschaftslehre und arbeitete vor allem im Bereich Controlling.

Beruflich startete Palla im Hightech-Bereich, 1997 bei Siemens in Großbritannien. 1999 lagerte der deutsche Konzern sein Halbleitergeschäft aus, Palla wechselte zu dem daraus entstandenen Chip-Hersteller Infineon nach München, wo sie bis 2001 im Produktcontrolling arbeitete. Bis 2011 war sie vor allem beim Energiekonzern Eon und verschiedenen Standorten von dessen Tochterunternehmen jeweils im Controlling tätig.

Es folgte eine Anstellung bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), wo sie ab 2015 und bis zu ihrem Wechsel zur DB im Jahr 2019 das Bus-Geschäft leitete und im Vorstand des Staatskonzerns saß. In Deutschland wurde sie zunächst Finanzvorständin für den Fernverkehr, bevor sie 2022 bei der DB Regio die Leitung übernahm.

Palla ist das einzige Mitglied im aktuellen DB-Vorstand, das selbst einen Zug steuern kann. Als Regio-Chefin machte Palla berufsbegleitend den Führerschein zur Lokführerin und sammelte damit Pluspunkte bei der Belegschaft.

Insbesondere die streitbare Lokführergewerkschaft GDL wirft der Führungsetage gerne vor, vom Alltag auf der Schiene keine Ahnung zu haben. "Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, im Führerstand zu sitzen", sagte Palla einst der "Schwäbischen Zeitung". "Und auch verstehen, was unsere Mitarbeitenden täglich leisten und was unser Geschäft ausmacht."

Quelle: AFP


EVG lehnt Rompf wegen früherer Sparpolitik ab

Rompf soll nach Vorstellung Schnieders bei der DB InfraGo Philipp Nagl ablösen. Unter dessen Leitung wurde zuletzt der jahrelange Verfall des Schienennetzes gestoppt. Zudem ist Nagl einer der Köpfe hinter dem sogenannten Generalsanierungskonzept für mehr als 40 besonders wichtige Strecken, das Palla fortführen will. Rompf war Netz-Chef unter dem damaligen Konzernvorstand Ronald Pofalla. In dieser Zeit verfiel die Infrastruktur zunehmend, weil zu wenig Geld in den Erhalt investiert wurde. Seit 2021 ist Rompf Geschäftsführer bei der Strategieberatung Ifok.

Kommission für Trennung von Bahn und Schiene

Die Folgen der FDP-Sparpolitik machen sich schon jetzt an vielen Stellen bemerkbar, unter anderem beim maroden Schienennetz. Dabei sollte das ausgebaut werden.

23.04.2024 | 7:53 min

Selbst wenn die EVG letztlich die Berufung von Palla und Rompf nicht verhindern sollte, so ist die Ablehnung beider in den Aufsichtsräten doch ein deutliches Zeichen. Für die künftige Zusammenarbeit verheißt das nichts Gutes: Bei großen Reformen werden Schnieder, Palla und Rompf die Unterstützung der EVG brauchen.

SPD fordert schnelle Klärung

SPD-Fraktionschef Matthias Miersch mahnte Schnieder an, den Streit um die Neubesetzung der Bahn-Spitze rasch zu beenden. "Etwas irritiert bin ich aktuell über die Meldung, was die Vorstandswahlen angeht", sagte Miersch am Rande einer Parteisitzung im Bundestag.

Ich bin davon ausgegangen, dass mit den maßgeblichen Playern die Dinge vorher auch abgestimmt und rückgekoppelt sind. Insofern hoffe ich, dass der Minister sehr schnell zu einer Klärung beitragen wird.

Matthias Miersch, SPD-Fraktionschef

Weiter warnte Miersch vor einem Führungs-Vakuum in der Bahn-Spitze. Das könne man in dieser Phase nicht gebrauchen.

Quelle: dpa, AFP

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